Heute ein politischer Beitrag von mir. In Deutschland gibt es seit wenigen Jahren eine Partei, die sich bürgerlich-konservativ gibt und die eigentlich am rechtsäußeren Rand des politischen Spektrums angesiedelt ist. In dieser Partei gibt es Menschen, die die Demokratie abschaffen wollen. Diese Partei mischt mittlerweile in der Politik mit. (1) Wenn andere Parteien sie nicht daran hindern.
Zeitgleich gibt es in der Kultur die Debatte um Meinungsfreiheit – und die Freiheit der Kunst.
Der Konzeptkünstler Peter Kees schreibt in „Meinungsfreiheit – Rettet die Kunst vor den Moralaposteln”(2):
„Kunst ist per se nicht demokratisch. Sie muss frei sein und bleiben dürfen, wie in unserer Verfassung verankert. Dabei darf sie durchaus auch undemokratisch und moralisch nicht integer sein.”
Eine Kunst, die undemokratisch sein darf? Schauen wir uns einmal den Begriff Demokratie genauer an.
Die Demokratie, (vom altgriechischen δημοκρατία ‚Herrschaft des Staatsvolkes‘) steht für politische Ordnungen oder politische Systeme, in denen Macht und Regierung vom Volk ausgehen. Und damit ist das gesamte Volk gemeint. Nicht nur eine privilegierte Mehrheit. Sondern auch Minderheiten und marginalisierte Menschen (auch wenn letztere häufig genug noch strukturell diskriminiert werden, aber das ist ein eigenes Thema für sich, auf das ich in diesem Beitrag nicht weiter eingehen werde). Die Demokratie steht letztendlich auch für eine Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben.
Ein Gegenstück zur
Demokratie sind Diktaturen, totalitäre Systeme, wie z.B. der
Faschismus. Diesen Systemen ist bei aller Unterschiedlichkeit immer
gemeinsam, dass sie bestimmte Menschengruppen für „höherwertig”
erachten und andere Gruppen als minderwertig betrachten. Es sind
Systeme, die systematisch Menschenverachtung betreiben, eine
Menschenverachtung, die bereits zu Millionen Todesopfern geführt
hat.
Eine Kunst, die sich nicht um Demokratie schert,
nicht um eine Teilhabe aller am gesellschaftlichen Diskurs, ist fatal
in einer Zeit, in der seit langem Unsagbares wieder sagbar gemacht
wird, in der sich Diskurse erschreckend verschieben. In einer Zeit,
in der sich neue undemokratische Gruppierungen bilden.
In einer Zeit, in der Phrasen wie „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen” oder auch „Ich bin nicht gegen (marginalisierte Menschen), aber…” salonfähig gemacht werden.
Eine Zeit, in der sich manche Mörder offen zu Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus bekennen. (3, 4)
Und was fällt unter die Meinungsfreiheit, könnte man fragen?
Rassismus und Antisemitismus sind keine Meinungen, sondern Menschenverachtung.
Queerfeindliches Verhalten ist keine Meinung, sondern Menschenverachtung.
Gleiches gilt auch für Ableismus, Sexismus, Anti-Femininismus und andere -ismen, die sich gegen marginalisierte Menschen richten.
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Das sollte anhand der deutschen Geschichte eigentlich vollkommen klar sein und keinerlei Optionen für eine Diskussion offen lassen.
Alles ist politisch. Auch die Kunst. Auch die Literatur, ja sogar die Phantastik.
Wer dafür eintritt, dass die Kunst alles darf, dass in der Kunst alles getan und gesagt werden darf, auch unmoralisches, undemokratisches (und das möglicherweise auch ganz unreflektiert, unkritisch), der muss mit Kritik rechnen. Der muss damit rechnen, dass sich Menschen von dieser Kunst abwenden.
Der muss aber auch damit rechnen, dass unmoralische, undemokratische Menschen solche Kunst feiern, weil diese ihnen auf die metaphorische Schulter klopft, weil diese sie bestärkt in ihren unmoralischen, undemokratischen Weltanschauungen.
Es gibt Studien, die zeigen, dass sich auch fiktive Inhalte nachhaltig auf Menschen und deren Handeln, Fühlen, Empfinden und deren Weltanschauungen auswirken können. (5)
In den letzten Monaten beobachte ich die öffentliche Debatte um Meinungsfreiheit und was die Kunst alles darf mit zunehmender Sorge. Außerdem bin ich der Ansicht, dass man nicht allem und jedem eine Bühne bieten sollte, und das gilt sowohl im politischen Bereich als auch in der Kunst.
(5) Mehr darüber in Eleas Brandt Essay „Fantastisch politisch“:
https://eleabrandt.de/2019/05/06/fantastisch-unpolitisch/
Natscha Strobel: „Warum man nicht mit Rechten reden sollte“
https://mosaik-blog.at/strategien-neue-rechte-mit-rechten-reden/