Verleidete Nostalgie

Foto: Marc Pascual, Pixabay

Manchmal bin ich frustriert, dass Popkulturelles, was ich als Kind oder Jugendliche mochte, sich nun für mich als -istisch herausstellt. Rassistisch. Sexistisch. Queerfeindlich. Ableistisch, oder noch anders menschenverachtend oder zumindest verletzend.

Das Kinderlied „Drei Chinesen mit dem Kontrabass”? Rassistisch. Gründe dafür kann man hier nachlesen:

https://interculturecapital.de/drei-chinesen-mit-dem-kontrabass-rassismus-chinesisch-deutschland/

Ganz zu schweigen von all den vielen schon älteren Büchern, in denen vollkommen unreflektiert das N-Wort genannt wird. Ich erinnere auch daran, dass ein langjährig etablierter Fantasyautor kürzlich auf einer Veranstaltung davon sprach, er werde das N-Wort auch weiterhin verwenden.

Gefühlt eine Million romantischer Kömodien der letzten Jahrzehnte – frauenfeindlich, sexistisch, veraltete oder konservative Vorstellungen von Gender, heteronormativ. Oft sind auch toxische Tropes enthalten, wie Stalking (gern romantisch verklärt als „das Erobern einer Frau”) oder Gaslighting.

Dass die einzige queere Figur in einem Film auf dramatische Weise stirbt, war lange Zeit so Standard, dass ich es früher nicht mal hinterfragt habe.
https://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/BuryYourGays

Ich könnte nun noch viele Beispiele nennen. Man schaue sich z.B. mal an, was Latinx und Bl_PoC in Hollywood häufig früher (und auch noch heute) für stereotype Nebenrollen angeboten bekommen (haben). Zum Beispiel: Raumpflegerin, Nanny, Kleinkriminelle, Gang-Mitglied, Service-Kraft, Drogensüchtige oder auch der funny Sidekick der weißen Protagonist:innen.

Ich bin frustriert. Filme/Serien, die älter als 10 – 20 Jahre sind, sind oft voll solcher problematischen Tropes. Bücher oft ebenso. Ich habe keine Lust mehr darauf, mir das anzusehen oder es zu lesen. Die Nostalgie, die ich dabei empfinden könnte, wird angesichts all solcher Tropes ganz schnell schal.

Aber eigentlich ist diese Frustration ein gutes Zeichen.

Denn ich bin nicht allein damit und es zeigt mir, wie sehr sich die Gesellschaft und der Zeitgeist verwandelt hat. Dass es immer mehr Menschen gibt, die solche -ismen, solche Tropes hinterfragen. Die das nicht mehr hinnehmen wollen. Die sich inklusiveres Entertainment wünschen, authentischer Repräsentation. Das kommt allmählich auch in den Köpfen der Kunstschaffenden an, bei Autor*innen, in der Filmindustrie und noch anderen Kunstgattungen.

Klar, es gibt noch immer die, die dann als erstes die Freiheit der Kunst mit Händen und Füßen verteidigen wollen. Das sind z.B. Leute, die verlangen, man müsse „die Kunst vor den Moralaposteln” retten. Nein, das muss man nicht. Und die Etablierten, die Privilegierten, die am Alten festhalten, weil es für sie bequemer ist, die werden nicht ewig kreativ sein. Machen wir es anders.