#DiverserDonnerstag: Bodyshaming

CN: Fatshaming (auch internalisiert), Abnehmen, Food (erwähnt in einem Buchtitel)

Bodyshaming ist ein Thema, das mich beschäftigt, seit ich dick bin, seit ungefähr 2008, in meinem Fall also Fatshaming.
Während viele Autor*innen mittlerweile Diversität und Repräsentation „auf dem Schirm“ haben und mit mehr Vielfalt schreiben, gilt das immer noch nur in seltenen Fälle für Figuren, die nicht normschön sind, also beispielsweise sehr dünn oder eben dick. Im folgenden beziehe ich mich nur auf Fatshaming, denn mit anderen Formen von Bodyshaming habe ich persönlich keine Erfahrung.

Wie kommt es, dass es so wenig sympathische, authentisch dargestellte Figuren gibt, die dick sind? Vielleicht ist ein Grund dafür, dass auch in Filmen und Serien normschöne Menschen dominieren. Dicke Figuren dagegen sind oft der „funny sidekick“. Oder sie werden negativ dargestellt, zum Beispiel als undiszipliniert, „verfressen“, ungepflegt oder ähnliches. In vielen Fällen sind dicke Figuren auch als – teilweise besonders ekelhaft dargestellte – Antagonist*innen – ein Beispiel dafür ist Jabba the Hutt aus Star Wars (zugegeben, das ist ein Alien, aber dennoch) oder auch mehrere Figuren aus den Geschichten von Stephen King. (1)

Ein Problem für Betroffene, das ich selbst kenne: internalisiertes Bodyshaming. Also die ständige Abwertung des eigenen Körpers, oder auch ein entsprechender Selbsthass, weil dieser Körper nicht den gesellschaftlichen Schönheitsidealen entspricht. Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen, dass die meisten Menschen, auch schlanke, nicht zu 100% mit ihrem Körper zufrieden sind. Einige Leute geraten schon in Panik, wenn sie zwei oder drei Kilo mehr auf die Waage bringen als ihr Wunschgewicht. Und nein, das habe ich mir nicht ausgedacht, ich habe entsprechendes in Social Media gelesen. Gründe dafür sind wie gesagt die vorherrschenden, überall in Medien verbreiteten Schönheitsideale und auch ein ständiges Streben nach Selbstoptimierung. Diese sind zum Beispiel verbreitet unter Menschen, die aktiv sind in den Bereichen Lebensberatung/Coaching, Sport, Mindfulness, Diäten, Yoga und Wellness.

In Romance-Genre ist folgendes schädliche Trope sehr verbreitet: „Die Protagonistin ist dick und muss erst mal abnehmen, denn erst dann ist sie ihres Mister Rights würdig.“ Das suggeriert eine in der Gesellschaft verbreitete Ansicht: „Du bist als dicker Mensch nicht okay, so wie du bist. Du musst erst all die Schönheitsideale erreichen, die wir haben, dann erst gehörst du auch mit dazu.“
Dabei gibt es viele Gründe, warum einige dicke Menschen nicht abnehmen können, oder nur wenig, hier drei Beispiele:
– chronische (Stoffwechsel-)Erkrankungen, zum Beispiel an der Schilddrüse
– vorübergehende oder ständige Einnahme von Medikamenten, die eine Gewichtszunahme als Nebenwirkung haben.
– Veranlagung
Oft sind es unsichtbare Gründe, aber dicke Menschen sehen sich oft mit Vorurteilen oder Diskriminierung konfrontiert. „Dicke Menschen seien selbst schuld an ihrem Übergewicht – ein gängiges Vorurteil.“ (2)

Das oben genannte Trope von der Figur, die erst mal abnehmen muss, bevor sie Glück in der Liebe haben darf, hat mich irgendwann so genervt, dass ich einen Kurzroman mit Body Positivity (3) geschrieben habe: „Orangen und Schokolade“. Die Protagonistin Sarah ist dick, aber genießt einfach ihr Leben und betreibt einen Back-Blog.
(Mehr Details dazu hier: Liebesromane)

Weiterführende Literatur

Die Bloggerin Marshmallow Mädchen hat einen interessanten Artikel zur Repräsentation dicker Figuren geschrieben: „Warum du dicke Heldinnen brauchst“ – im Artikel geht es um Frauen, aber das lässt sich auf alle Geschlechter erweitern. Dort findest du auch den Artikel „Body Positivity: Bücher mit dicken Heldinnen“.

Fußnoten
(1) siehe diesen englischsprachigen Artikel von Meg Elison:
https://www.fantasy-magazine.com/fm/non-fiction/all-the-kings-women-the-fats/

(2) Zitiert aus dem Artikel „Adipositas – Wie sich Stigmatisierung auf die medizinische Behandlung auswirkt“, von Pia Rauschenberger

(3) Zum Thema Body Positivity kann ich diese Artikel der Bloggerin Marshmallow Mädchen empfehlen:
https://marshmallow-maedchen.de/blog/was-ist-body-positivity-definition/

https://marshmallow-maedchen.de/blog/was-body-positivity-nicht-ist/

Und über Body Neutrality:
https://marshmallow-maedchen.de/blog/was-ist-body-neutrality-definition/

„Bodyshaming: Warum es keine Diskriminierung von dünnen Körpern gibt“ (Artikel in der ZEIT): https://www.zeit.de/zett/2022-01/body-shaming-uebergewicht-duenne-skinny-shaming