#FürAutorenundgegen99Cent

#FürAutorenundgegen99Cent
Ich möchte gern einiges zu dieser Aktion schreiben, auch aus persönlicher Sicht.
Zunächst ein ernüchternder Blick von Timo Liebig auf die finanzielle Seite des Autorendaseins:
https://www.timoleibig.de/blog/wirtschaftlicher-erfolg-als-verlags-autorin/

Timo Liebig schreibt in seinem Beitrag: „Nur rund zwei Prozent aller Autor*innen in Deutschland können nach Angaben verschiedener Quellen vom Schreiben leben. Anhand der nackten Zahlen sieht man, warum.“

Hier eine ganz einfache Rechnung: Biete ich als Selfpublisherin ein Kindle-E-Book für 99 Cent an, verdiene ich pro verkauftes Buch gerade mal 30 Cent. Man kann sich sicher leicht vorstellen, dass sich so etwas ausschließlich im Bestseller-Sektor lohnt.

Nackte Zahlen: Ich bin keine Bestsellerautorin. Ich schreibe es jetzt mal ganz offen: Von den 18 Büchern, die ich bislang veröffentlicht habe, habe ich insgesamt gerade mal rund 2800 Bücher verkauft. Das sind durchschnittlich 155 Exemplare von jedem Buch. (Man sieht daran übrigens auch: Dass ich hier über 800 Follower habe, bedeutet bei weitem nicht, dass all diese meine Bücher kaufen.)
Angesichts solcher ernüchternden Aussichten für mich persönlich und der immensen Zeit, die ich mit dem Schreiben und Recherchieren für meine Bücher verbringe, habe ich mich schon mehr als einmal gefragt, warum ich mir das eigentlich alles antue.

Und dazu zitiere ich gern Timo Liebig aus oben verlinkten Beitrag: „Nun: Weil wir erzählen wollen. Weil Geschichten essenziell sind. Ein Kulturgut. Man stelle sich die Welt ohne Geschichten vor. Wir traurig wäre das?“

Ich persönlich kann nicht anders. Ich bin mit Leib und Seele Geschichtenerzählerin. Ich war schon als Kind so, habe mir ständig Geschichten ausgedacht. Es ist meine persönliche Art, unser menschliches Dasein zu erforschen (und das gilt für mich auch in Bezug auf humanoide Aliens oder Fantasywesen, denn auch die sind letztendlich menschlich, nur in einem Phantastikgewand). Und ich möchte anderen davon erzählen. Ich möchte unterhalten, aber nicht nur.

Geschichten sind seit Jahrtausenden ein Kulturgut. Insofern wünsche ich mir mehr Anerkennung für der Beruf Autor*in, auch im finanziellen Bereich. Deshalb unterstütze ich die Aktion #FürAutorenundgegen99Cent.

Triggerwarnungen in der Literatur

Dieses Thema spaltet Teile der deutschsprachigen Literaturszene und wird kontrovers diskutiert. Teilweise machen sich Leute (auch Autor*innen) lustig darüber.

Hier dazu einige Argumente, die immer wieder dagegen genannt werden – und was ich darauf gern antworte:

»Ich weiß doch als Autorin gar nicht, was meine Leser*innen alles triggern könnte. Wo soll ich denn da anfangen?«

Es ist natürlich richtig, man kann selbstverständlich nicht alle Trigger dieser Welt identifizieren und benennen, denn die sind enorm vielfältig bzw. von Person zu Person unterschiedlich. Es geht also gar nicht darum, sämtliche möglichen Trigger zu finden. Es reicht schon, wenn man einigste gröbste Trigger benennt, falls diese im eigenen Werk auftauchen. Mehr dazu weiter unten.

»Manche Leute stellen sich einfach viel zu sehr an!«

Manche Menschen werden nie in ihrem Leben von etwas getriggert, für diese Glücklichen sind Inhaltswarnungen unerheblich.

Manche Leute verwenden das Wort „Trigger“ sehr umgangssprachlich für alles, was sie nervt oder für Inhalte, die sie aus den unterschiedlichsten Gründen nicht sehen wollen.

Diese verfälschende Bedeutung von Trigger meine ich nicht, sondern Trigger in einen medizinisch-klinischem Sinne, die gravierende psychische Auswirkungen haben können, zum Beispiel einen Rückfall in eine depressive Phase, einen verstörenden Flashback aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung oder ähnliches.

Trigger können übrigens auch, je nachdem wie stabil eine Person gerade psychisch ist, mal sehr triggernd wirken und mal wieder eher nicht. Auch das ist sehr individuell unterschiedlich.
Einige Beispiele: Ich selbst habe Bücher schon abbrechen müssen in depressiven Phasen, weil mich Inhalte darin massiv getriggert haben, insbesondere das Thema Suizid. Ich habe neulich von einer Person gehört, die ein einziger Begriff in einem Gespräch so sehr getriggert hat, dass sie einen nervösen Zusammenbruch und Suizidgedanken hatte.

»Triggerwarnungen sind doch immer Spoiler!«

Nein. Eigentlich ist es immer möglich, spoilerfrei die gröbsten Trigger zu benennen, als Inhaltswarnungen. In manchen Fällen können solche Inhaltswarnungen sogar dazu dienen, dass Leser*innen, die gerade über solche Themen gern lesen, entsprechende Bücher leichter finden, das gilt z.B. für Fetische, Kinks, oder auch Gewalt oder manche Inhalte in der Horror-Literatur, z.B. Body-Horror.

Mit „gröbste Trigger“ und Content Warnings (Inhaltswarnungen) meine ich z.B.

Vergewaltigung, sexuelle Gewalt
Brutalität/Gewalt (oder noch spezieller: gegen Menschen, Tiere, Kinder)
sexuelle Belästigung
psychische Erkrankung bzw. Symptome, im Speziellen Suizid oder Suizidgedanken
lebensbedrohliche Erkrankungen
Phobien
Kindesmissbrauch oder Missbrauch allgemein
Mord, Totschlag
Krieg
Trauma und entsprechende Folgen, z.B. posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
Drogensucht, Alkoholismus oder andere Suchterkrankungen
Folter, Verstümmelung
Selbstverletzendes Verhalten
Mobbing
(explizite) Sexszenen – Begründung: es gibt Menschen, die sich von Sex abgestoßen fühlen („sex-repulsed“) und keine Sexszenen lesen möchten, oder die dies aus anderen Gründen nicht möchten.

Dass diese Begriff in einer Inhaltswarnung genannt werden, spoilert dennoch nicht die Handlung, denn, um einige Beispiele herauszugreifen: Wir wissen nicht, wer wann und wie vergewaltigt wird und was für Folgen das hat. Wir wissen nicht, wann und in welchem Ausmaß der Missbrauch in der Handlung eine Rolle spielt. In mehreren Genres sind Themen wie Gewalt, Mord oder auch Krieg ohnehin häufig zu finden, entsprechende Begriffe sind dort keine Spoiler. Wir wissen nicht, welche Person in einem Roman über Suizid nachdenkt und warum. Und so weiter.
Zu diesem Thema hat die Psychologin und Autorin Elea Brandt übrigens einen sehr lesenswerten Beitrag verfasst:
https://eleabrandt.de/…/mythbusting-triggerwarnungen…/

Abschließend sei noch gesagt: Es steht allen Autor*innen und Verlagen natürlich völlig frei, inwieweit sie Rücksicht auf Leser*innen nehmen wollen, wenn es um Inhaltswarnungen geht. Ich für meinen Teil möchte Rücksicht auf alle meine Leser*innen (oder potentielle Leser*innen) nehmen, gerade auch diejenigen, die sich keinen triggernden Inhalten aussetzen mögen. Auch wenn das bedeutet, dass sie manche meiner Bücher nicht lesen werden.

Die Inhaltswarnungen zu meinen Büchern sind hier zu finden:
https://amalia-zeichnerin.net/inhaltswarnungen-zu-meinen-buechern/