Ein Protagonisteninterview von Amalia Zeichnerin und Ester D. Jones

… mit den Protagonisten aus „Frei und doch verbunden“ sowie „Das verbotene Verlangen des Earls / Die verlorene Liebe des Earls“

»Danke, dass du dir Zeit genommen hast, mich zu besuchen.« Bettina Kiraly (alias Ester D. Jones) lässt ihre Kollegin Amalia Zeichnerin eintreten, die in der Dunkelheit vor der Tür steht. »Du hast einen weiten Weg nach Niederösterreich auf dich genommen, um mit mir über Historic Gay Romance zu plaudern.«

Bettina bittet Amalia ins Wohnzimmer. »Darf ich dir etwas anbieten? Eine Tasse Kaffee vielleicht? Oder trinkst du lieber Tee?«

Amalia: »Danke, ich trinke beides gern. Was ist dir denn lieber?«

Bettina: »Ich vertrage Kaffee nicht so gut. Darum trinke ich lieber Tee. Ich habe da auch eine ganz besondere Sorte mit dem Namen „Love“. Passender geht es nicht.«

Bettina: »Können wir gleich zum eigentlichen Thema kommen? Ich will dich nicht zu lange aufhalten. Kannst du mir erzählen, wie du das mit der Recherche für deine Bücher machst? Gay Romance in historischen Romanen richtig darzustellen, ist aus meiner Sicht sehr schwierig.«

Amalia: »Ich habe schon für frühere Bücher viel recherchiert, vor allem über das 19. Jahrhundert. Auch, was Themen wie Homosexualität in dieser Zeit angeht. Es ist ja so, dass es schon seit dem 18. Jahrhundert und auch schon davor in den größeren europäischen Städten bereits Vorläufer queerer Communities gab, die aber im Verborgenen bleiben mussten, weil (männliche) Homosexualität verboten war. Natürlich ist vieles verloren gegangen, weil es ein Tabuthema war, aber einiges davon konnte doch überliefert werden. Meine Bücher spielen fast alle in England und für mich ist es ein Segen, dass ich auf Englisch recherchieren kann. Ich habe auch schon englische Bibliotheken oder Archive mit Recherchefragen angeschrieben und dort hilfreiche Antworten erhalten. Und wie machst du es mit der Recherche?«

Bettina: »Ich habe als Ester mit historischen Liebesromanen begonnen. Mein Grundwissen stammt also aus Dutzenden von Regencyromanen. Als ich selbst in diesem Genre zu schreiben begonnen habe, war das Internet meine Hauptinformationsquelle. Ich versuche, historisch möglichst genau zu sein. Aber klar ist, dass sich die Ladys zur damaligen Zeit lange nicht so selbstbewusst, selbstbestimmt oder gar rebellisch verhalten haben. Um eine überzeugende Handlung zu schreiben, die heutige Leser anspricht, muss man als Autor die damalige Realität ein wenig zurechtbiegen. Ich habe bei meiner zweiteiligen Romanreihe gemerkt, dass es Spaß macht, gleich für zwei Helden zu schwärmen. Ich liebe das historische Ambiente. Geht es dir genauso? Was macht für dich den besonderen Reiz aus, diese Art von Büchern zu schreiben?«

Amalia: »Ich hatte schon als Jugendliche ein Interesse an Geschichte und auch an historischen Settings. Ich schätze, da kommt bei mir so eine nostalgische Ader durch. Ich bin auch ein bisschen im Steampunk-Bereich unterwegs, der ja auch viel von Historischem inspiriert ist. Es erfordert eine andere Art zu schreiben, als ein Gegenwartsroman. Man muss ein bisschen altmodisch klingen, aber auch nicht zu sehr.«

Bettina: »Genau. Die Sprache liebe ich auch sehr. So ein bisschen verschnörkelt ist schon toll. Deine Geschichte um Jacob und Nicholas hat mir übrigens sehr gut gefallen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie verwirrend es für einen Mann in der damaligen Zeit gewesen sein muss, das erste Mal mit seiner Sehnsucht nach einem anderen Mann konfrontiert zu werden. Diese Überlegung hat mich auf die Idee zu meiner Geschichte gebracht. Was hat bei dir den Ausschlag gegeben?«

Amalia: „Das weiß ich heute gar nicht mehr so genau. Die Idee zur Geschichte von Jay und Nicholas ist mir schon vor etwa drei Jahren gekommen. Ich glaube, damals kam das zustande als eine Art Variante zu der klassischen Robinson-Crusoe-Geschichte. Ich hab mich damals gefragt, was könnte mit zwei Männern passieren, die auf einer einsamen Insel stranden?“

Link zu den historischen Gay Romance Novellen von Amalia Zeichnerin:
https://amalia-zeichnerin.net/historische-gay-romance/

Die beiden schwärmen den restlichen Abend von ihren Protagonisten und den Geschichten, die nur darauf warten, noch geschrieben zu werden. Die beiden Autorinnen vergessen über ihrer Fachsimpelei die Zeit. Und irgendwann schlafen sie einfach ein.

Ein Geräusch weckt Amalia ein paar Stunden später. Abrupt schreckt sie hoch. Sie kann nicht sagen, was genau sie gehört hat. Aber sie will Ester nicht wecken und schleicht sich in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen.

Als sie ins Wohnzimmer zurückkommt, hat sich Ester aufgesetzt. »Ich wusste nicht, dass du weitere Gäste eingeladen hast.«

Amalia runzelte die Stirn. »Welche Gäste?«

Ester zeigt in die Ecke, in der vier Männer in historischen Kostümen stehen. Mit einem Kopfschütteln versucht Amalia, den Nebel in ihren Gedanken loszuwerden. Vermutlich spielt ihr ihre Fantasie einen Streich.

Dann kneift sie die Augen zusammen. Nanu? Der junge Mann dort sieht doch genau aus wie … aber natürlich! Bei dem Mann handelt es sich um Sebastian, den Earl of Broomfield aus dem Roman »Das verbotene Verlangen des Earls«. Der Mann Anfang zwanzig mit den blonden Haaren und den grünen Augen ist unverkennbar. Der Mann daneben scheint Mitte dreißig zu sein und hat schwarzes Haar und blaue Augen. Das muss Lucian, der Earl of Westminster, sein.

»Darf ich bekannt machen?«, ergreift dieser das Wort und deutet auf den jüngeren Mann neben ihm. »Dies ist Sebastian, Earl of Broomfield.«

Amalia deutet einen Knicks an und stellt sich vor.

Ester streckt die Hand aus, zieht sich dann aber zurück und verbeugt sich stattdessen. »Wie aufregend. Ich bin ganz aus dem Häuschen, euch … ähm … Sie zu sehen.«

»Es freut mich, Sie kennenzulernen«, sagt ein ebenfalls etwas älterer Mann, der nun aus dem Schatten heraustritt. Er hat dunkles Haar und scharfgeschnittene Gesichtszüge. »Mein Name ist Nicholas Aldersmith. Darf ich vorstellen, mein Freund Jacob Ealing.« Er deutet auf einen braungebrannten Mann mit zerzaustem Haar, der eine Verbeugung andeutet.

»Was ist denn jetzt mit dem Interview?«, drängelt Sebastian. »Wir haben nicht ewig Zeit.«

»Interview?« Amalia schaut verdutzt.

»Sie haben uns doch herbestellt, weil Sie uns einige Recherchefragen stellen wollten«, erklärt Sebastian. »Wir haben uns extra hierherbemüht.«

»Äh… ja, selbstverständlich. Natürlich«, stottert Amalia und versteht kein Wort. »Das Interview.«

Sie bittet ihre Gäste, sich zu setzen. Dann räuspert sie sich. »Ähm, habe ich Ihnen vorab genaue Informationen gegeben, worüber ich mich mit Ihnen unterhalten will?«

»Über unser … nun, ja … außergewöhnliches Privatleben. Können Sie sich nicht mehr daran erinnern? Fühlen Sie sich vielleicht nicht wohl?«

»Nein, nein. Alles gut.« Amalia bemüht sich um ein Lächeln. » Ester, magst du vielleicht mit den Fragen beginnen, während ich uns Tee aufsetze?«

»Eine großartige Idee«, meint der Earl of Westminster. »Mein Mund ist ganz trocken.«

Ester nickt. »Dann lege ich gleich mal los. Earl of Westminster, sind Sie auf der Suche nach der Dame fürs Leben? Oder sind Sie gar schon verlobt?«

Der Earl of Westminster errötet. »Dieses Thema breite ich eigentlich nicht in der Öffentlichkeit aus. In Wahrheit habe ich meine Gedanken dazu erst einem Menschen anvertraut. Aber ich verstehe, dass Ihr die Information für Eure Recherche benötigt. Darum vertraue ich Euch an, ich habe das Thema Heirat für mich abgeschlossen. Offen gesagt ist mir bewusst, einer Ehefrau nicht die Verbundenheit bieten zu können, die sie verdient hat. Ich glaube nicht, dass Liebe in einer Ehe unbedingt eine Rolle spielen muss. Doch meine dunklen Gelüste … In Eurer Zeit ist so etwas tatsächlich nicht verboten? Es fällt mir dennoch schwer, es zu gestehen. Ich fühle mich zu Männern hingezogen. Ich wäre nicht in der Lage, mit einer Frau zusammenzusein. Im biblischen Sinne. Ich könnte keinen Nachfahren zeugen. Warum sollte ich also eine Frau an mich binden und sie damit unglücklich machen?«

Amalia kommt mit dem Tee zurück und stellt ihn auf dem Tisch ab. Bevor sie vier Tassen vollschenkt und weiterreicht. »Earl of Broomfield, ich hörte, Sie haben eine Schwäche für Kunst. Mögen Sie etwas darüber erzählen?«

Earl of Broomfield: »Ich liebe die Arbeiten Devonos, genauso wie der Earl of Westminster, wenn ich Euch darauf hinweisen darf. Wir haben gemeinsam eine Ausstellung dieses außergewöhnlichen Künstlers besucht. Seine Werke … Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll. Sie berühren mein Herz, wärmen mich bis in die Fingerspitzen. Ich male selbst, müsst Ihr wissen. Mir fehlt es an Talent, um mich mit Devonos zu vergleichen. Ich bemühe mich um größtmöglichen Realismus. Dennoch fürchte ich, dass meine Kunst nicht ausreicht, um andere Menschen dadurch zu erreichen.«

Der Earl of Westminster legt dem Earl of Broomfield eine Hand auf die Schulter. Wärme leuchtet in seinem Blick. Ein sanftes Lächeln liegt auf seinem Gesicht. »Deine Gemälde strahlen eine unglaubliche Kraft aus. Die Bilder, die du von mir gemalt hast … ich habe mich niemals so lebensfroh, so weich, so perfekt gesehen wie auf deinen Kunstwerken. Du schaffst damit etwas Besonderes. Zweifle niemals an dir.«

Earl of Broomfield: »Dein Vertrauen in mich macht mich zu einem besseren Künstler. Aber ich glaube, so genau wollte die junge Lady das gar nicht hören.«

Link zu Bettina Kiralys Veröffentlichungen:
http://bettina-kiraly.at/veroeffentlichungen/

Amalia: »In unserer Zeit dürfen Homosexuelle ihre Orientierung frei ausleben. Wenn man als Gentleman solche Tendenzen bei sich selbst entdeckt, muss das wohl ein wahrer Schock sein. Wie habt Ihr herausgefunden, wonach es Euch verlangt? Könnt Ihr Eure Bedürfnisse auf irgendeine Art und Weise ausleben?«

Nicholas Aldersmith nimmt einen Schluck vom Tee: »Nun, einen Schock würde ich es nicht nennen. Ich meine, man wacht schließlich nicht eines Tages auf und stellt fest, dass man sich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlt, nicht wahr? Es war für mich eine längere Entwicklung, Beobachtungen meiner Gefühle über Wochen und Monate hinweg – reichlich Gefühlsverwirrungen in meiner Jugendzeit. Irgendwann wurde mir schließlich klar, dass ich anders bin als andere Männer. Ich bin ein rationaler, praktisch veranlagter Mensch. Ich sah für mich zwei Möglichkeiten. Entweder konnte ich mich nun mein Leben lang dafür martern, dass ich nicht wie andere Männer bin. Oder das Beste daraus machen. Ich habe mich für Letzteres entschieden.  Und ich habe bald festgestellt, dass ich nicht allein bin mit solchen Gefühlen und auch zu meiner Zeit gibt es bereits Wege, diese etwas andere Sexualität auszuleben, wenn auch im Verborgenen. In meinem Fall war das zum Beispiel ein Molly House

Jacob Ealing: »Nennen Sie mich gern Jay, wenn Sie möchten. In meinem Fall ist es noch komplizierter. Ich habe erst durch meine Begegnung mit Nicholas begriffen, dass ich mich nicht nur zu Frauen, sondern auch zu Männern hingezogen fühlen. Bis wir uns kennenlernten, war das nie ein Thema für mich. Ich meine, natürlich gab es Männer, die ich mochte, z.B. andere Matrosen auf den Schiffen, auf denen ich zur See gefahren bin. Aber ich habe das immer für rein freundschaftliche Gefühle gehalten. Oder vielleicht habe ich auch verdrängt, dass vielleicht mehr dahinterstecken könnte. Ich war sehr naiv, fürchte ich. Aber dass zwei Männer einander lieben können, das ist zu unserer Zeit etwas, über das nicht gesprochen wird. ich hatte also niemanden, mit dem ich jemals über meine verwirrten Gefühle sprechen konnte. Bis ich Nicholas getroffen habe.«

Earl of Westminster: »Für mich hat es einen echten Schock dargestellt, als ich gemerkt habe, dass ich mich in meinen jungen Jahren in meinen besten Freund verliebt habe. Ich habe es erst nicht verstanden, habe dagegen angekämpft und mich für diese Verwirrung gehasst. Es war von Anfang an klar, dass dieser andere Mann nicht das Gleiche für mich empfindet. Doch später habe ich jemanden gefunden, der mir erklärt hat, wie und wo ich meine Gelüste ausleben kann. Es existieren Häuser, in denen sich Männer für Geld dafür zur Verfügung stellen. Erst in letzter Zeit ist mir klargeworden, dass das nicht ansatzweise mit der Nähe zu einem Menschen zu vergleichen ist, der einem etwas bedeutet.«

Earl of Broomfield: »Ich dachte, ich hätte mich in Lady Rose verliebt. Ich bin davon ausgegangen, eine Ehefrau an meiner Seite wäre mir vorbestimmt. Aber dann habe ich den Earl of Westminster näher kennengelernt. Wir haben Zeit miteinander verbracht, weil ich von ihm die Erlaubnis wollte, um seine Schwester zu werben. Sobald Lucian, also der Earl of Westminster, sich mir gegenüber nicht mehr ablehnend verhalten hat, haben wir festgestellt, wie viel wir gemeinsam haben. Ich habe begonnen, ihn zu mögen. Und schließlich wurde aus unserer Zuneigung noch etwas Größeres. Ich kann mich unendlich glücklich schätzen, diese Erfahrung mit ihm teilen zu dürfen.«

Ester: »Vielen Dank, meine Herren, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben.«

Amalia springt auf. »Müssen Sie schon gehen? Wie schade! Es hat sehr viel Spaß gemacht, sich mit Ihnen zu unterhalten. Vielleicht können Sie noch ein wenig bleiben?«

Nicholas Aldersmith: »Es ist an der Zeit. Auch wenn wir Ihre Gastfreundschaft sehr genossen haben.«

Earl of Westminster: »Sie beide sind sehr interessante Damen. Natürlich dürfte ich so etwas in der Vergangenheit nicht aussprechen. Aber wenn ich nach Ihren enthusiastischen, lebhaften Charakteren gehe, ist das in Ihrer Zeit anders.«

Ein Poltern lässt Amalia herumfahren. Vor dem Haus scheint ein Unwetter zu toben. Warum hat sie das Toben des Sturms zuvor noch nicht wahrgenommen? »Ich hätte noch so viele Fragen. Haben Sie vielleicht noch ein paar Augenblicke, damit ich mich nach Ihren Zukunftsplänen erkundigen kann?«

Der Earl of Broomfield schüttelte den Kopf. Er wirkt nervös. »Es ist Zeit für unseren Aufbruch. Ich wünschte tatsächlich, wir können in dieser Zeit der unendlichen Möglichkeiten für Männer wie uns noch ein wenig bleiben. Doch das können wir leider nicht in die Realität umsetzen.«

Jacob Ealing: »Möglicherweise gelingt es uns, Ihnen den Fortgang unserer Geschichte irgendwie zu übermitteln. Auch wenn unser Besuch nur kurz gedauert hat, so hat er dennoch bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen. Vielen Dank für die Hoffnung, die Sie uns für die Zukunft gemacht haben.«

Amalia will sich bei den Männern noch für ihre Offenheit bedanken, doch das Unwetter wird stärker. Das Heulen des Windes ist nun so laut, dass sie nichts anderes als das Klopfen ihres Herzens hören kann. Die vier Männer nickten sich zu und gehen Richtung Ausgang. Sie öffnen die Tür und lassen einen kalten Luftstoß ins Haus.

Während einer nach dem anderen nach draußen tritt, kneift Amalia die Augen zum Schutz vor dem Sturm zusammen. Plötzlich wird sie von einem Lichtstrahl von draußen geblendet. Er ist viel zu hell, um von einer Straßenlaterne zu stammen. Sie dreht den Kopf weg.

»Tut mir leid«, hört sie Bettinas Stimme sagen. »Ich wollte dich nicht wecken. Leider habe ich den falschen Lichtschalter erwischt.«

Amalia blinzelt gegen das Licht. Plötzlich sitzt sie wieder auf der Couch und entdeckt Bettina an der Wohnzimmertür. Der Autorenkollegin ist das schlechte Gewissen deutlich anzusehen. »Kein Problem. Ich hatte gerade einen seltsamen Traum.«

»Hoffentlich habe ich dich nicht zu einem ungünstigen Zeitpunkt geweckt.«

»Wie man es nimmt.« Amalia lächelt. »Unsere Helden haben mich besucht. Ich konnte mich mit deinen Earls und mit Jacob und Nicholas unterhalten. Gerne hätte ich noch länger mit ihnen über ihr Leben geplaudert. Aber ich glaube, ich darf von Glück sagen, sie überhaupt persönlich getroffen zu haben.«

»Jetzt bin ich tatsächlich etwas neidisch.« Bettina dimmt das Licht und kommt wieder zur Couch. »Eigentlich sollten wir ja schlafen gehen. Es ist kurz vor vier. Vermutlich kann ich jedoch kein Auge zutun. Erzählst du mir von deiner Begegnung?«

»Sehr gerne. In meinem Traum warst du bei dem Gespräch anwesend. Schade, dass du dich nicht mehr daran erinnern kannst.«

»Stimmt. Aber du bist eine tolle Geschichtenerzählerin. Ich bin mir sicher, in wenigen Minuten habe ich das Gefühl, tatsächlich dabei gewesen zu sein.«

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Zur Zeit gibt es übrigens bei Lovelybooks eine Verlosung mit Taschenbüchern zu „Frei und doch verbunden“.

Protagonisten-Interview mit den Galway Hunters von Stefanie Foitzik

Machen wir eine kleine Zeitreise ins Jahr 2015…
Ich sitze mit Michael O‘Hara, seiner jungen Mitarbeiterin Cathrine „Cat“ Gallagher und seinem Mitarbeiter Duncan McClary im Galwayer Pub Paddy’s. An unserem Tisch sind außerdem der Chief Inspector Brendon Nolan von der Galwayer Polizei (Garda Síochána), sein Kollege Detective Sergeant Alex Donovan, sowie der verdeckte Ermittler und Anderswelt-Cop Connor O‘Sullivan.

Hier im Pub läuft an diesem Abend Musik aus der Jukebox und in einem Fernseher wird das Spiel der Aran-Islands gegen die Four Roads übertragen.

[Passende Musik dazu gibt es z.B. von Erdenstern: „The Pub“ aus dem Album „The Urban Files“, kostenlos hier zum Probehören: https://erdenstern.bandcamp.com/track/the-pub]

Nolan blickt immer mal mit gerunzelter Stirn auf den Fernsehbildschirm, er scheint das Spiel zu verfolgen. O’Hara besorgt eine Runde Pints. Alex Donovan scheint fast unter seiner Schirmmütze zu verschwinden und ist recht schweigsam Miss Gallagher sieht sich von Zeit zu Zeit sichtlich nervös um. McClary und O’Sullivan scheinen sich nicht ganz grün zu sein, aber vielleicht täuscht dieser Eindruck auch …

Vorlage Duncan und Connor 72dpi

Duncan McClary, Connor O’Sullivan © Amalia Zeichnerin[/caption]

Nolan zuckt zusammen, als in der Jukebox der Song „Bye bye Miss American Pie“ ertönt und sieht zum Tresen hinüber. Ich warte, bis O’Hara mit den Getränken zurückkehrt.

Vielen Dank, dass Sie sich alle die Zeit nehmen für dieses Interview. Mister McClary, Sie sind ein Daywalker. Für die Nichteingeweihten, die sich mit den paranormalen Wesen nicht gut auskennen, die auch einfach gern Paras genannt werden – was ist ein Daywalker?

Duncan McClary schlägt die Beine übereinander. „Bei uns Daywalkern handelt es sich um Halbvampire. Ein Elternteil ist dabei stets menschlich. Das macht auch den wahrscheinlich wichtigsten Unterschied zu reinrassigen Vampiren aus: Wir werden als Halbvampire geboren und nicht verwandelt, wir leben.“

Ich gehe davon aus, dass Sie wesentlich älter sind als Sie wirken? Ich meine, wenn man es in menschlichen Jahren rechnet? Ist das eigentlich eine unhöfliche Frage?

„Nein, natürlich ist das nicht unhöflich“. beruhigt Duncan McClary mich.“Ich wurde 1819 geboren, bin nun also 196 Jahre alt“

Ah, dann haben Sie gewiss eine ganze Menge erlebt… Wie ist das Verhältnis zwischen Menschen und Paras in Galway? Oder in Irland im allgemeinen? Das Outing der Paranormalen war ja 2005, also schon einige Jahre her.

„Das Verhältnis ist nicht gerade einfach“, beginnt Duncan zögernd. „Weder in Galway, noch in Irland allgemein. Nicht jeder ist bereit, seinem ’neuen‘ Nachbarn zu vertrauen. Sie waren in den Legenden schon immer eine Gefahr.“

„Woran die Presse eindeutig ihren Teil dazu beiträgt“, ergänzt Michael O’Hara.

„Manche schaffen das aber auch ganz alleine für einen schlechten Eindruck zu sorgen“, wirft Chief Inspector Brendon Nolan mit düsterem Blick ein.

Oh, das klingt nach vielen Vorurteilen … und so einigen Problemen zwischen den Paras und den Menschen. Hoffentlich wird sich dies mit der Zeit noch zum Besseren verändern.

Miss Gallagher, Mister O‘Hara und Mister McClary wie kamen Sie auf die Idee, als Kopfgeldjäger zu arbeiten, haben Sie dafür entsprechend passende Ausbildungen gemacht?