Goodbye Steampunk?

Abbildung: PrettySleepy, Pixabay

Einige Jahre lang war ich sehr aktiv in der Steampunk-Szene: ab ca. 2012 habe ich mehrere Treffen in Hamburg organisiert, z.B. mit Restaurant- und Museumsbesuchen, außerdem das jährliche Hamburger Steampunk-Picknick. Es waren ein paar schöne Treffen, allerdings haben sie sich irgendwann im Sand verlaufen, bzw. ich muss auch ehrlich sagen, es wurde mir zu anstrengend, immer wieder Terminabstimmungen zu machen und bei zig Leuten nachzuhaken, ob sie denn wirklich kommen würden oder nicht. Wir alle waren nicht eng miteinander befreundet, eher eine Gruppe an Bekannten, die Steampunk als gemeinsames Interesse hatte, mit ganz unterschiedlichen Zugängen dazu.

Der Clockworker

Eine ganze Zeitlang habe ich regelmäßig Beiträge für das Steampunk-Magazin „Clockworker“ geschrieben, das leider aus organisatorischen Gründen im Herbst 2019 eingestellt werden musste. Mit dem Clockworker geht es dennoch weiter, auf Facebook und Discord (unten findet ihr die Links dazu). Ich bin dort auch dort nicht mehr aktiv, aus verschiedenenn Gründen, unter anderem, da mich meine sonstigen Aktivitäten stark beschäftigen.

Das Amt für Aetherangelegenheiten

Ich war auch eine Weile aktiv für das Amt für Aetherangelegenheit mit ihren Zeitreisepässen, aber auch das habe ich reduziert auf wenige Veranstaltungen. In diesem Jahr werden ja reihenweise Events abgesagt wegen der Coronakrise, auch das Aethercircus Steampunk Festival ist davon betroffen. Ich war jedes Mal auf diesen Festival und bin für eine anderen Veranstaltung einmal bis nach Witten in NRW gereist. Aber ich bin nie kreuz und quer durch Deutschland oder ins Ausland für Steampunk-Veranstaltungen gereist. Das habe ich schon früher nicht und weder meine Finanzen noch meine Gesundheit geben das her, vor allem in den letzten zwei, drei Jahren.

Warum ich nur einen einzigen Steampunk-Roman geschrieben habe?

Das hat mehrere Gründe. Zum einen ist die Inspiration für weitere Steampunk-Romane nach „Der Stern des Seth”, meinem Debütroman sind ausgeblieben. Ich erhielt mehrfach das Feedback, der Roman enthalte zu wenig Steampunk. Das kann man nun so oder so sehen. Ich muss ganz ehrlich sagen, auch wenn es wie ein problematisches Klischee klingt („Frauen und Technik!”): Ich interessiere mich nicht genug für Technik und habe auch zu wenig Fachkenntnisse, als dass ich das in einem Steampunk-Roman verstärkt einbringen könnte. Ich habe auch keine Lust, dazu viel zu recherchieren. Kleinigkeiten, das ja. Hard Science? Also schräge, nie dagewesene Erfindungen, die nach den Gesetzen der Physik, Thermodynamik, Mechanik etc. tatsächlich funktionieren würden? No, Sir. Nicht mein Thema. Nicht, dass wir uns falsch verstehen, ich bewundere Maker und Tüftler für ihre Kreationen, aber Technik an sich? Die finde ich persönlich nicht so spannend, dass ich sie schwerpunktmäßig in meinen Büchern verarbeiten möchte.

Wie geht es weiter mit der deutschsprachigen Steampunk-Community?

Auf dem letzten Aethercircus, das war 2018, hielt Dr. Jürgen Lautner einen Vortrag über Steampunk und widmete sich der Frage, wie es wohl mit dem Steampunk in Deutschland weitergehen würde. Er gab dem ganzen noch etwa fünf Jahre, danach würde dieser Trend oder die Subkultur/Szene sich seiner Meinung nach möglicherweise auflösen. Die Szene ist schon jetzt recht zersplittert, aufgeteilt in viele kleine regionale Gruppen. Aber wer weiß, vielleicht werden die Steampunks irgendwann sagen „Steampunk is not dead” – und das auch zeigen? So wie es auch Montague „Monty” Jaques Fromage von Steampunkfunk Bizarre in einem seiner Songs singt. Allerdings ist Monty Amerikaner und in USA und UK ist Steampunk um einiges größer als im deutschsprachigen Raum. Immer noch. Die Zeit wird zeigen, wie sich die deutschsprachige Community weiterentwickelt.

Literarisch gesehen nur ein Nischengenre

Als Literaturgenre ist Steampunk eine Nische innerhalb der Phantastik, die leider nur sehr wenig gelesen wird. Zwischendurch war Steampunk bzw. die Goggle- und Zahnradästhetik kurzzeitig voll im Trend, selbst in Deutschland, aber davon ist mittlerweile nichts mehr zu spüren. Das ist jedenfalls mein Eindruck.

Vor ca. 4 Jahren habe ich einen langjährigen Autor für Phantastik und Krimis (ein Vollzeit-Autor) gefragt, ob er sich vorstellen könnte, auch mal einen Steampunk-Roman zu schreiben. Seine Antwort: Das lohne sich für ihn nicht, das Thema sei nicht im Mainstream angekommen und entsprechende Bücher würden sich zu wenig verkaufen. In deutschsprachigen Raum fehle dafür ein entsprechendes „Zugpferd”.
Auch beispielsweise die Verfilmung von „Mortal Engines” von Peter Jackson, auf die einige die Hoffnung gesetzt hatten, damit Steampunk populärer zu machen, war nicht erfolgreich genug, um etwas derartiges zu schaffen.

Und was wird aus dem Hamburger Steampunk Picknick?
Update im Dezember 2021: Das steht in den Sternen. Für 2020 hatte die Organisation ein Bekannter von mir übernommen, der es auch 2019 organisiert hat, da meine bessere Hälfte und ich an jenem Datum umgezogen sind. 2020 und 2021 musste es dann wegen der Pandemie ausfallen. Ob mein Bekannter es 2022 organisieren wird und ob es stattfinden kann, das wird vermutlich in dieser Facebookgruppe angekündigt:
https://www.facebook.com/groups/142922095860190

Update im Dezember 2021
Auf Facebook habe ich die Gruppe „Steampunkbibliothek” gegründet, habe meinen Adminposten dort aber abgegeben. Aber auch da ist zu sehen, dass Steampunk ein Nischengenre ist.

https://www.facebook.com/groups/steampunkbibliothek/

Rund sechs Jahre lang habe ich mich in dieser Szene sehr zu Hause gefühlt, aber mittlerweile haben sich meine Interessen verändert und ich möchte meine Zeit mehr mit anderen Dingen verbringen. Fast alle meine Steampunkkleider habe ich verkauft – nicht nur, weil sie mir nicht mehr passen, sondern weil meine prekäre finanzielle Situation in den letzten Jahren mir zu schaffen gemacht hat und es noch immer tut. (Ich habe auch viele andere gebrauchte Dinge verkauft, auch aus meinem Hobby LARP.)

Ich mag Steampunk immer noch gern, aber ich bin nicht mehr in der entsprechenden Szene aktiv. Ich habe Hopepunk für mich entdeckt und möchte eventuell einmal etwas schreiben, was dem nah kommt. Ich schreibe nun schon länger rein viktorianische Krimis, ohne übernatürliche Elemente, ohne Steampunk-Gagdets.

Es folgen einige Linktipps:

Wenn ihr euch für Steampunk interessiert und gern Podcasts hört, inzwischen gibt es den ersten deutschsprachigen: „Tentakel Debakel” mit Fräulein Clara und Fräulein Rosalinde.

Link: https://www.podcast.de/podcast/758257/

Auf Facebook gibt es mehrere deutschsprachige Steampunk-Gruppen, auch regionale

Hier sind vier:

https://www.facebook.com/groups/steampunk.germany/

https://www.facebook.com/groups/clockworker/

https://www.facebook.com/groups/817434611763893/

https://www.facebook.com/groups/447926382043322/

Die Facebookseite des Steampunk Magazins „Clockworker“:
https://www.facebook.com/clockworker.de/
Sie haben auch einen eigenen Discord-Server eröffnet: https://discord.gg/nJdud8v


Über Steampunk, Definitionen und Nörgler

Seit 6 Jahren bewege ich mich in der Steampunk-Szene. Ich verbinde damit inzwischen viele schöne Erinnerungen – Treffen in Hamburg, das Hamburger Steampunk-Picknick, Tee-Duelle und so manche Veranstaltung, wie z.B. den Aethercircus.

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Foto vom einem Steampunk-Treffen in Hamburg, 2012

Ich habe im Laufe dieser Zeit eine Menge sehr kreativer Menschen kennengelernt, die mit viel Energie und Freude Erfindungen basteln, sich ihre Outfits schneidern, Accessoires basteln, Steampunk Musik machen, Steampunk Bücher schreiben, Kunsthandwerk gestalten, malen und zeichnen, spielen oder noch andere Dinge tun.

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Abbildung: Pixabay

Was mir diese Szene und das Genre dagegen vermiest, sind die ewigen Nörgler – die es vermutlich in jeder Subkultur und jedem Hobby gibt.

Nörgler, das sind z.B. die Leute die von einem Outfit sagen, es sei nicht authentisch.

Oder die, welche sich über Zahnräder als Deko-Element beschweren oder über Goggles auf Zylinderhüten, weil das ja nur oberflächliche Deko ohne Funktion sei.

Nörgler, das sind auch die, die sagen, dieses oder jenes Buch sei kein Steampunk, weil darin zwar Luftschiffe/Roboter/sonstige Erfindungen auftauchen, aber nicht genauestens erklärt wird, wie die denn funktionieren.

Oder die, die sich beschweren, dass die Szene oberflächlich sei. Die aber oft selbst nicht erkennen lassen, was an ihrer Art, Steampunk zu leben, tiefgründiger ist.

Oder diejenigen, die durchdefinieren wollen, welche Musik denn Steampunk sei und welche nicht.

Überhaupt, diese ständige Suche nach Definitionen. Als müsse immer alles schön in eine einzige Schublade passen und nach wie nach einer Din-Norm definiert sein.

Ich mag meinen Steampunk undefiniert. Ich lasse mich immer wieder gern überraschen von schrägen, kreativen Ideen, z.B. von wunderbaren Genre-Mischungen, also wenn Fantasy zum Steampunk kommt oder Cyberpunk-Elemente, dystopisches oder Science-Fiction, oder noch ganz andere Dinge. Oder wenn andere Epochen oder Kulturkreise als Vorbild dienen, denn auch wenn 90% des Steampunk vom späten 19. Jahrhundert oder frühen 20. Jahrhundert inspiriert ist – wer sagt denn, dass nicht auch andere Epochen möglich sind?

Und da draußen gibt es noch viele wunderbare andere kreative, orginelle Ideen, was man alles mit Steampunk machen kann.

Und was Authentizität betrifft, kann ich nur sagen: Steampunk kann nicht historisch authentisch sein, weil er eine Vergangenheit darstellt, die es so nie gab. Ich habe das schon vor zwei oder drei Jahren einmal geschrieben, aber ich wiederhole es gern noch mal: Steampunk ist kein Gründerzeit- oder viktorianisches Reenactment, sondern historisch inspirierte Phantastik.

Was ist Steampunk letztendlich? Für manche ein Lifestyle, eine Art zu leben, für andere ein schönes Hobby, für einige ein Broterwerb und für andere ein Interesse unter anderen. Oder auch, wie es Clara Lina Wirz in einem Vortrag ausdrückte:
Steampunk ist das, was man draus macht.

Steampunk Radio 06

von mir gemoddetes, funktionsfähiges Radio (2013)

Lassen wir doch bitte jedem die Freiheit und das Vergnügen, Steampunk so zu leben, wie er es möchte. Mit einer ganz persönlichen Definition. Oder auch ganz undefiniert.

Und wenn euch etwas nicht gefällt – fangt nicht an zu nörgeln. Macht es selbst besser – bzw. macht es so, wie es euch gefällt.