Über die Serie Good Omens, Queere Repräsentation, Queerbaiting und ein Cosplay

Fanart mit freundlicher Genehmigung von Wisesnail. (links Aziraphale, rechts Crowley)
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Lesezeit: ca. 6 Minuten
Bitte beachten: Dieser Blogbeitrag enthält Spoiler für die 2. Staffel von „Good Omens“, insbesondere Folgen 5 und 6. Außerdem Spoiler für die letzte Staffel der Serie »Supernatural«.

Am ersten Augustwochenende habe ich Staffel 2 von „Good Omens“ zu Ende geschaut und bin ein bisschen fassungslos im positiven Sinne, dass sie es tatsächlich durchgezogen haben mit einer Lovestory zwischen Crowley und Aziraphale (der deutsche Name dieser Figur ist Erziraphael, aber ich bleibe nun bei der englischen Version). Die Cafébetreiberin Nina spricht Crowley zunächst darauf an, wie lange er denn schon mit Aziraphale zusammen sei und er wehrt das ab. Ich dachte mir an der Stelle, das sei die einzige Szene, in der dieses Thema überhaupt beleuchtet wird. Weil ich Queerbaiting (1) schon sooo lange gewohnt bin.

Ich erinnere mich z.B. noch an die Serie »Supernatural« und all die Fans, die sich eine Liebesgeschichte zwischen Dean Winchester und dem Engel Castiel erhofften (das Shipping wurde »Destiel« genannt). Auch ich habe eine Weile lang darauf gehofft, vergeblich. Stattdessen gab es dort nur Queerbaiting, bis zum bitteren Ende. Bzw. das Ende war dann halt auch nicht wirklich ein Happy End für diese beiden Figuren, auch wenn Castiel immerhin eine direkte Liebeserklärung an Dean aussprechen durfte.

Und ich fange jetzt mal nicht an von all den anderen Geschichten, in denen es höchstens mal Andeutungen in Richtung Queerness gab, die man mit der Lupe suchen musste. Das ist teilweise auch heute noch so. Und ich fange auch nicht an von all den negativen Tropes wie „Bury your gays“ (2) und „depraved bisexual“, „sissy villain“ und so vielen anderen mehr, mit denen ich aufgewachsen bin.

Zurück zu „Good Omens“: Später sprechen Nina und Maggie mit Crowley noch einmal und raten ihm dazu, dass er mit Aziraphale über seine Gefühle sprechen sollte. Das bringt wohl einiges bei ihm ins Rollen. Und nicht zu vergessen, es gibt in dieser Staffel auch noch eine Lovestory zwischen einem anderen Engel und einem anderen Dämon.

Womit ich absolut nicht gerechnet habe und auch das ist dem jahrelangem Queerbaiting in so vielen Filmen, Serien etc. geschuldet: Crowley küsst Aziraphale und das nicht mal eben so ein bisschen, sondern leidenschaftlich und aus meiner Sicht sehr passend für die entsprechende dramatische Szene.

Apropos, Neil Gaiman hat auf Tumblr eine ganze Menge Fragen von Fans zu Good Omens beantwortet – ein Fan hat sie alle zusammengetragen. (3) Eine dieser Fragen (Übersetzung aus dem Englischen von mir):
Frage: Lieben Crowley und Aziraphale einander?
Neil Gaimans Antwort: “ (…) wenn jemand, der die erste und zweite Staffel von Good Omens gesehen hat, nicht verstanden hat, dass Aziraphale und Crowley sich lieben, dann wird er es nie erkennen, und der Kuss ist nicht dazu da, um zu zeigen, dass sie verliebt sind.“

Und es gibt noch andere queere Details und damit meine ich nicht nur die beiden queeren Frauen Nina und Maggie. Niemand anderes als Gott hat in der englischen Originalversion die Pronomen they/them (was nur ganz kurz einmal auftaucht und mir fast entgangen wäre). Das könnte man so betrachten, dass Gott in diesem Urban-Fantasy-Universum genderqueer, nichtbinär oder vielleicht multigender oder agender ist.

Und über all das regen sich nun offenbar die Leute auf, denen das „viel zu woke“ sei. („Woke“ ist ja mittlerweile ein Kampfbegriff aus dem rechten politischen Spektrum.) Harlows Stories zitierte auf Instagram einen Kommentar auf Youtube, unter einem Video zur 2. Staffel: „Die zweite Staffel ist ja sehr politisch korrekt. Werde mir die Serie nicht weiter anschauen.“ Ich fürchte, es wird noch viele solcher Kommentare zur 2. Staffel geben, die sich insbesondere über die queere Repräsentation aufregen.

Sonja Rüther schrieb ebenfalls auf Instagram in einem anderen Zusammenhang (4): »Letztens las ich unter einem Beitrag, dass es unerträglich sei, dass nun in „jedem Roman“ die Figuren queer wären und alle AutorInnen diesen „Trend“ mitmachen.« Diese Kritik sehe ich mittlerweile auch öfter mal bei Filmen und Serien. Darauf hatte ich Sonja Rüther geantwortet: »Es gibt immer noch sehr viele Geschichten ganz ohne queere Figuren und auch ohne sonstige Diversität. Außerdem: Diversität aller Art hat es schon immer gegeben, sie wird nur gerade sichtbarer, auch durch Social Media. Aber sie ist gewiss kein neuer „Trend“.« In diesem Zusammenhang kann ich einen englischsprachigen Blog der nichtbinären Autory T. Thorn Coyle empfehlen: „Subtracting Homogeneity“. (5)

Wie könnte es mit einer möglichen Staffel 3 weitergehen? Dazu habe ich diesen englischsprachigen Artikel auf Screenrant gefunden, der auch Neil Gaiman zitiert. Bitte beachten, auch dieser Artikel enthält Spoiler für Staffel 1 und 2. Sollte es aus welchen Gründen auch immer nicht zu einer Staffel 3 kommen, hat Neil Gaiman bereits angekündigt, dass er stattdessen einen entsprechenden Roman schreiben wird. (6)

Und ein Cosplay
Seit der Pandemie habe ich mein Hobby Fantasy-LARP an den Nagel gehängt und ich bin auch nicht mehr in der Steampunkszene aktiv, aber die Lust an Kostümen und Verkleidungen bzw. auch die Freude am in andere Rollen schlüpfen ist mir geblieben. Es kommt allerdings nicht so oft vor, dass mich fiktive Figuren so sehr begeistern, dass ich ein Cosplay machen möchte. Bei Aziraphale und Crowley war es sozusagen Liebe auf den ersten Blick, schon bei Staffel 1. Durch einen Austausch mit meiner Metamour (7) über Cosplay-Ideen sind wir darauf gekommen, dass ich ein Aziraphale-Cosplay machen könnte und sie eines für Crowley.

Ich habe bei Vinted schon günstige Kleidung für Aziraphale gefunden. Eine weiße Jeans, einen weißen Blazer, eine beigefarbene Weste. Ein weißes Hemd mit dünnen Streifen habe ich sowieso schon im Kleiderschrank und mit einer karierten Fliege ist das Outfit perfekt. Außerdem eine schicke Teetasse mit Untertasse und eine Taschenuhr. Ich habe auch den weißen Becher mit Flügeln statt Henkel gefunden, der hin und wieder in der Serie zu sehen ist. Und da Aziraphale eine Buchhandlung betreibt, überlege ich nun ersthaft auf Phantastikconventions, auf denen ich als Autorin mit einem Bücherstand vertreten bin, mal mit meinem Aziraphale Cosplay aufzuschlagen. Ich nehme dann auch eine Taschenbuchausgabe von »Good Omens« mit.

Fußnoten
1) Was ist Queerbaiting? https://echte-vielfalt.de/lebensbereiche/lsbtiq/was-ist-queer-baiting-und-queer-coding/
2) Ein empfehlenswerter Blogbeitrag über das Trope „Bury your gays“ von Elea Brandt:
https://eleabrandt.de/2020/12/09/dont-bury-your-gays/
3) Das Google Doc von Orpiknight mit dem FAQ zu „Good Omens“
4) In diesem Beitrag: https://www.instagram.com/p/CvmpoAZtIo3/
5) Der Blog von T. Thorn Coyle: https://tthorncoyle.substack.com/p/subtracting-homogeneity
6) siehe z.B. https://www.themarysue.com/good-omens-season-3s-story-will-be-told-one-way-or-another/
7) Was bedeutet Metamour? https://polyamory.wiki/Metamour

„Du kommst hier nicht rein!“ – Gatekeeping in Hobbys

Abbildung: Lothar Dieterich, Creative Commons Lizenz

Ich möchte heute ein bisschen über Hobbies, schreiben z.B. Cosplay. Larp. Steampunk. Fandoms. Games. Wer als enthusiatischer Newbie neu in eine entsprechende Community einsteigt, wird früher oder später auf die Gatekeeper stoßen. Der Begriff leitet sich u.a. ab von jener mystisch-mythologischen Torwächterin, die Reisenden Rätsel oder Aufgaben stellt, ehe sie den Weg (vielleicht) freigibt.

Wikipedia schreibt über Gatekeeper im Bereich der Nachrichtenforschung:
„Als Gatekeeper (deutsch: Torwächter, Schleusenwärter oder Türsteher) bezeichnet man in den Sozialwissenschaften metaphorisch einen (meist personellen) Einflussfaktor, der eine wichtige Position bei einem Entscheidungsfindungsprozess einnimmt. ”

Gatekeeper, das sind Leute, die das Hobby schon seit Annodazumal betreiben oder schon seit Urzeiten im Fandom sind und die als selbsternannte Expert*innen genau wissen, wie es geht, was nicht geht, was „man darf”, was nicht und so weiter. Und die auch ungefragt anderen Leuten ihre Meinung aufdrängen, wie sie ihr Hobby zu betreiben haben oder wie sie ihr Fansein ausleben sollten.

Vielen Hobbyist*innen ist eines gemeinsam: Ihre einzige Gemeinsamkeit ist das Hobby. Darüber hinaus können sie als Menschen sehr, sehr unterschiedlich sein und dank Internet auch quer über den Globus verteilt sein. Sie haben unterschiedliche politische Ansichten und Weltanschauungen, verschiedene Glaubenszugehörigkeiten (oder auch keine), sind straight oder queer, cis oder trans, weiß oder Schwarz, People of Color, sind wohlhabend oder eher weniger, haben Kinder oder auch nicht, sind Single oder in Beziehungen und so weiter.
Und so verschieden, wie sie im Alltagsleben sind, so verschieden sind auch die Heransgehensweisen der einzelnen Individuen an ihr Hobby.

Nicht jede Person, die ein Hobby betreibt, erhebt dies zum Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens.

Nicht jede Person verbringt Stunden und Tage damit, Kostüme zu nähen, Accessoires und Requisiten zu gestalten, nicht jede spielt jeden Tag ihre Lieblingsgames rauf und runter oder besucht Game-Conventions. Nicht jeder Mensch verbringt täglich Zeit in Online-Fandom-Foren oder hat die Zeit oder das Talent, um Fanart zu gestalten oder Fanfictions zu schreiben oder zu lesen. Nicht jede Person reist mehrfach jährlich zu vielen Veranstaltungen (z.B. am Wochenende), die mit dem Hobby zu tun haben.

Gatekeeper erwecken allerdings gern den Eindruck, all das sei aber zwingend notwendig, weil man ja sonst das Hobby nicht ernsthaft betreibe.

Gatekeeper maßen sich auch gern die Deutungshoheit darüber an, was ein gelungenes Outfit ist und was nicht – besonders wichtig bei Cosplay, Larp, Steampunk. In der deutschsprachigen Steampunk Community wird immer wieder darüber diskutiert – ist das Steampunk? Was ist Steampunk? Ist mein gekauftes Kleid, weil ich nicht nähen kann, Steampunk? Sind die aufgeklebten Zahnräder und die Goggles Steampunk, oder muss das alles auch eine Funktion haben, wie manche Geräte von Steampunk-Makern? Wie historisierend muss Steampunk sein? Muss er das überhaupt sein? Und wie ist es eigentlich mit Überschneidungen zu Cyberpunk, Gothic, Science-Fiction und anderen?

Gatekeeper reißen auch hier gern die Deutungshoheit an sich: So, wie sie Steampunk sehen, so ist es und nicht anders. Es gab mal eine Social Media Gruppe mit dem Namen „Ich mag meinen Steampunk undefiniert” und auch das Gegenstück dazu, „Ich mag meinen Steampunk definiert” existierte.

Genau das ist das Lieblingshobby der Gatekeeper: Sie definieren, was das Hobby ausmacht. Sie sind die selbsternannten Expertinnen.

Und vergessen gern darüber eines: Dass es hier nicht um eine exakte Wissenschaft geht. Auch nicht um geschichtliche Fakten oder um ein möglichst authentisches Reenactment. Ein Hobby ist ein Hobby ist ein Hobby. Es soll Spaß machen. Auch wenn dieser Spaß für unterschiedliche Leute nicht exakt gleich aussieht. Weil Menschen nun mal unterschiedlich sind. Auch die Geschmäcker sind verschieden. Was dir im Hobby Spaß macht, das ist vielleicht nichts für mich. Und was mir gefällt, damit kannst du vielleicht nichts anfangen. Trotzdem ist es für uns beide ein Hobby.

Mittels (erfolgreichem) Gatekeeping wird aus eine Gruppe von Hobbyist*innen allerdings schnell ein elitärer Club, der nur andere Mitglieder akzeptiert, wenn sie das Gatekeeping und die damit verbundenen, selbst auferlegten Normen verinnerlicht haben.

Im Cosplay-Bereich sagen einem manchen Gatekeeper, richtiges Cosplay setze immer eine Eins-zu-Eins-Umsetzung von Kostümen voraus und am besten eine besondere hohe persönliche Ähnlichkeit mit dem dargestellten Charakter. Wer in dieses enge Bild nicht hineinpasst, aufgrund von Hautfarbe, Haarfarbe, Körpertyp oder gar Behinderungen und ähnliches, oder wer einfach schlichtweg nicht den Geldbeutel hat, um ein perfektes Cosplay sein Eigen zu nennen, dem werden Gatekeeper möglicherweise die Freude an diesem Hobby schnell vermiesen. Neulich las ich außerdem ein Interview, dass sich mit Mobbing im Cosplay beschäftigt, was teilweise auch wieder mit Gatekeeping-Haltungen zu tun hat:
https://www.teilzeithelden.de/2020/01/08/interview-eine-kampagne-gegen-mobbing-im-cosplay/

Im Gaming kenne ich mich persönlich nicht aus, aber ich habe einiges durch meinen Bekanntenkreis gehört. Auch hier gibt es Gatekeeper, die schon seit Annodazumal gamen und zum Beispiel alles, wirklich alles über Spiel XYZ wissen. Anfänger*innen werden da schon mal belächelt, oft auch ob der Wahl ihrer Spiele, manche von ihnen dürfen sich Mansplaining anhören und können froh sein, wenn sie überhaupt in der Gamingcommunity akzeptiert werden. Zu diesem Thema hat Aurelia in ihrem Blog Geekgeflüster vieles geschrieben:
https://geekgefluester.de/category/alle-themen/gaming

Zum Beispiel hier: https://geekgefluester.de/von-gamer-girls-romance-und-internalisierter-misogynie

Ich kenne einige Leute, die in Fandoms unterwegs sind und die sich aus entsprechenden Social Media Gruppen komplett zurückgezogen haben, weil sie den Umgang der Gruppenmitglieder untereinander als toxisch empfunden haben. Ob das dann auch mit Gatekeeping zu tun hatte, mag sein, aber in dem Bereich fehlen mir die entsprechenden Erfahrungen, deshalb kann ich dazu wenig sagen. Ich habe allerdings einen englischsprachigen Text von Rachael Lefler gefunden, der teilweise nahelegt, dass auch hier Gatekeeping eine Rolle spielt:
https://reelrundown.com/misc/5-Factors-that-Can-Cause-Toxic-Fandom-to-Arise

Ein Zitat daraus (von mir übersetzt):

„Es gibt dieses Gefühl von Überlegenheit. Toxische Fans können sich gegenüber anderen Fans, die weniger intensiv/obsessiv sind und oft als „Casuals” bezeichnet werden, überlegen fühlen. Wehe, wenn du ein Shirt von einer Serie trägst, aber nicht obsessiv über diese Serie nachdenkst. (…) Toxische Fankultur entwickelt sich in einem Bereich, der als Internet Echokammer bekannt ist. Eine Echokammer ist ein Raum (oft in Internet-Foren oder Social Media Gruppen), in dem widersprechende Meinungen nicht geduldet werden. Das bedeutet, die Gruppe hat eine konformistische, herdenartige Mentalität. Alles was sie sagen und tun, füttert ihre Vorlieben und ihre Voreingenommenheit gegenüber Outsidern. Wenn eine Außenseiterin hereinkommt und versehentlich einen Fauxpas in einer solchen Gruppe begeht, wird sie in der Regel unhöflich darüber aufgeklärt oder sogar einfach aus der Gruppe verbannt.
Das heizt den oftmals fast kultischen Fanatismus toxischer Fans an. Es empowert sie und ermutigt sie, denn sie fühlen sich als große Gruppe an Leuten, die mit ihren Ansichten übereinstimmen. Und egal wie klein diese Ansichten innerhalb eines Fandoms sind, wird man darin Nischen finden mit Menschen, die derselben Ansicht sind.”

Im LARP gibt es in Social Media Gruppen und Foren, in denen man seine Outfits (im LARP „Gewandung” genannt) vorstellen oder auch Fragen rund um die Gestaltung stellen kann. Und auch da stehen oft die Gatekeeper ganz schnell vor dem virtuellen Tor und erklären auch enthusiatischen Newbies gern ungefragt, was sie alles mit ihrer Gewandung verkehrt machen und wie sie es gefälligst besser machen (mit dem Subtext: „Wenn das nicht besser wird, wirst du hier bei uns nicht als ernsthafte LARPer*in akzeptiert“). Mit anderen Worten: Hier wird, ähnlich wie im Cosplay und Steampunk, nicht selten Costume-Shaming betrieben.

Gatekeepern ist dabei meistens auch egal, ob die betreffende Person vielleicht gar nicht nähen kann, nicht die entsprechenden finanziellen Möglichkeiten hat, sich ein (hochwertiges, aber teures) Outfit zu leisten oder ähnliche Schwierigkeiten bestehen.

LARP ist übrigens tendenziell ein teures Hobby, denn nicht nur Outfits, Requisiten, Accessoires, sondern in vielen Fällen auch eine Camping-Ausstattung mit Zelt und natürlich die Con-Gebühr sowie die Anreise wollen finanziert werden. In vielen Fällen ist es schwierig, ohne eigenes Auto überhaupt anzureisen, da entsprechende Veranstaltungen meistens auf dem Land bzw. eher an abgelegenen Orten stattfinden. Es gibt zwar auch LARP-Formen, die den Einstieg einfacher machen, auch kann man quasi als Nichtspieler*incharakter, (abgekürzt NSC) auf Cons fahren, aber grundsätzlich sind die Hürden für Neueinsteiger*innen nicht gerade niedrig.

Ich war längere Zeit Admin in einigen Gruppen bei Facebook, darunter auch Hobbygruppen zu LARP und Steampunk. Immer wieder fragen dort Neueinsteigerinnen nach Tipps für den Anfang. Dahinter steckt natürlich zum einen Neugier, zum anderen aber vielleicht auch die Angst, etwas falsch zu machen, anzuecken, weil man das Hobby nicht „richtig” betreibt.

Aber wer bestimmt das denn bitte schön? In den Social Media bestimmen es die Gatekeeper, die am lautesten sind. Oder zumindest versuchen sie es, indem sie Neulinge mitunter solange in Diskussionen zutexten, bis diese mit dem metaphorischen Rücken zur Wand stehen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Interessierte sich enttäuscht aus einem Hobby zurückgezogen haben, weil sie an solche Gatekeeper geraten sind.

Deshalb möchte ich gern zu folgendem aufrufen:
Auch wenn du ein Hobby schon seit Annodazumal betreibst, überlege dir bitte gut, ob du Neulingen wirklich ungebetene Ratschläge geben möchtest. Erinnere dich bitte einmal daran, wie du selbst in das Hobby oder Fandom eingestiegen bist.

Frag Einsteigerinnen bitte erst mal, ob sie deinen Rat hören möchten, oder nicht. Und wenn nicht, das akzeptiere das bitte. Vielleicht haben sie auch einfach gerade keine Zeit für eine längere Diskussion.

Akzeptiere bitte, dass Menschen Hobbies unterschiedlich betreiben, je nach ihren Möglichkeiten und ja, auch nach Lust und Laune. Das gilt auch für Fandoms.
Du musst dich ja nicht mit jeder Person beschäftigen, die zufällig dasselbe Hobby hat wie du oder die im selben Fandom ist.

Und wenn dir etwas Kritisches gegenüber anderen auf der Zunge liegt, denk bitte daran: Hobbys sind Freizeitbeschäftigungen, die Spaß und Erholung bieten sollen. Für dich und für andere.

Und wenn du trotzdem allem Kritik anbringen möchtest, dann bitte konstruktiv, so dass
die Kritisierte etwas damit anfangen kann. Damit hilfst du der Person sicher mehr, als z.B. mit einem „Dein Outfit ist sch***ße!“

Denk bitte inklusiv: Alle dürfen mitmachen. Nicht nur die mit langjährigen Erfahrungen, sondern auch diejenigen, die gerade erst anfangen. Auch diejenigen, die nur hin und wieder das Hobby betreiben. Auch diejenigen, die aufgrund von Aussehen, Körpertyp, Behinderungen nicht in die gängigen Schönheitsnormen passen. Oder um es ganz allgemein zu sagen: Auch diejenigen, die anders sind als du.

Mit Gatekeeping in Medien und der Rollenspielcommunity befasst sich auch eine Episode des Genderswapped Podcast:
https://genderswapped-podcast.podigee.io/35-episode-26

Sehenswertes Video auf YouTube: „Feedbackkultur am Arsch? Das 2. GESICHT vom LARP / Ninas LARP Guide“
https://www.youtube.com/watch?v=4pTLXc31YBY