Tipps zum Schreiben von Rezensionen

Lesezeit: ca. 5 Minuten

Ich hatte vier Jahre lang einen Buchblog und habe regelmäßig Rezensionen geschrieben. Ich schreibe auch heute noch welche, aber nicht mehr zu jedem Buch, das ich lese. Bzw. manchmal beschränke ich mich auf eine Kurzmeinung.

Natürlich kann jede Person so Rezensionen schreiben, wie sie kann und möchte. Ich nenne hier einige allgemeine Tipps, vielleicht inspiriert euch das ja.

Inhaltsangaben?
Ziemlich viele Buchblogger*innen oder andere Rezensent*innen schreiben in ihren Rezensionen nicht nur ungefähr, worum es im Buch geht, sondern zeigen den gesamten Handlungsverlauf auf, manchmal sogar bis zum Ende. Das ist aber keine gute Idee, wegen der Spoiler. Die heißen so, weil sie Leser*innen, die das Buch noch nicht kennen, dieses verderben (englisch: to spoil) können. Besonders deutlich wird das im Krimi. Wird in einer Rezension verraten oder auch nur sehr stark angedeutet, wer für den Mord bzw. das Verbrechen verantwortlich ist, kann das dazu führen, dass manche Leute den Krimi gar nicht erst lesen wollen. Rezensionen sind keine Arbeiten aus dem Deutschunterricht, eine komplette Inhaltsangabe eines Buches ist hier nicht notwendig, sondern würde das Lesevergnügen für andere schmälern.

Deshalb mein Tipp: Zeigt in euren Rezensionen nicht den gesamten Handlungsverlauf und schreibt keine Spoiler. Bzw. wenn ihr sie aus bestimmten Gründen doch schreiben wollt, dann kündigt das an, z.B. mit einem „ab hier Spoiler“, kennzeichnet sie eventuell zusätzlich durch Leerzeilen oder ähnliches.

Wenn ihr ausführliche Rezensionen schreibt, könntet ihr zu den folgenden Themen etwas schreiben:

1. Wie wirken die Figuren auf euch? Sind sie euch sympathisch, sind es grummelige Anti-Held*innen, „morally grey“ oder ganz anders?

2. Der Schreibstil. Ist dieser eher schlicht? Blumig oder gar kitschig? Hochliterarisch oder poetisch?

3. Der Spannungsbogen. Baut sich die Spannung stetig auf oder hat sie mittendrin ungünstige Schwankungen?

4. Ist die Geschichte langatmig erzählt aus eurer Sicht oder auf den Punkt verdichtet? Oder liegt die Erzählweise irgendwo dazwischen?

5. Werden die Gedanken, Emotionen der Figuren, die Räumlichkeiten, Landschaften, Orte etc. anschaulich und lebendig geschildert? Konntet ihr euch gut in die Figuren hineinversetzen und mit ihnen „mitfiebern“? Oder wirkten sie auf euch eher blass oder flach?

6. Gibt es überraschende Wendungen (Plot-Twists)? Falls ja, lieber diese nicht spoilern.

7. Gibt es Figuren aus marginalisierten Gruppen, z.B. queer, BI_PoC, neurodivergent, behindert oder andere?

8. Was für eine Stimmung herrscht im Buch vor? Zum Beispiel mysteriös, heiter, melancholisch, traurig … Oder wechseln die Stimmungen häufig?

Natürlich könntet ihr euch auch einzelne dieser Themen heraussuchen, ihr müsst nicht zu jedem etwas schreiben.

Weitere Themen
In mehreren Genres gibt es noch spezielle Themen, über die man sich in Rezensionen Gedanken machen kann. Hier eine kleine Auswahl, die natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Phantastik: Wie wirkt der Weltenbau auf euch? Ist er sehr detailliert oder eher oberflächlich? Ist er in sich logisch und stimmig? Das muss übrigens nicht unbedingt heißen, dass alles darin nach Maßstäben gängiger Naturwissenschaften funktionieren muss. Der Weltenbau sollte aber innerhalb der geschilderten Welt Sinn ergeben.

Romance (auch Romantasy): Gibt es im Buch typische Tropes aus dem Romance-Bereich, z.B. „Enemies to Lovers“? Findet ihr die Figuren auf irgendeine Weise liebenswert, bzw. konnte ihr deren romantische/sexuelle/sinnliche Empfindungen füreinander nachempfinden?

Krimis/Thriller: War es euch möglich, mitzurätseln, wer für das oder die Verbrechen verantwortlich war?

Horror: Konntet ihr euch bei der Lektüre schön gruseln? Hattet ihr nachts Albträume mit einem Bezug zum Buch? Oder eine andere Reaktion auf das Buch?

Manche Bücher sind so spannend oder „fesselnd“, dass man sie kaum aus der Hand legen kann. Falls ihr solche Bücher gelesen habt, könnt ihr das natürlich auch in den Rezensionen erwähnen. Oder auch umgekehrt – habt ihr ein aus eurer Sicht sehr langatmiges, langweiliges Buch gelesen? Vielleicht könnt ihr auch benennen, woran es lag?

Über den Begriff „man“

Manche Rezensent*innen verstecken sich gern hinter einem vagen „man“, z.B. in Sätzen wie: „man wird sofort in die Handlung hineingezogen“, „man kann sich nicht gut in die Figuren hineinversetzen“ oder auch Sätze wie: „als Leser*in kann man die Motivation des Protagonisten oft nicht nachvollziehen“.

Macht das besser nicht so. In eurer Rezension geht es nicht um fremde Leute, nicht um andere Leser*innen und deren Bewertungen, es geht um euren ganz persönlichen Eindruck von einem Buch. Schreibt also z.B. „ich fühlte mich sofort in die Handlung hineingezogen“ oder „als Leser*in konnte ich nicht so richtig mit den Figuren mitfiebern und zwar weil …“ oder ähnliches.

Formulierungen wie „ich persönlich finde, dass …“ zeigen auch an, dass es um eure persönliche Meinung geht, nicht um eine allgemein gültige Wahrheit über ein Buch. Denn letztendlich nimmt jede*r Leser*in ein Buch anders wahr, es gibt also nicht eine einzige Meinung, die alles umfasst, was sich zu einem Buch sagen lässt.

Ich hoffe, diese Tipps helfen euch ein bisschen weiter. Viel Spaß beim Lesen und Rezensieren.

Von Trollen, die Rezensionen oder Sterne vergeben – oder warum ehrliche Rezensionen so wichtig sind

Sicherlich habt ihr schon das eine oder andere Mal Aufrufe von Autor*innen gelesen, doch bitte Rezensionen zu schreiben, wenn ihr ein Buch gelesen habt. Das ist unter anderem möglich auf Amazon und auch bei anderen online Shops, wie z.B. Thalia, in Buchportalen wie Lovelybooks und Goodreads, in Bücherforen und natürlich auch im eigenen (Buch-)Blog. Warum sind Rezensionen so wichtig? Kurz gesagt: Auf Amazon werden Bücher mit vielen Rezensionen und Bewertungen häufiger angezeigt, ihr Ranking steigt, zumindest bei einer guten Durchschnittsbewertung. Und natürlich sind Rezensionen auch in anderen Portalen eine gute Orientierungshilfe für andere Lesende.

Auf Amazon und Goodreads kann man auch einfach nur Sterne-Bewertungen abgeben, ohne eine Rezension zu verfassen. Das ist natürlich sehr leserfreundlich, bietet aber leider auch das Potential für Missbrauch. Zur Vergabe einer Stern-Bewertung muss man das betreffende Buch nämlich gar nicht gelesen haben, außerdem kann man das anonym machen (auf Amazon) und ich fürchte, dass einige Leute dies ausnutzen. Ich habe mittlerweile schon mehrfach von Autor*innen gehört, dass sie häufig 1-Sterne-Bewertungen erhalten, ohne eine entsprechende Rezension. Da liegt der Verdacht nah, dass einige Leute gezielt schlechte Bewertungen verteilen, um bestimmten Autor*innen zu schaden. Besonders stark ist dieser Verdacht, wenn solche Bewertungen schon wenige Stunden oder Tage nach dem Erscheinen eines Buches auftauchen. Gerade habe ich wieder von solch einem Fall gehört.

Dem gegenüber stehen dann aber meistens im Laufe der Zeit deutlich bessere Bewertungen. Und genau das ist wichtig, um solche negativen Bewertungen, die nur aus Sternen bestehen und möglicherweise von Trollen vergeben wurden, auszugleichen: ehrliche Rezensionen, die tatsächlich auf das betreffende Buch eingehen. Das muss kein langer Text sein, einige Zeilen würden schon reichen. Denn ansonsten entsteht unter Umständen ein völlig falscher verzerrter Eindruck von einem Buch, weil es von Trollen bewertet worden ist, die es möglicherweise gar nicht gelesen haben.

Ein ähnliches Phänomen gab es übrigens eine Zeitlang im Film-Bereich. So erhielt der Film „Captain Marvel“ beispielsweise schon vor seiner Premiere haufenweise negative Bewertungen, was natürlich keinen Sinn ergab, da die entsprechenden Leute, den Film noch gar nicht gesehen hatten. (1) Einige Portale, darunter z.B. die IMDB (International Movie Data Base), haben mittlerweile ihre Bewertungssysteme so angepasst, dass man Filme und Serien erst nach dem Erscheinen bewerten kann.

Überlassen wir also den Trollen nicht das Feld, denn deren Beurteilungen würden wie gesagt die Bewertungen verzerren. Dazu ein Zitat aus dem 2019 erschienenen Artikel „Was sind Sterne-Bewertungen bei Büchern heute wert?“ von Stephanie Vonwiller: „Laut dem Institut für Demoskopie Allensbach (AWA) geben nur zehn Prozent der Internetnutzer ihre Meinung ab. Tendenz seit Jahren gleichbleibend. Diese werden von der Branche »Meinungsführer« genannt. Dagegen orientieren sich vor dem Kauf tendenziell immer mehr Menschen an den Bewertungen.“ (2)

Deshalb auch von mir der Aufruf: Wenn ihr Autor*innen unterstützen möchtet, sodass ihre Bücher auf Amazon und Co. mehr Reichweite oder ein besseres Ranking erhalten, schreibt bitte eine ehrliche Rezension. Oder wenn euch das aus Zeitmangel oder anderen Gründen nicht möglich ist, vergebt eine Sterne-Bewertung.

Fußnoten
(1) siehe z.B. diesen Artikel:
https://www.spiegel.de/netzwelt/web/imdb-metacritic-rotten-tomatoes-wie-filmbewertungsportale-funktionieren-a-1301967.html

(2) https://ruprechtfrieling.de/was-sind-sterne-bewertungen-wert/