Ein paar Gedanken über Kunst und Politik

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Manchmal frage ich mich, warum bin ich eigentlich in der Unterhaltungsbranche? Warum mache ich nicht was Sinnvolleres? Angesichts der vielen Krisen? Klimakrise. Regierungskrise. Kriege und noch so vieles mehr, das ich täglich im Doomscrolling sehe. Und das hat mich ins Grübeln gebracht. Es heißt ja immer, man soll sich engagieren. Aber ich persönlich habe aus gesundheitlichen Gründen nicht die Löffel dafür, zu demonstrieren, in eine Partei einzutreten, ein Ehrenamt zu bestreiten oder oder oder. Seit der Pandemie meide ich auch jegliche Großveranstaltung und schlage 365 Tage im Jahr mit FFP2-Maske überall in Innenräumen auf. So ist das Leben als Risikopatientin.

Stattdessen mache ich das, was manchmal abfällig als Sessel-Aktivismus (englisch: armchair activism) bezeichnet wird. Ich unterschreibe fast täglich Petitionen oder Appelle und teile diese oft. Für den Umweltschutz. Fürs Klima. Gegen die AfD. Und noch vieles mehr, auch hier, bei den Petitionen für den Bundestag:
https://epetitionen.bundestag.de/epet/startseite.html
Ich schreibe gelegentlich Abgeordnete an, bei https://www.abgeordnetenwatch.de/

Was die Literatur betrifft … Menschen haben sich schon immer Geschichten erzählt. Der Schauspieler Alan Rickman hat einmal gesagt: „Es ist ein menschliches Bedürfnis, Geschichten erzählt zu bekommen. Je mehr wir von Idioten regiert werden und keine Kontrolle über unser Schicksal haben, desto mehr müssen wir uns Geschichten darüber erzählen, wer wir sind, warum wir sind, woher wir kommen, und was möglich sein könnte.“

Wir brauchen Geschichten. Über uns selbst. Über andere. Über die menschliche Existenz. Geschichten erzählen, das ist wie so vieles andere politisch, denn es bildet ein Spiegelbild unserer Gesellschaft ab, sogar in der Phantastik (1). Bzw. viele Geschichten halten unserer Gesellschaft einen kritischen Spiegel vor.

Und wir brauchen auch all die anderen Kunstrichtungen. Kunst ist etwas, dass das Leben reflektiert. Für viele Menschen ist Kunst auch etwas, womit ihr Leben erträglicher wird. Deshalb schreibe ich mittlerweile größtenteils Wohlfühl-Eskapismus – wholesome und cozy. Zur Entspannung und zum Abschalten vom Alltag. Denn die Realität ist hart genug.

Aber natürlich gibt es auch ganz andere Belletristik, die den Finger in die Wunde legt und zeigt, wo es weh tut. Die auf schmerzhafte Weise aufzeigt, was alles schief läuft in unserer Welt. Oder wie Kafka es ausgedrückt hat: „„Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“

Aus meiner Sicht ist beides wichtig: Kunst zum Entspannen und Kunst, die aufrüttelt.

In der Maslowschen Bedürfnispyramide steht Kunst vielleicht nicht unten an der Basis bei den Grundbedürfnissen, aber sie ist auf jeden Fall ein wichtiger Teil der Kultur. Sie ist mit Sicherheit bei den Individualbedürfnissen zu finden und kann der Selbstverwirklichung dienen.

T. Thorn Coyle hat einen lesenswerten Essay geschrieben: „Flinging Joy in the Face of Oppression: On Fighting Tyranny at Every Turn“. Darin heißt es am Ende: „To fight tyranny is, to quote Emma Goldman, to insist upon “freedom, the right to self-expression, everybody’s right to beautiful, radiant things.““ – Übersetzung: „Die Tyrannei zu bekämpfen bedeutet, um Emma Goldman zu zitieren, auf Folgendes zu bestehen: Freiheit, das Recht auf Selbstausdruck, das Recht einer jeden Person auf wundervolle, strahlende Dinge.“(2)

In diesem Sinne: Auch in schweren Zeiten haben wir nicht nur das Recht auf Leben und Freiheit, sondern auch auf Kunst. Wir haben ein Recht auf wundervolle, strahlende Dinge. Macht bitte weiter mit eurer Kunst. Wir brauchen sie. Sonst haben wir irgendwann nur noch KI-generierte, seelenlose „Kunst“ (3), die nicht von Menschen, sondern Maschinen erschaffen wurde.

Fußnoten
(1) siehe z.B. diesen Blogbeitrag von Elea Brandt: „Fantastisch politisch“
https://eleabrandt.de/2019/05/06/fantastisch-unpolitisch/

(2) Den gesamten Essay gibt es hier:
https://www.thorncoyle.com/post/flinging-joy-in-the-face-of-oppression

(3) Lesenswert über KI „Kunst“ sind beispielsweise diese beiden Aritkel von Lena Richter:
„Das Problemwort mit K – Auswirkungen generativer KI auf Buchmarkt und Kreativbranche“
Teil 1
https://www.tor-online.de/magazin/science-fiction/das-problemwort-mit-k-auswirkungen-generativer-ki-auf-buchmarkt-und
Teil 2
https://www.tor-online.de/magazin/science-fiction/das-problemwort-mit-k-auswirkungen-generativer-ki-auf-buchmarkt-und-0

Das, was wir lieben und das, was wir fürchten…

Abbildungen: Pixabay

Neulich habe ich mir mal Gedanken darüber gemacht, warum Menschen eigentlich Geschichten lieben, und oft ganz bestimmte Arten von Geschichten. Nach einiger Überlegung ist mir dann aufgefallen, dass im Grunde fast alle Geschichten, wenn man es stark herunterbricht, in eine von zwei Kategorien fallen – die einen erzählen in erster Linie von all dem, nach dem wir uns sehnen oder was wir lieben, die anderen erzählen vor allem davon, was wir fürchten.
Sehnsucht und Liebe spielt natürlich eine Große Rolle bei Liebesromanen aller Art, aber auch bei Familiengeschichten sowie Kinder- und Jugendbüchern.
Furcht wiederum ist ein zentrales Element im Krimi, Thriller und im Horror-Genre. Außerdem gibt es dann noch jene Geschichten, in denen sich diese beiden so unterschiedlichen Gefühlswelten mischen, z.B. im Dark Romance Genre, im Romantic Thriller, in Genre-Crossovern oder auch im Gothic Horror, der meistens sowohl Gruselelemente als auch romantische Tendenzen enthält. Gerade in letzter Zeit werden Antiheld*innen immer beliebter und solche Geschichten bieten dem Leser oft ein Auf und Ab an ganz unterschiedlichen Emotionen.

Auch die Phantastik lässt sich im Grunde in diese beiden Kategorien einteilen – da gibt es die teilweise romantisch verklärte Fantasy, die oft an eine vergangene Epoche angelehnt ist und auf der anderen Seite zum Beispiel eher düstere Dark Fantasy, die häufig ebenfalls historische Vorbilder hat. Auch Science-Fiction ist oft entweder utopisch-optimistisch, oder aber eher dystopisch. Historische Romane orientieren sich nicht selten nostalgisch, z.B. historische Liebesromane, oder aber sie beschreiben ein eher düsteres Setting.

Natürlich heißt das alles nicht, dass nicht auch andere Gefühle in unterschiedlichen Geschichten angesprochen werden. Und auch der Verstand will ja unterhalten werden. So bieten gerade Krimis und Thriller oft jede Menge Rätsel und Möglichkeiten für den Leser, selbst im Geiste mit zu ermitteln. Aber wie gesagt, wenn man es stark herunterbricht, passen eigentlich alle so gut wie die meisten Geschichten in eine der beiden genannten Kategorien.

Ich selbst schreibe sowohl gern das eine als auch das andere, weil dies mehr Abwechslung bringt, oder ich schreibe Genremischungen, in denen beides vorkommt, z.B. die Buchreihe „Berlingtons Geisterjäger“.