Zunächst möchte ich vorwegschicken, ich bin eine sogenannte »Scanner Personality«. Das sind Menschen, die viele unterschiedliche Interessen haben, mit denen sie mitunter täglich jonglieren. Und so geht es mir auch mit den Büchern, die ich lese und schreibe. Ich liebe die Abwechslung und unterschiedliche Themen in der Literatur. Ich habe bisher folgendes geschrieben: viktorianische Cosy Krimis, Phantastik und Romance (letzteres meistens queer).
Krimis Hier kann man Rätsel entwickeln, Hinweise und Beweismittel streuen und in der Handlung »verstecken«, aber auch »rote Heringe« (falsche Spuren, die ins Nichts führen). Das finde ich reizvoll. Es ist aus meiner Sicht zugleich eines der anspruchvollsten Genres. Ich mag besonders die Cosy-Krimi-Variante, in der Laien anstatt Profi-Ermittler*innen auf eigene Faust ermitteln. Berühmte Beispiele sind Agatha Christies smarte Miss Marple und die Krimiautorin Jessica Fletcher aus »Mord ist ihr Hobby«. Der Begriff »Cosy Krimi« ist im deutschsprachigen Raum leider immer noch kaum bekannt. Manche nennen das auch gern Kuschelkrimis. In vielen Regional-Krimis werden ebenfalls Laienermittler*innen aktiv. Meine dreiteilige Reihe um das viktorianische Ehepaar Fox, erschienen im Dryas Verlag und »Die mysteriösen Fälle der Miss Murray« sind alles Cosy Krimis, bei letzterer gibt es auch mehrere queere Figuren und die Hauptfigur ist eine lesbische trans Frau.
Phantastik
Ich liebe Phantastik seit meiner Jugendzeit – als Kind Märchen und später dann Fantasy aller Art. Ich liebe diese Möglichkeiten ganze Welten zu erschaffen oder z.B. Magie und Fantasykreaturen in die Handlung einzuflechten. Hier habe ich mich in mehreren Subgenres versucht: Steampunk, High Fantasy, Queer Romance Fantasy und viktorianische Urban Fantasy. 2023 erscheint außerdem der erste Teil einer Reihe über moderne, realistisch dargestellte Hexen in Hamburg. Das wird eine Mischung aus Cosy Mystery, magischem Realismus und Urban Fantasy.
Romance Liebe und Romantik sind für mich durchweg positive und hoffnungsvolle Themen, vielleicht weil ich selbst seit vielen Jahren in einer stabilen Beziehung lebe. Ich neige mittlerweile dazu, Wohlfühlbücher zu schreiben, mit wenig Beziehungsdrama zwischen den Hauptfiguren, was auch wiederum meinen eigenen Erfahrungen entspricht. Bzw. die Konflikte kommen eher von außen als innerhalb der Beziehung, oder es gibt innere Konflikte, wie in »Die Rolle seines Lebens« und »An seiner Seite«, mit einem Protagonisten, der an Depressionen leidet. Fast alle meine Bücher, die Romance als Haupthema haben, sind queer, bis auf den Liebesroman »Orangen und Schokolade«. Dieser handelt von einer dicken Protagonistin und es geht unter anderem um Body Positivity. Hier die Contemporary Queer Romance (im Bild oben fehlt „Regency Park“) und historische Queer Romance.
Aktuell arbeite ich übrigens an einem Manuskript in einem für mich neuen Genre: eine Gothic Novel (Schauerliteratur). Ich habe eine große Schwäche für Geistergeschichten und die viktorianische Epoche in England, deshalb wollte ich so etwas schon länger mal schreiben.
Warum verlieben sich Menschen ineinander? Das ist oft gar nicht einfach zu erklären. Das Genre Romance/Liebesroman hat darauf eine Vielfalt an Antworten und ich gehe später auf einige typische Tropes (Handlungsmuster) ein.
Eine Sache ist mir in Liebesromanen immer wieder aufgefallen: Alle paar Seiten schwärmt eine Figur von dem guten Aussehen ihres Love-Interests, mitunter über ganze Absätze hinweg. Manche Autor*innen machen davon so stark Gebrauch, dass es entweder wahlweise komisch wirkt oder zu ungünstigen Wiederholungen führt, die nervig sein können. Und gutes Aussehen als alleiniger Grund, sich zu verlieben? Das kann sehr oberflächlich sein, es kann Lookism (1) sein und ist aus meiner Sicht auch nicht besonders interessant, denn Schönheit an sich ist kein Charakterzug und teilweise auch sehr austauschbar. Klar, man braucht Attraktivität oder gutes Aussehen nicht vollständig ausblenden, aber es immer wieder (und dann vielleicht noch mit Wiederholungen) zu betonen, wird viele Lesende wohl auf Dauer eher langweilen.
Aber was kann es stattdessen beziehungsweise noch zusätzlich an Motiven geben, dass sich eine Figur in eine andere verliebt? Hier ein paar Anregungen.
Gemeinsame Interessen Die Figuren haben ein gemeinsames Interesse oder ein Hobby, das sie einander näherbringt und ihnen viel Gesprächsstoff bzw. gemeine Erlebnisse bietet. Vielleicht stehen sie dabei auch in Konkurrenz zueinander (z.B. in gegnerischen Sportmannschaften), nähern sich aber letztendlich doch an.
Gemeinsame Probleme Einige Beispiele: Die Figuren sind Kolleg*innen, doch es gibt Probleme an ihrem Arbeitsplatz. Vielleicht schreibt ihr Unternehmen/ihr Geschäft etc. rote Zahlen und sie müssen um ihre Arbeitsplätze bangen. Oder sie haben gemeinsame Bekannte, die Probleme mit sich bringen und tun sich zusammen, um sich der Probleme anzunehmen.
Typische Tropes
Liebesdreieck Ein sehr beliebtes, oft verwendetes Trope, das allerdings in den allermeisten Fällen auf folgendes Szenario hinausläuft: Eine Figur muss sich zwischen zwei Love Interests entscheiden. Hinzu kommt jede Menge Eifersucht auf die dritte, unerwünschte Figur. Anregung, um die Klischees dieses Tropes zu durchbrechen: Die Figuren könnten zumindest über eine offene Beziehung oder Polyamorie nachdenken. Selbst wenn sie sich letztendlich dagegen entscheiden, weil es ihnen persönlich nicht liegt, wird damit aufgezeigt, dass es auch noch andere Beziehungsformen gibt.
Friends to Lovers Beispiele: Sie sind schon seit Jahren Nachbar*innen. Sie kennen sich schon seit dem Kindergarten. Sie arbeiten zusammen und haben sich angefreundet. Sie sind Freizeitpartner*innen. Und ganz plötzlich (oder auch nicht so plötzlich) gibt es ein Ereignis, das alles verändert, und sie zusammenbringt. Für demisexuelleFiguren ist dieses Trope wie gemacht. Ein sehr passender Song zu „Friends to Lovers“ ist übrigens »1000 und 1 Nacht« von Klaus Lage: https://www.youtube.com/watch?v=oNWe7rG9S8w
Stuck Together Beispiele: Sie kennen sich kaum und stecken fest in einer eingeschneiten Hütte. Draußen tobt ein Gewitter und der Strom ist ausgefallen. Sie sind nach einem Schiffbruch oder einem Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel gestrandet. Figur A hat einen Anhalter mitgenommen, aber das Auto hat mitten im Nirgendwo eine Panne. Oder ähnliche Szenarien, bei denen die Figuren an einem Ort festsitzen, von dem sie zumindest vorübergehend nicht fort können. Nun müssen sie sich zusammenraufen. Und kommen einander näher, durch die gemeinsam erlebten Strapazen. Eine sehr actiongeladende Version dieses Handlungsmusters gibt es im Film „Speed“ (von 1994), in dem die Charaktere von Keanu Reeves und Sandra Bullock in einem Bus festsitzen, der droht, durch eine Bombe zu explodieren. „Stuck Together“ könnte man übrigens auch mit »Enemies to Lovers« verbinden, und damit unter Umständen noch mehr Spannung zu erzielen, siehe den nächsten Abschnitt:
Enemies to Lovers Mit diesem Trope, das sehr beliebt ist, tue ich mich persönlich schwer, denn ich frage mich oft, wie realistisch ist die Entwicklung Feindschaft zu Liebe? Aber vermutlich ist hier »Gegensätze ziehen sich an« gerade das, was dieses Trope für viele so reizvoll macht. Anregung: Wenn du dieses Trope schreiben möchtest, überlege dir am besten, bei aller Feindschaft der Figuren, auch einige Gemeinsamheiten, die sie letztendlich dazu bringen könnten, ihre Feindschaft zu überwinden. Ein berühmtes Beispiel für dieses Handlungsmuster ist „Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen – die beiden Hauptfiguren können sich zunächst überhaupt nicht ausstehen, aber dann kommt alles anders, als sie erwartet haben …
Verbotene Liebe Das vielleicht berühmteste Beispiel für dieses Trope ist Shakespeares »Romeo und Julia« – die Hauptfiguren stammen aus verfeindeten Familien, von daher steht ihre Liebe unter einem schlechten Stern. Andere Geschichten mit diesem Trope behandeln z.B. Tabuthemen wie Inzest, teilweise verstärkt durch den Twist, dass die verwandten Figuren nicht wissen, dass sie verwandt sind (z.B. die Zwillinge Luke und Leia aus »Star Wars«). Oder es gibt ein starkes Machtgefälle in der Beziehung (z.B. ein Uniprofessor und seine Studentin, eine Herrin und ihre Sklavin, ein Vorgesetzter und sein Mitarbeiter…) Ich persönlich schreibe nicht über solche Tabuthemen und kann hier auch keine Ratschläge erteilen. Wovon ich aber immer dringend abraten würde, sind Geschichten, die von einer Liebesbeziehung zwischen einer minderjährigen und einer erwachsenen Person erzählen. Das ist niemals eine Romanze, sondern Missbrauch.
Die zweite Chance Beispiele: Eine Figur hatte Pech in der Liebe. Sie hat eine Scheidung hinter sich. Sie ist verwitwet oder hat andere Schicksalsschläge in Bezug auf Beziehungen erlebt. Vielleicht hat sie auch erst mal die Nase voll von Beziehungen. Nun lernt sie aber eine interessante Person kennen und bekommt eine zweite Chance auf die große Liebe. Dieses Trope eignet sich gut für Figuren, die schon etwas älter sind, aber auch jüngere Figuren könnten entsprechendes erleben.
Seelenverwandte Die Figuren sind füreinander bestimmt, fühlen sich meistens auf Anhieb zueinander hingezogen (siehe auch »Liebe auf den ersten Blick«). Vielleicht wird das Ganze auch mystisch überhöht, oder sie haben das Gefühl, sich schon ewig und drei Tage zu kennen. Wie in den meisten Liebesgeschichten müssen aber auch diese Figuren so manches Hindernis überwinden, um letztendlich zusammenzukommen. Dieses Trope hat den Nachteil, dass die entsprechende Geschichte unter Umständen sehr kitschig werden kann, hier ist also Vorsicht geboten.
Vorgetäuschte Beziehung Aus Gründen beschließen zwei Figuren, eine gemeinsame Beziehung gegenüber ihren Familien, Freundeskreis oder auch Kolleg*innen vorzutäuschen. Sie sind weit davon entfernt, verliebt zu sein (auch hier könnte man wieder »Enemies to Lovers« hinzunehmen, oder aber »Friends to Lovers«). Aber im Laufe der Handlung stellen sie fest, dass sie sich zueinander hingezogen fühlen. Vielleicht fliegt später auf, dass sie die Beziehung zunächst nur vorgetäuscht haben, oder auch nicht. Mehrere romantische Komödien basieren auf diesen Trope und auch die Tragikomödie»Green Card – Schein-Ehe mit Hindernissen« (von 1990).
Liebe auf den ersten Blick Bei diesem Trope denke ich heute oft, das ist eigentlich ein einfacher, etwas billiger Trick aus der Autoren-Werkzeugkiste, um möglichst schnell Herzklopfen und Schmetterlinge im Bauch in die Geschichte zu bringen. Ich habe dieses Trope aber auch schon mal verwendet. Mittlerweile bin ich damit vorsichtiger, weil es nur bedingt realistisch ist, dass sich zwei Leute auf Anhieb ineinander verlieben. Das Gegenstück dazu nennt sich im englischen »Slow Burn«, (»langsames Brennen«), also wenn die Figuren sich erst nach und nach ineinander verlieben. „Liebe auf den ersten Blick“ funktioniert übrigens nicht bei demisexuellen Figuren, hier passt „Slow Burn“ besser.
Hurt/Comfort Eine Figur ist verletzt oder krank, die andere kümmert sich fürsorglich um diese. Das kann der Auftakt zu einer Beziehung werden, weil sich die beiden näherkommen, oder aber stattfinden, während die Beziehung bereits besteht.
Fazit: Es gibt eine ganze Reihe an Tropes in der Romance, ich habe hier nur einige der bekanntesten beschrieben, die mögliche Wege aufzeigen, wie Figuren zueinander finden. Teilweise kann man auch verschiedene Tropes gut miteinander verknüpfen, um die Handlung interessanter zu gestalten. Es kann spannend sein, bekannte Tropes auf den Kopf zu stellen, sie ganz anders zu präsentieren und in jedem Fall würde ich davon abraten, zu tief in die Klischeekiste zu greifen.
Fußnote (1) Ein Zitat zu Lookism: „Lookism ist die Annahme, dass das Aussehen ein Indikator für den Wert einer Person ist. Sie bezieht sich auf die gesellschaftliche Konstruktion einer Schönheits- oder Attraktivitätsnorm und die Unterdrückung durch Stereotype und Verallgemeinerungen über Menschen, die diesen Normen entsprechen und über diejenigen, die ihnen nicht entsprechen.“ Quelle des Zitats: https://de.wikipedia.org/wiki/Lookism#cite_note-2
Weitere Blogbeiträge von mir zum Thema Liebesbeziehungen in der Literatur
Ich starte ein kleines Crowdfunding in eigener Sache, um meine Teilnahme an der Buchmesse BuchBerlin im November 2019 zu finanzieren.Ihr könnt mich kostenlos unterstützen, indem ihr auf „Fan werden“ klickt (dazu ist eine Registrierung bei Startnext erforderlich). Wer in Erwägung zieht, demnächst ein Taschenbuch oder ein E-Book von mir zu kaufen, den bitte ich, dies über das Crowdfunding zu tun. Bei entsprechender Verfügbarkeit ist eine Lieferung auch schon früher möglich als im angegebenen Zeitraum. Ihr habt auch die Möglichkeit, meine drei neuen Bücher dort auszuwählen („Vanfarin – Von Untoten und Totems“, „An seiner Seite“ und „Die mysteriösen Fälle der Miss Murray: Mörderische Ostern“)
Ihr könnt mich kostenlos unterstützen, indem ihr auf „Fan werden“ klickt (dazu ist eine Registrierung bei Startnext erforderlich). Wer in Erwägung zieht, demnächst ein Taschenbuch oder ein E-Book von mir zu kaufen, den bitte ich, dies über das Crowdfunding zu tun. Bei entsprechender Verfügbarkeit ist eine Lieferung auch schon früher möglich als im angegebenen Zeitraum. Ihr habt auch die Möglichkeit, meine drei neuen Bücher dort auszuwählen („Vanfarin – Von Untoten und Totems“, „An seiner Seite“ und „Die mysteriösen Fälle der Miss Murray: Mörderische Ostern“)
Romanzen folgen fast immer einem bewährten Muster. Zwei lernen sich kennen, mögen sich anfangs nicht oder aber schon, doch es stehen ihnen verschiedene Probleme im Weg, die erst beseitigt werden müssen, bis das Happy End eingeläutet werden kann. Gelegentlich – aber nicht immer – endet es mit einer Hochzeit.
Und hier sind einige typische Turbulenzen, die man in manchen Romanzen findet:
(Ich mische hier übrigens bunt Hetero- und queere Paare.)
Eine Frau zwischen zwei Männern – ihr Exfreund will sie unbedingt zurückerobern.
Sie können einander nicht leiden. Oder sind Konkurrenten um etwas. Wenn da nur nicht diese unerklärliche Anziehungskraft zwischen ihnen wäre…
Er lernt gleichzeitig zwei faszinierende Männer kennen. Für welchen der beiden soll er sich nur entscheiden? (In polyamoren Settings fällt diese Entscheidung eventuell weg, aber auch der Weg dahin ist möglicherweise lang.)
Sie ist noch jung (oder auch nicht) aber bereits Witwe und kann den Verlust ihrer besseren Hälfte nicht überwinden. Oder doch?
Er hat die Nase voll von Beziehungen und will einfach nur unverbindlichen Sex.
Er ist verliebt, aber sie hat ein Kind aus einer früheren Beziehung. Wird diese Patchwork-Familie funktionieren?
Wie aus heiterem Himmel taucht seine Ex wieder auf, für die er noch immer Gefühle hat.
Sie glaubt nicht mehr an die große Liebe, das ist doch nur was für hoffnungslose Romantiker!
Er hat (aus Gründen welcher Art auch immer) psychische Probleme und hat deshalb Angst vor Nähe oder Bindungsangst.
Aus speziellen Gründen muss sie die Stadt verlassen, aber ihre Flamme bleibt. Ob das gut geht mit einer Fernbeziehung?
Er ist bi. Sein neuer Freund geht davon, dass er sich früher oder später doch für eine Frau entscheiden wird, was für Streitigkeiten sorgt.
Sie möchte polyamor leben, er nicht. Oder doch?
Sie wurde von ihrem Mann betrogen und ließ sich scheiden. Nun hat sie Schwierigkeiten, Männern zu vertrauen, wenn es um die Liebe geht.
Beziehungstatus: Es ist kompliziert. A will mehr als B. B ist das zuviel. Oder andere Beziehungsstatuskomplikationen.
Er hat Probleme mit seiner sexuellen Orientierung. Sein Freund ist da schon weiter. Wird er sich trauen, sich zu outen?
A hat B mit C betrogen. C stellt fest, dass sie sich zu beiden hingezogen fühlt.
A hatte einen unvergesslichen One Night Stand mit B. Jahre später ist er/sie mit C zusammen, doch dann taucht B wieder auf…
Zum Schluss noch ein Klassiker:
A liebt B, doch ihre Familien sind dagegen (das gab es schon bei Shakespeare…)