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Ich bin immer noch auf Facebook und Instagram, zum Teil aus beruflichen Gründen, wegen einiger Kontakte, Informationen und spezieller Interessengruppen, für die ich (noch) keinen Ersatz finden konnte.
Aber auf meinen Autorenprofilen auf Facebook und Instagram steht die Content-Mühle seit dem 20. Januar komplett still. Keine Posts, keine Stories, keine Reels, nichts. Und das tut mir richtig gut. Ich habe nicht mehr den Drang, mich da mitzuteilen.
Ich habe mich am 26. Januar außerdem bei Facebook und Instagram ausgeloggt und die Websites auch vorübergehend mit einem Browser-Add-on blockiert. (Beides habe ich nur auf meinem PC, nicht mit Apps auf meinem Handy.)
Ich habe vorher geschrieben, wer dringend mit mir Kontakt aufnehmen will oder muss, soll mir bitte eine E-Mail schreiben.
Ich wette mit mir selbst, dass ich es schaffe, diese Pause bis Sonntag, den 2. Februar, durchzuhalten. Wenn ich es schaffe, werde ich mir einen Film gönnen, den ich unbedingt sehen möchte. Hört sich nicht nach einer großen Sache an? Für mich schon, denn ich bin seit 2015 sehr viel und fast täglich auf Facebook und seit etwa 2018 auch auf Instagram. Social-Media-Sucht ist ein Ding, zumindest in meinem Fall. Gestern habe ich mich zum Beispiel dabei ertappt, dass ich mich gefragt habe, ob mir jemand eine Nachricht auf Instagram oder Facebook geschickt hat. Oder dass ich einem Bekannten im Instagram-Messenger etwas schreiben möchte … aber es ist nicht wichtig und kann warten.
Solche Pausen möchte ich öfter machen. Und am liebsten ganz von Facebook und Instagram wegkommen. Aber das kann ich (noch) nicht, auch wegen einer beruflicher Kontakte.
Aber ich habe mir einige Gedanken gemacht, wie Facebook und Instagram mich im Laufe der Jahre beeinflusst haben.
Einige Sätze aus Janet Vertesis Blog gehen mir nicht aus dem Kopf:
„Because these systems have hijacked our friendships, our social relationships, our professional networks. And they’ve hijacked our attention and addictive centers of our brains.“ (1)
übersetzt: „Denn diese Systeme haben unsere Freundschaften entführt, unsere sozialen Beziehungen, unsere berufliche Netzwerke. Und sie haben unsere Aufmerksamkeit und die Suchtzentren unserer Gehirne entführt.“
„You feel connected to your friends but you only hang out together in someone else’s living room, who records everything you say.“ (2)
übersetzt: „Du fühlst dich deinen Freund*innen verbunden, aber ihr hängt nur zusammen in dem Wohnzimmer einer anderen Person ab, die alles aufzeichnet, was du sagst.“
Das ist ganz schön gruselig, wenn ich so darüber nachdenke. Ich kenne einige Leute, die quasi auf Facebook leben. Sie pflastern die Plattform mit ihren Fotos. Sie teilen im Minuten- oder Stundentakt lustige Bildchen oder Witze, oder kommentieren Beiträge von Nachrichtenmedien und streiten sich dann mit anderen Nutzer*innen, z.B. über Politik. Oder sie schreiben immer wieder ellenlange Beiträge über private, gesundheitliche oder sonstige Probleme, die sie vor Facebook wohl nur einem (nicht öffentlichen) Tagebuch oder ihrem engsten offline Umfeld anvertraut hätten. Sehr viele Autor*innen und andere Kreative machen Content und Werbung für ihre kreativen Werke. Andere schreiben stündlich oder mehrmals stündlich kurze Ansichten aus ihrem Alltag, oder nutzen Facebook auf andere Weise sehr häufig.
Ich muss gestehen, ich habe auch eine Weile auf Facebook gelebt. Ich war u.a. Admin in mehreren Gruppen, habe sehr viel zu meiner Autorentätigkeit geschrieben, mit Bildern und Buchwerbung und allem drum und dran … und noch mehr. Seit einer ganzen Weile mache ich das nicht mehr. Ich habe alle Admin-Posten dort aufgegeben. Ich habe fast alle Fotos gelöscht, auf denen ich zu sehen bin, bis auf einige Autorenfotos. Ich habe zwar gelegentlich in den vergangenen Monaten mit meinem Privatprofil Beiträge geschrieben, aber eher nur dann, wenn ich Rat suchte. Ich habe kaum noch durch meine Timeline gescrollt, nur nachgesehen, ob es Benachrichtigungen für mich gab.
Ich möchte nicht mehr in Zuckerbergs Wohnzimmer mit meinen Facebook-Freund*innen abhängen, von denen ein Großteil keine Freund*innen sind, sondern Bekannte, mit denen ich nicht so viel zu tun habe.
Und ich stelle fest, dass mir die aktuelle Facebook/Instagram-Pause guttut. Da ist nicht mehr dieses Gefühl, in einen Club zu gehen, in dem überall Leute an mir zerren und laut rufen:
Schau dir mein Fotoalbum an!
Lies meinen lustigen/traurigen/ratlosen Beitrag!
Rege dich mit mir über die aktuelle Politik, die Weltlage, die Klimakrise auf!
Schau dir meine Werbung an!
Guck mal hier, wie schrecklich!
Wie traurig!
Wie witzig, hihihi!
Hach, wie wunderbar!
Das macht mich so wütend, dich nicht auch?!
Außerdem schreibt Janet Vertesi:
„The entire purpose of their websites is to keep you distracted while they steal your data and sell access to your eyeballs to advertisers.“ (3)
übersetzt: „Der einzige Sinn und Zweck dieser Webseiten ist es, dich abzulenken, während sie deine Daten stehlen und Werbetreibenden den Zugang zu deinen Augen verkaufen.“
Das wissen, denke ich, mittlerweile die meisten Facebook- und Instagram-Nutzer*innen (hoffentlich). Aber ich vermute, dass sie es verdrängen. Ich habe das auch lange Zeit verdrängt, aber das möchte ich nun nicht mehr. Ich weiß noch nicht, wie es mit mir und Facebook/Instagram in den kommenden Monaten weitergeht. Ich hoffe, dass ich es schaffe, weitere längere Pausen dort zu machen. Allein schon, um mir die betreffende Sucht abzugewöhnen. Und wer weiß, vielleicht kann ich dort irgendwann ganz die Zelte abbrechen.
Fußnoten:
(1 bis 3) Quelle: https://www.optoutproject.net/social-media-1/
Weiterer Blogbeitrag von mir:
Alternativen zu den Meta-Unternehmen: Über den Aufbau von Communitys und Reichweite