Fiktiv über moderne Hexen schreiben

Foto: Elena Mozhvilo, Unsplash

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Zum ersten Band meiner Reihe »Hexen in Hamburg« gab es bisher einiges an positivem Feedback, aber auch harsche Kritik. Ich nehme das heute als Anlass, einige weitere Einblicke darin zu geben, wie ich an diese Reihe und die Hexenfiguren herangegangen bin. Eine Person schrieb in einer Rezension, selbst pagan und Hexe zu sein und ich würde mich offenbar nicht gut mit Paganismus und Hexenkunst auskennen. Nun, es ist so: Paganismus ist keine von oben herab organisierte Religion wie z.B. das Christentum, also mit fest vorgeschriebenen Regeln, Ritualen, Bräuchen etc., sondern sehr individualistisch und pluralistisch. Es gibt viele verschiedene pagane Strömungen und Traditionen, die je nach Gruppe oder allein praktizierender Person auch recht unterschiedlich gelebt werden.

Anders ausgedrückt: Mein Paganismus ist höchstwahrscheinlich nicht so wie dein Paganismus … und das ist okay.

Man kann es sich schon denken, ich kann nicht für alle paganen Menschen und Hexen sprechen, dafür ist die Angelegenheit viel zu individuell. Entsprechend leben auch die sechs Hexenfiguren in meiner Reihe ihren paganen Glauben recht unterschiedlich, sie sind keine Mitglieder in einer bestimmten Glaubensgruppe, auch nicht in einem Coven (Hexenzirkel) oder einer Hexenschule.

Ich beschäftige mich übrigens mittlerweile seit 4 Jahren intensiv mit Paganismus und Hexenkunst, davor auch schon sporadisch mehrere Jahre lang. Ich habe mittlerweile rund 50 Nonfiction-Bücher zu diesen Themen gelesen und auf meiner Wunschliste liegen noch weitere Bücher. Klar, ich bin keine Expertin und ich habe nicht 20 Jahre Erfahrung, aber das hält mich nicht davon ab, fiktiv über moderne Hexen zu schreiben. Und natürlich recherchiere ich auch weiterhin dazu. Im Nachwort von Band 1 nenne ich übrigens mehrere dieser oben erwähnten Nonfiction-Bücher und ich werde das auch in den zukünftigen Nachworten so halten.

Mir wurde in jener Rezension auch vorgeworfen, die Rituale meiner Hexenfiguren wirkten wie »generische Wicca-Rituale«. Mit Wicca kenne ich mich nicht näher aus, ich habe auch keine Initiation in eine der Wicca-Traditionen durchlaufen und keine meiner Hexenfiguren ist Wicca. Entsprechend kann ich zu Wicca ehrlich gesagt herzlich wenig sagen. Was das Generische betrifft – das ist volle Absicht. Und dazu muss ich kurz ein wenig ausholen. Es gibt die sogenannte Hexenpyramide nach dem Okkultisten Éliphas Lévi (1810 – 1875) mit vier Grundsätzen für die Magie: To Dare, To Will, To Know, To Be Silent. (Zu wagen, zu wollen, zu wissen, zu schweigen). Den vierten Grundsatz, über die eigene magische Praxis zu schweigen, bzw. nicht alles zu preiszugeben, was man so macht und glaubt, das ist etwas, das ich viel in der englischsprachigen Hexencommunity sehe. Dieses Schweigen schützt die eigene magische Praxis, auch vor Angriffen aller Art von außen (z.B auch, dass Leute sich darüber lustig machen, sie ins Lächerliche ziehen, magische Gegenstände kaputt machen, Bekehrungsversuche und noch so manches mehr). Das gilt auch für Fotos und Videos in Social Media. Deshalb zeige ich hier kein Foto, das meine persönliche Hexenkunst in den eigenen vier Wänden näher beleuchtet, sondern ein Symbolbild, das ich auf Unsplash gefunden habe.

Entsprechend breite ich in meinen »Hexen in Hamburg«-Romanen, die in erster Linie ja der Unterhaltung dienen, auch nicht meine intimsten spirituellen Erfahrungen in Sachen Hexenkunst und Magie aus, sondern gestalte die Rituale, die meine Figuren machen, wie gesagt mit voller Absicht eher generisch. Übrigens gibt es auch bei magischen Ritualen sehr viele verschiedene Strömungen, wie man diese gestalten kann, von der aufwändigen Zeremonialmagie bis hin zur eher einfachen Volksmagie und Küchenhexerei (englisch »folk magic« und »kitchen witchcraft«), die beide meistens Alltagsgegenstände und Kräuter/Pflanzen aus der eigenen Umgebung verwenden, um mal zwei Beispiele zu nennen. Interessant fand ich auch das Nonfiction-Buch »Intuitive Witchcraft« von Astrea Taylor. Es beschreibt ein magisches System, das sehr viel Wert auf die eigene Intuition für Zauber und Rituale legt, also sehr individualistisch geprägt ist.

Hinzu kommt für mich noch ein weiterer Punkt: Meine Buchreihe richtet sich nicht nur an langjährig erfahrene Hexen und Heid*innen, sondern auch an Leute, die sich mit Hexenkunst und Paganismus nicht näher auskennen. Da wäre es sehr ungünstig, beispielsweise komplizierte zeremonialmagische Praktiken zu beschreiben,die für Außenstehende nur schwer verständlich sein dürften.

Ein Ausblick: In den weiteren Bänden der Reihe wird es um andere pagane Gottheiten und Strömungen gehen als in Band 1. In Band 2, der gerade in einer Testleserunde ist, wird Dani zur Hauptfigur, während die anderen Hexen wieder als Nebenfiguren auftauchen. In Band 3 wird dann eine der anderen Figuren zur Hauptfigur und so weiter, bis jede der Hexen (alle Geschlechter sind gemeint) ihren eigenen Roman erhalten hat.