Der Buchmarkt, BookTok-Hypes und KI-generierte Bücher oder: Wo bleiben wir Autor*innen?

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Die Anregung zu diesem Blogbeitrag kam durch einen Beitrag, den Judith Vogt auf BlueSky geschrieben hat. Danke dafür und auch für den Austausch.

Seit ich vor zehn Jahren mit Buchveröffentlichungen begonnen habe, hat sich der Buchmarkt im Bereich der Unterhaltungsliteratur, wozu ich auch die Phantastik zähle, sehr verändert. (Generell finde ich die Unterscheidung in E- und U-Literatur fragwürdig, aber das ist ein anderes Thema, dieses Fass mache ich nun hier nicht auf.)

Dieser Bereich des Buchmarkt lässt sich mittlerweile sehr stark von Booktok- und anderen buchigen Social Media-Trends beeinflussen, die sich schnell verändern. Vor wenigen Jahren war Dark Academia populär, heute ist z.B. Romantasy und Dark Romance sehr gefragt, morgen vielleicht etwas ganz anderes. Aber es ist schwer vorherzusagen, welcher neue Trend als nächstes ganz an der Spitze steht, weil die Social-Media-Landschaft so pluralistisch und zersplittert ist.

In einem Beitrag auf Instagram zu meiner Aktion #DiversityDienstag habe ich geschrieben (1): In immer kürzeren Abständen werden neue Bücher auf den Markt geworfen, die dann möglichst schnell konsumiert werden. Nach dem kapitalistischen Motto: mehr, weiter, schneller, Gewinnmaximierung.

Viele Buchbloggende und andere Leser*innen beklagen schon seit längerem, dass die Qualität vieler dieser schnell auf den Markt geworfenen Bücher zu wünschen übrig lässt, selbst aus großen Verlagen. Ich sehe das vor allem im englischsprachigen Raum, aber nicht nur. Oftmals würden z.B. nur bestimmte Tropes checklistenmäßig, aber eher lieblos abgearbeitet. Tropes, die in manchen Verlagsausschreibungen mittlerweile vorgegeben werden.

Dass die Qualität leidet, ist wohl kein Wunder, wenn Autor*innen und andere, die an einer Buchveröffentlichung beteiligt sind, auch Lektor*innen, dazu angehalten werden, in erster Linie schnell zu arbeiten.

Die Flut der KI-generierten Bücher
Mehrere Selfpublishing-Autor*innen berichten, dass ihre Buchverkäufe auf Amazon stark zurückgegangen sind. Dafür mag es viele Gründe geben, und einer davon ist sicherlich die Flut an komplett KI-generierten Büchern auf Amazon, die echten Autor*innen die Sichtbarkeit nehmen. (2)

Und wo bleiben wir Autor*innen?
Autor*innen (und damit meine ich alle, die Bücher ohne KI schreiben), die jetzt im Bereich der Unterhaltungsliteratur durchstarten oder schon länger dabei sind, haben also im wesentlichen zwei Probleme: Wenn sie Selfpublishing machen möchten, müssen sie dabei gegen eine Flut KI-generierter Bücher anschreiben. Wenn sie in Verlagen veröffentlichen wollen, müssen sie damit rechnen, dass viele ihrer kreativen Ideen dort abgelehnt werden, weil sie nicht zu den aktuell gehypten Trends oder Tropes passen.

Ich zitiere noch etwas aus dem schon erwähnten Instagrambeitrag:

Autor*innen sehen sich nun zunehmend dem Druck ausgesetzt, möglichst viele Bücher pro Jahr zu schreiben, damit sie mithalten können mit dieser, ich nenne es mal Fast-Books-Produktion. Gleichzeitig können aber die meisten Autor*innen nicht vom Schreiben leben, müssen sich zwischen Brotjob und Familie oder anderen Verpflichtungen irgendwie arrangieren, damit sie weiterhin Bücher schreiben können. Ich lese hier immer wieder von Autor*innen, die psychisch oder physisch erkrankt sind (z.B. Burnout), weil sie diesem Druck auf Dauer nicht gewachsen sind.

Besonders schwer haben es marginalisierte Autor*innen, weil sie häufig noch weitere Belastungen haben (z.B. Diskriminierungserfahrungen wie täglichen Alltagsrassismus).

Hinzu kommt natürlich noch das Phänomen, dass Autor*innen diejenigen sind, die bei einer Buchveröffentlichung von allen beteiligten Personen am wenigsten verdienen, da nicht ihre Arbeitszeit bezahlt wird, sondern eine Form der Lizenz für ihr Werk.

Und was marginalisierte Autor*innen betrifft, gehe ich davon aus, dass in Zukunft weniger solche Leute veröffentlichen werden – wenn sich die Produktionsbedingungen auf dem Buchmarkt nicht strukturell wirklich verbessern. Und das zeichnet sich zurzeit leider nicht ab, soweit ich es sehen kann.

Und wie ist eigentlich das Verhältnis der vielen veröffentlichten Bücher zu tatsächlich gelesenen? In der Buchbubble sehe ich manchmal unglaubliche Zahlen, wie viele Bücher manche Buchblogger*innen jährlich lesen, teilweise über 150 Bücher.

Also habe ich eine Umfrage auf Tumblr gemacht, an der sich immerhin 373 Leute beteiligt haben. Klar, es ist keine repräsentative Umfrage, aber sie ergibt dennoch eine Tendenz. Die Mehrheit, rund ein Viertel der Beteiligten lesen jährlich nur 11 bis 25 Bücher, gefolgt von rund 21%, die bis zu 52 Bücher lesen.

All of that being said – ich denke, die Menschen, die dafür brennen, Geschichten zu erzählen, Geschichten zu schreiben, werden das auch weiterhin tun, aber vielleicht manche von ihnen auf anderen Wegen.

Geschichten zu erzählen und zu hören ist ein menschliches Grundbedürfnis, weil wir auf diese Weise unsere Welt und unsere menschliche Existenz in einem geschützten Rahmen erforschen können. Und das wird eine KI niemals verstehen, denn diese Systeme wissen nicht aus eigener Erfahrung, was es heißt, ein Mensch zu sein. Stattdessen produzieren (oder halluzinieren, wie manche es nennen) sie gewissermaßen nur aneinandergereihte Buchstaben, die nach Wahrscheinlichkeiten berechnet werden.

Was dieses menschliche Grundbedürfnis betrifft, komme ich immer wieder gern auf ein Zitat von Alan Rickman zurück:
„It’s a human need to be told stories. The more we’re governed by idiots and have no control over our destinies, the more we need to tell stories to each other about who we are, why we are, where we come from, and what might be possible.“

Übersetzung: „Es ist ein menschliches Bedürfnis, Geschichten erzählt zu bekommen. Je mehr wir von Idioten regiert werden und keine Kontrolle über unser Schicksal haben, desto mehr müssen wir uns Geschichten darüber erzählen, wer wir sind, warum wir sind, woher wir kommen, und was möglich sein könnte.“

Was mich betrifft, ich ziehe mich aus mehreren Gründen aus dem Schreiben mit Gewinnabsicht ca. 2027 zurück und werde dann „nur“ noch hobbymäßig schreiben, z.B. Fanfictions (die schreibe ich auch jetzt schon immer mal zwischendurch). Ich würde eigentlich liebend gern weiter als Autor*in mit Veröffentlichungen tätig sein. Ich hatte mal gehofft, das bis ins hohe Alter tun zu können. Aber der hohe Aufwand rund um eine Veröffentlichung lohnt sich für mich schlichtweg nicht mehr, wenn ich mir meine Buchverkäufe ansehe. Außerdem finde ich das hobbymäßige Schreiben, z.B. von Fanfictions, im Vergleich zu den Buchveröffentlichungen wunderbar entspannt.

Fußnoten
(1) Instagram-Beitrag: „Farbschnitte und was das mit Kapitalismus und Produktionsbedingungen zu tun hat“ https://www.instagram.com/p/DPyred4jq_V/
(2) siehe z.B. „Wie KI-Bücher Amazon KDP überfluten und den Buchmarkt verändern“ von Patrick Meier https://buchmarkt.de/patrick-meier-amazon-ki/

Deutschsprachige Phantastik ohne Romance und Spice, von FLINTA* Autor*innen

Romantasy ist überall, aber was ist eigentlich mit deutschsprachiger Phantastik ohne Romance und Spice? Oder nur mit ganz wenig Romance, in Nebenhandlungen? Darum ging es kürzlich auf Bookstagram. Ich tauschte mich mit einigen Leuten aus, fragte nach Empfehlungen, aber nicht für die „üblichen Verdächtigen“ – sehr erfolgreiche cis-männliche Autoren. Stattdessen fragte ich nach FLINTA* Autor*innen, die entsprechende Bücher veröffentlicht haben.
Ich habe in diesem Beitrag rund 30 Bücher und Buchreihen ganz ohne Spice und Romance gesammelt, sowie einige, die einen geringen Romance- oder Spice-Anteil haben (als Nebenhandlung, Subplot).
Bitte beachten: Bis auf einige habe ich nicht alle diese Bücher selbst gelesen. Schaut sie euch näher an, wenn ihr mögt, bildet euch gern selbst eine Meinung darüber.
Ich habe nicht alle Buchcover herausgesucht, sondern eine zufällige Auswahl getroffen, die keine Wertung darstellt. Die Webseiten oder Instagram-Profile der Autor*innen sind ebenfalls verlinkt, sofern es mir möglich war.

Patricia Eckermann: „Elektro Krause“ (Urban Fantasy)

Roxane Bicker: In den Buchreihen „Herren des Schakals“ und „Gezeitenwechsel“ gibt es queere romantische Subplots, aber keinerlei Spice.

Iva Moor: „Die Alchemie des Träumens“ (Dark Fantasy) und „Liminal Creatures“ (Dark Fantasy), letzteres enthält Spice mit Succubi-Figuren, aber keine Romance.
https://ivamoor.carrd.co

Lena Richter: „Dies ist mein letztes Lied“ (Science-Fiction)

https://lenarichter.com/veroeffentlichungen-2/dies-ist-mein-letztes-lied/

Melanie Vogltanz: „Wolfswille“ (1. Band der Reihe „Weißer Wolf“) und „Road to Ombos“

Freya Peterson: “Die Mutter der Masken” von Freya Petersen
(Sci-Fi Fantasy mit sehr wenig Romance)
https://linktr.ee/petersenfreya

Saskia Dreßler: Sternenleuchten (Fantasy-Novelle)
https://saskiadressler.com/novellen/

Kathrin Tordasi: „Nightowls. Boten der Dämmerung“ (Urban Fantasy)
https://kathrintordasi.de/meine-buecher-kathrin-tordasi/

Sophie Grossalber: „Blut und Dunkelheit“ (Fantasy-Novelle)

Lumen Milites: „Remoire – Echos der Vergessenen“ (Dark und High Fantasy), ganz ohne Romance, der erste Band einer Dilogie.
https://www.alealibris.de/produkt/remoire-echos-der-vergessenen-lumen-milites/

Evelyne Aschwanden: „Die Diebe von Alderport“ (Fantasy, viktorianisch inspiriert)
https://www.evelyneaschwanden.ch/die-diebe-von-alderport

Noah Stoffers: „A Midsummer’s Nightmare“ (Urban Fantasy, Dark Academia)
mit einem Romance-Subplot, der nicht im Fokus steht.
https://wonderl.ink/@noahstoffers

Tessa Maelle: „Der Riss im Traumnetz“ (High Fantasy)
https://www.instagram.com/tessa.maelle

C. I. Ryze (Christine Ina Ryze): „Spirits of Violence“ (Science Fiction Fantasy, Einzelband) „Splitter der Unendlichkeit“ (Fantasy mit Drachen, Trilogie)
https://www.ciryze.de/buecher

Jamie Enderlein: „Schmiedefeuer“ Trilogie (High Fantasy)
https://www.jamie-enderlein.com/linktree

Desiderius M. Rainbow: Buchreihe „Mânil“ (Academy Fantasy/ Contemporary-Fantasy/ Low Fantasy)
https://desideriusrainbow.jimdofree.com


Katja Jansen: „Nach dem Reset“ (dystopische Fantasy mit SciFi Elementen) und „Schatten über Yagrolor“ (Portalfantasy), beides Einzelbände.

Dee van Lux: „Das Erbe von Elvendahl“ (Buchreihe, Dark High Fantasy)
https://www.instagram.com/deevanlux/

Nadja Fischlin: „Jawra“ (Buchreihe)
https://www.novumverlag.com/onlineshop/belletristik/science-fiction-fantasy/jawra.html

I.R. Leys: „Chroniken der Gefallenen“ (Buchreihe, Dark Fantasy)
https://wonderl.ink/@irleys

Alessandra Reß: „Spielende Götter“ (GameLit), „Die Türme von Eden“ (Space Fantasy), „Sommerlande“ (High Fantasy) und „Liminale Personae“ (Postapokalypse)
https://www.instagram.com/fragmentansichten/

Dorothee Zürcher: „Der schwarze Garten“ (Urban Fantasy)
https://www.dorothe-zürcher.ch

Myra Çakan: „Hier kommt die Flut – When The Music’s Over“ (Science Fiction)

Ria Winter: „Sonnenerben“ (Urban Fantasy, Einzelband), die Protagonistin ist aro-ace.
https://riawinter.de/sonnenerben/

Amrei Lafort: „Weitezeit“ (Fantasy, ab 12 Jahre, All Age)
https://www.instagram.com/lyrik.a.l/


Ein passendes Buch von mir: „Vanfarin – Von Untoten und Totems“ (High Fantasy, Einzelband), komplett ohne Romance und Spice.

Mini-Vorschau auf 2026
Saskia Diepold: „Und in mir die Nacht“ (erscheint im März 2026)
https://www.instagram.com/frl.chaos/

Von mir erscheint:„Hexen in Hamburg: Vergoldet“ (im Juni 2026), mit einem aromantischen Protagonisten. Keine Romance, kein Spice. Das ist Band 4 dieser Urban-Fantasy-Reihe.