Warum ich der Superheld*innen überdrüssig bin

Ich war rund zehn Jahre lang ein Fan des Marvel Cinematic Universe. Ich habe fast jeden der vielen Filme geschaut und mehrere der Serien. Hinzu kam noch ein bisschen von DC, z.B. Batman und Wonder Woman. Ich habe auch selbst mal mit dem Gedanken gespielt, einen Roman mit Superheld*innen zu schreiben. Aber mittlerweile bin ich dieses Subgenres der Phantastik überdrüssig. Woran liegt das? Schauen wir uns den Superhelden (TM) mal genauer an. Meistens ist der cis männlich, deshalb lasse ich mal das Gendern in diesem Fall.

Ich glaube, die Faszination, die Superhelden ausüben, liegt im Wesentlichen an zwei Dingen:

1. Die Frage, die man sich als Fan stellen kann, rein hypothetisch natürlich: Was wäre, wenn ich Superkräfte hätte? Was könnte ich damit alles erreichen?

2. Das Wunschdenken, dass es einfach nur einen (Super-)Helden braucht, der die Welt rettet. Oder auch ein Superhelden-Team, wie bei den Avengers (Marvel) oder der Justice League (DC). Überspitzt gesagt, hat das auch ein bisschen etwas von dem christlichen Glauben an einen Heiland/Messias, der die Menschheit rettet, indem er sich für sie opfert.

Was mich daran stört? Der Superheld, der im Alleingang die Welt rettet, hat mit menschlichen Erfahrungen eigentlich wenig zu tun. Menschen haben vielleicht besondere Fähigkeiten, aber nun mal keine Superkräfte. Das menschliche Dasein ist – global betrachtet – voll von Leid, Überlebenskampf, Versuch und Irrtum, Krankheiten, Hunger, Chaos und Zerstörung, aber natürlich auch von positiven Dingen wie Freude und Hoffnung. Und wir können allein oft nicht viel erreichen, sondern mehr in Teams, in Communities, in Gemeinschaften. Vielleicht sprechen mich deshalb Superheld*innen-Teams noch eher an als der xte einsame Superheld, der auszieht, um die Welt zu retten … und dann dafür von den Menschen verehrt wird wie ein Gott.

Interessant fand ich auch folgenden Kommentar im Fediverse, der auf eine politische Dimension eingeht:
I also had much of my entertainment sucked out of Marvel superhero stuff after realizing that – with all their power – the heroes only defend the status quo and hardly challenge it. Once that became clear it was impossible to not see how conservative these movies are. (Quelle )

Aktuell sehe ich noch die Marvel-Serie „Loki“ (auf Disney+). Aber das war es dann erst mal für mich mit den Superheld*innen. Wenn es nicht in Zukunft Filme oder Serien mit einem erfrischenden neuen Konzept gibt – z.B. Superheld*innen, die den Status Quo herausfordern, um noch einmal zu diesem Zitat zurückzukommen – werde ich mich lieber anderer Phantastik widmen.

EDIT: Autorin und Bloggerin Nike Leonhard hat sich ebenfalls Gedanken über Superheld*innen gemacht, insbesondere mit Hinblick auf den Einsatz von Gewalt in entsprechenden Geschichten.
Hier ist Nikes lesenswerter Blogbeitrag:
https://nikeleonhard.wordpress.com/2018/08/15/crash-boom-baeng-superhelden-und-gewalt/

Zu dem Thema „Den Status Quo verteidigen“ gibt es ein interessantes englischspr. Video auf YouTube von Pop Culture Detective:
„MCU Defenders of The Status Quo“