Biphobie und Bi-Erasure in der deutschsprachigen queeren Buchbubble

Lesezeit: ca. 8 Minuten.

Ich schreibe diesen Beitrag aus Sicht einer agender Person, die afab (assigned female at birth) ist, außerdem panromantisch und grauasexuell. Ich bin damit auf dem bi Spektrum und habe mich auch mit Diskursen um Bisexualität/Biromantik beschäftigt.

(Meine Unterscheidung in Romantik und Sexualität kommt durch das Split Attraction Model (SAM, das wird z.B. hier auf Deutsch erklärt: https://lgbt.fandom.com/de/wiki/Split_Attraction_Model)

Zunächst einmal:

Was ist Biphobie, oder Bifeindlichkeit?
Das ist eine Diskriminierung und Abwertung von bi Menschen, die oft leider auch innerhalb der queeren Community stattfindet. Aber auch außerhalb davon; für viele hetero Menschen sind bi Menschen nicht „straight“ genug, für manche queere Menschen sind sie „nicht queer genug“.

Was ist Bi Erasure?
Das Unsichtbarmachen von Bisexualität und Biromantik, z.B. weil Figuren in Romanen oder Filmen sich quasi „entscheiden”, ob sie schwul oder hetero sind, während die Möglichkeit von Bisexualität noch nicht mal erwähnt wird. Teilweise wird auch ganz real immer noch angezweifelt von manchen, ob Bisexualität überhaupt existiert, oder ob es nur eine Phase sei.

Beides ist sehr schädlich für Betroffene, da ihre sexuelle und/oder romantische Orientierung ständig abgewertet, geleugnet, kleingeredet oder ins Lächerliche gezogen wird.

Nicht queer genug?
In einer queeren Büchergruppe auf Facebook kam jüngst eine Diskussion zu einem Buch auf, in dem der bisexuelle Protagonist eine Beziehung mit einer Frau eingeht. Einige Personen waren der Ansicht, eine solche Beziehung sei „nicht queer genug“, daher würde das Buch nicht in die queere Büchergruppe passen.

Hier zum Mitschreiben:
Ein bisexueller Mensch wird nicht heterosexuell, nur weil er eine Beziehung mit einer Person eines anderes Geschlechts eingeht und mit dieser Sex hat. Bisexualität ist eine valide sexuelle Orientierung und nicht einfach nur eine Phase. Merkt euch das bitte, wenn es euch noch nicht klar war.

Klar, wenn Leser*innen nun sagen, wie es in der Gruppe der Fall war, sie wollen ausschließlich MM Romance oder FF Romance (oder MMM, FFF) lesen, werden sie sich nicht auf eine MF Romance einlassen – auch nicht, wenn eine der Figuren oder beide queer sind. Das mag viele Gründe haben und es ist zwar aus meiner Sicht schade, aber natürlich eine individuelle Entscheidung und das ist okay.

Aber zu sagen, bi oder pan Menschen oder fiktive Figuren, die eine Beziehung mit einem anderen Geschlecht eingehen, seien „nicht queer genug“ – das ist wie ein Schlag in den Magen für bi oder pan Menschen, die sich ständig mit solchen abwertenden Bemerkungen und Vorurteilen herumschlagen müssen. Das wurde auch in der genannten Diskussion von verschiedenen Leuten angesprochen.

Die betroffene Autorin, Svea Lundberg, hat nun in einem Instagram-Reel ein hörenswertes Statement zu dieser Angelegenheit gemacht. Hört es euch an, falls ihr Instagram nutzt: https://www.instagram.com/p/DSKLCwdDCDl/

Kommen wir zu einem anderen Thema.
Es ist seit Jahren ein Phänomen in der queeren Buchbubble, dass nicht nur schwule Personen, sondern auch viele queere und heterosexuelle Frauen MM Romance schreiben, für schwule Leute, aber auch für andere Frauen. Und da habe ich immer wieder beobachtet, dass manche Leserinnen Frauenfiguren in solchen Romanen häufig ablehnen. Weil diese natürlich von den männlichen Figuren ablenken. Oder auch, weil sie von den Autorinnen von vornherein negativ dargestellt werden, z.B. als Frau, die dem männlichen Protagonisten schöne Augen macht, was dieser aber einfach nur nervig findet, weil er nun mal schwul ist. Die weibliche Figur, die ihm Avancen macht, steht ihm also gewissermaßen als ärgerliches Hindernis im Weg. Andere „nervige“ Frauenfiguren treten oft ebenfalls auf, z.B. die queerfeindliche Mutter, die überfürsorgliche Schwester oder andere weibliche Verwandte, die beste Freundin, die zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt ist, die neugierige, tratschende Nachbarin, die eiskalte Vorgesetzte, oder Ähnliches.

Und in diesem Zusammenhang müssen wir über internalisierte Misogynie sprechen.
Das bezeichnet den Umstand, dass manche Frauen die in unserer Gesellschaft stark verbreitete Misogynie so sehr unbewusst verinnerlicht haben, dass sie nicht solidarisch mit anderen Frauen sind, sondern andere Frauen eher ablehnen, z.B. als potenzielle Rivalinnen betrachten. Noch mal zur Betonung, die internalisierte Misogynie ist den Betroffenen dabei häufig gar nicht bewusst.

Entsprechend werden solche Frauen leider auch weibliche Figuren in der Fiktion eher in einem negativen Licht sehen oder von vornherein ausschließen, Geschichten zu lesen, in denen Frauenfiguren eine wichtige Rolle spielen. Ganz insbesondere MF Romances, denn hier würde die Protagonistin wohl auch eher unbewusst als unerwünschte „Rivalin“ betrachtet werden (obwohl es sich ja um eine fiktive Figur handelt).

Zurück zum Thema Bisexualität und Vorurteilen über bi Menschen.
Hier sind noch mehr und alle davon sind einfach nur falsch. (Das wird nun etwas länger.)

Den folgenden Text habe ich übersetzt aus einem englischsprachigen Artikel von 2011, von Angela Dallara bei GLAAD: „Celebrate Bisexuality! GLAAD Dispels Common Myths and Stereotypes“, der allerdings nicht mehr online ist. Ich hatte mir den gesamten Text abgespeichert. Entsprechend handelt es sich um ein längeres Zitat.

„Vorurteil: „Alle Frauen sind bisexuell.“ oder „Es gibt keine bisexuellen Männer.“

Richtig ist: Eine pauschale Verallgemeinerung über die sexuelle Orientierung eines ganzen Geschlechts ist unverantwortlich, da sie die individuellen Erfahrungen und die Selbstidentität jeder Person in dieser Kategorie außer Acht lässt. Beispielsweise fühlen sich manche Frauen ausschließlich zu Männern hingezogen, manche fühlen sich romantisch, aber nicht sexuell zu anderen Frauen hingezogen, und manche fühlen sich gleichermaßen zu Frauen und Männern hingezogen. Ebenso fühlen sich manche Männer ausschließlich zu Frauen hingezogen, manche fühlen sich romantisch, aber nicht sexuell zu anderen Männern hingezogen, und manche fühlen sich gleichermaßen zu beiden Geschlechtern hingezogen. Die Behauptung, dass die sexuelle Orientierung einer Person nicht existiert, macht diese Person unsichtbar. Die romantischen Neigungen und Identitäten jedes Menschen sind einzigartig und wertvoll und verdienen Respekt.
(Denkt daran, dass diese beiden Stereotypen Hand in Hand gehen, um starre und schädliche Geschlechternormen durchzusetzen. Sie ähneln Vorstellungen wie „alle Frauen sind fürsorglich” und „alle Männer sind maskulin”, die nur dazu dienen, Menschen zu schaden, die nicht in diese Kategorien passen oder diese Eigenschaften nicht haben.)

Vorurteil: „Man ist nicht bisexuell, wenn man nicht mindestens eine Beziehung mit einem Mann und einer Frau hatte.“

Richtig ist: Viele Menschen wissen schon vor ihrer ersten Beziehung, dass sie bisexuell sind, genauso wie viele Menschen schon in jungen Jahren wissen, dass sie schwul oder heterosexuell sind. Es ist nicht notwendig, romantische Erfahrungen mit beiden Geschlechtern oder einem der beiden Geschlechter zu haben, bevor man sich als bisexuell identifiziert. Außerdem ändert sich die sexuelle Orientierung einer bisexuellen Person nicht, wenn sie heiratet.

Vorurteil: „Man ist nicht bisexuell, wenn man sich nicht zu gleichen Teilen zu Frauen und Männern hingezogen fühlt.“

Richtig ist: Manche bisexuelle Menschen fühlen sich überwiegend zu Männern hingezogen und gelegentlich zu Frauen. Manche bisexuelle Menschen fühlen sich überwiegend zu Frauen hingezogen und gelegentlich zu Männern. Manche bevorzugen es, genderqueere oder nichtbinäre Personen zu daten. Das Spektrum bisexueller Menschen umfasst alle möglichen individuellen Vorlieben. Das Einzige, was bisexuelle Menschen gemeinsam haben, ist, dass sie sich zu mehr als einem Geschlecht hingezogen fühlen.

Vorurteil: „Bisexuelle müssen in einer Dreiecksbeziehung mit einem Mann und einer Frau sein, anders können sie nicht glücklich werden.“ oder auch „Bisexuelle sind promiskuitiv, polyam und/oder unmoralisch.“

Richtig ist: Viele Bisexuelle leben in liebevollen, festen, monogamen Beziehungen mit einer Person. Viele bisexuelle Menschen heiraten schließlich. Bisexuelle Menschen neigen nicht eher dazu, mehrere Beziehungen gleichzeitig zu führen als heterosexuelle oder homosexuelle Menschen. Bisexuelle Menschen sind nicht unmoralisch, betrügerisch oder weniger sicher als Menschen anderer Orientierungen. Bisexuell zu sein hat damit zu tun, zu wem sich eine Person hingezogen fühlt, aber nichts damit, welche Art von Beziehungen sie bevorzugt.

Vorurteil: „Bisexuelle sind transfeindlich.“ oder „Das Wort Bisexualität ist transfeindlich“

Richtig ist: Bisexuelle Menschen diskriminieren trans Menschen nicht häufiger als heterosexuelle oder homosexuelle Menschen dies tun. Viele bisexuelle Menschen sind starke Verbündete von trans Personen, da sie Gemeinsamkeiten zwischen der Fluidität der sexuellen Orientierung und der Fluidität des Geschlechts sehen. Viele bisexuelle Menschen sind trans und viele gehen mit trans Personen aus. Das Wort „bisexuell“ bezieht sich einfach auf Menschen, die nicht monosexuell sind: Sie fühlen sich nicht ausschließlich zum anderen Geschlecht hingezogen und sie fühlen sich nicht ausschließlich zum eigenen Geschlecht hingezogen.

Vorurteil: „Bisexuelle werden nicht so diskriminiert wie schwule Männer oder lesbische Frauen, da sie ein heterosexuelles Privileg haben, als halb-heterosexuell.“

Richtig ist: Bisexuelle haben Schwierigkeiten sichtbar zu sein, sowohl in der heterosexuellen als auch in der homosexuellen Community. Bisexuelle sind oft sowohl der Diskriminierung ausgesetzt, der schwule Männer und Lesben ausgesetzt sind, als auch der Diskriminierung, die auf Biphobie beruht. Bisexuelle versuchen nicht mehr als schwule Männer oder Lesben, ihre Identität unter dem Deckmantel der Heterosexualität zu verbergen.“

(Ende des übersetzten Zitats)

Abschließend möchte ich gern sagen:
Bitte fallt nicht auf diese Vorurteile herein. Und sprecht bitte weder Menschen noch fiktiven Figuren ihre Queerness ab. Und falls ihr Frauen seid, die gern MM Romance lesen – überlegt doch mal bitte, wie ihr Frauenfiguren in diesen Romances gegenübersteht – und wie ihr mit anderen, ganz realen Frauen umgeht. Gleiches gilt ähnlich auch für Autorinnen: Überlegt doch bitte mal, wie stellt ihr die Frauenfiguren in euren MM Romances dar?
Und darüber hinaus wünsche ich mir mehr Offenheit und Neugier. Auch hinsichtlich Bi Romances mit Paaren, die nicht gleichgeschlechtlich sind.

Deutschsprachige Phantastik ohne Romance und Spice, von FLINTA* Autor*innen

Romantasy ist überall, aber was ist eigentlich mit deutschsprachiger Phantastik ohne Romance und Spice? Oder nur mit ganz wenig Romance, in Nebenhandlungen? Darum ging es kürzlich auf Bookstagram. Ich tauschte mich mit einigen Leuten aus, fragte nach Empfehlungen, aber nicht für die „üblichen Verdächtigen“ – sehr erfolgreiche cis-männliche Autoren. Stattdessen fragte ich nach FLINTA* Autor*innen, die entsprechende Bücher veröffentlicht haben.
Ich habe in diesem Beitrag rund 30 Bücher und Buchreihen ganz ohne Spice und Romance gesammelt, sowie einige, die einen geringen Romance- oder Spice-Anteil haben (als Nebenhandlung, Subplot).
Bitte beachten: Bis auf einige habe ich nicht alle diese Bücher selbst gelesen. Schaut sie euch näher an, wenn ihr mögt, bildet euch gern selbst eine Meinung darüber.
Ich habe nicht alle Buchcover herausgesucht, sondern eine zufällige Auswahl getroffen, die keine Wertung darstellt. Die Webseiten oder Instagram-Profile der Autor*innen sind ebenfalls verlinkt, sofern es mir möglich war.

Patricia Eckermann: „Elektro Krause“ (Urban Fantasy)

Roxane Bicker: In den Buchreihen „Herren des Schakals“ und „Gezeitenwechsel“ gibt es queere romantische Subplots, aber keinerlei Spice.

Iva Moor: „Die Alchemie des Träumens“ (Dark Fantasy) und „Liminal Creatures“ (Dark Fantasy), letzteres enthält Spice mit Succubi-Figuren, aber keine Romance.
https://ivamoor.carrd.co

Lena Richter: „Dies ist mein letztes Lied“ (Science-Fiction)

https://lenarichter.com/veroeffentlichungen-2/dies-ist-mein-letztes-lied/

Melanie Vogltanz: „Wolfswille“ (1. Band der Reihe „Weißer Wolf“) und „Road to Ombos“

Freya Peterson: “Die Mutter der Masken” von Freya Petersen
(Sci-Fi Fantasy mit sehr wenig Romance)
https://linktr.ee/petersenfreya

Saskia Dreßler: Sternenleuchten (Fantasy-Novelle)
https://saskiadressler.com/novellen/

Kathrin Tordasi: „Nightowls. Boten der Dämmerung“ (Urban Fantasy)
https://kathrintordasi.de/meine-buecher-kathrin-tordasi/

Sophie Grossalber: „Blut und Dunkelheit“ (Fantasy-Novelle)

Lumen Milites: „Remoire – Echos der Vergessenen“ (Dark und High Fantasy), ganz ohne Romance, der erste Band einer Dilogie.
https://www.alealibris.de/produkt/remoire-echos-der-vergessenen-lumen-milites/

Evelyne Aschwanden: „Die Diebe von Alderport“ (Fantasy, viktorianisch inspiriert)
https://www.evelyneaschwanden.ch/die-diebe-von-alderport

Noah Stoffers: „A Midsummer’s Nightmare“ (Urban Fantasy, Dark Academia)
mit einem Romance-Subplot, der nicht im Fokus steht.
https://wonderl.ink/@noahstoffers

Tessa Maelle: „Der Riss im Traumnetz“ (High Fantasy)
https://www.instagram.com/tessa.maelle

C. I. Ryze (Christine Ina Ryze): „Spirits of Violence“ (Science Fiction Fantasy, Einzelband) „Splitter der Unendlichkeit“ (Fantasy mit Drachen, Trilogie)
https://www.ciryze.de/buecher

Jamie Enderlein: „Schmiedefeuer“ Trilogie (High Fantasy)
https://www.jamie-enderlein.com/linktree

Desiderius M. Rainbow: Buchreihe „Mânil“ (Academy Fantasy/ Contemporary-Fantasy/ Low Fantasy)
https://desideriusrainbow.jimdofree.com


Katja Jansen: „Nach dem Reset“ (dystopische Fantasy mit SciFi Elementen) und „Schatten über Yagrolor“ (Portalfantasy), beides Einzelbände.

Dee van Lux: „Das Erbe von Elvendahl“ (Buchreihe, Dark High Fantasy)
https://www.instagram.com/deevanlux/

Nadja Fischlin: „Jawra“ (Buchreihe)
https://www.novumverlag.com/onlineshop/belletristik/science-fiction-fantasy/jawra.html

I.R. Leys: „Chroniken der Gefallenen“ (Buchreihe, Dark Fantasy)
https://wonderl.ink/@irleys

Alessandra Reß: „Spielende Götter“ (GameLit), „Die Türme von Eden“ (Space Fantasy), „Sommerlande“ (High Fantasy) und „Liminale Personae“ (Postapokalypse)
https://www.instagram.com/fragmentansichten/

Dorothee Zürcher: „Der schwarze Garten“ (Urban Fantasy)
https://www.dorothe-zürcher.ch

Myra Çakan: „Hier kommt die Flut – When The Music’s Over“ (Science Fiction)

Ria Winter: „Sonnenerben“ (Urban Fantasy, Einzelband), die Protagonistin ist aro-ace.
https://riawinter.de/sonnenerben/

Amrei Lafort: „Weitezeit“ (Fantasy, ab 12 Jahre, All Age)
https://www.instagram.com/lyrik.a.l/


Ein passendes Buch von mir: „Vanfarin – Von Untoten und Totems“ (High Fantasy, Einzelband), komplett ohne Romance und Spice.

Mini-Vorschau auf 2026
Saskia Diepold: „Und in mir die Nacht“ (erscheint im März 2026)
https://www.instagram.com/frl.chaos/

Von mir erscheint:„Hexen in Hamburg: Vergoldet“ (im Juni 2026), mit einem aromantischen Protagonisten. Keine Romance, kein Spice. Das ist Band 4 dieser Urban-Fantasy-Reihe.

Über Konsumkritik, Neoliberalismus, Millionäre und Milliardäre

Foto: Jason Leung, Unsplash

Die Themen Konsumkritik sowie Millionäre und Milliardäre (bzw. überreiche Leute) haben mich in den letzten Tagen sehr beschäftigt, hier einige Gedanken dazu.

Fangen wir buchig an: Erinnert ihr euch noch an den lang anhaltenden Trend mit den Millionärs- und Milliardärsromanzen? Es scheint, dass manche Menschen sich stark angezogen fühlen von Reichtum, Luxus, Macht, Statussymbolen. Der Kapitalismus und der Neoliberalismus lassen grüßen. Entsprechend wirken dann auch Millionäre und Milliardäre auf solche Leute attraktiv.

Aber seit dieser Trend stattfand, hat sich viel verändert. In den USA regiert ein faschistisches Regime (nein, das ist nicht einfach eine Meinung von mir, lest dazu bei Bedarf die politische Analyse von Annika Brockschmidt im Volksverpetzer).

Millionen Menschen dort haben staatliche Unterstützung für Bedürftige für Lebens- und Haushaltsmittel verloren (das Programm SNAP – „Supplemental Nutrition Assistance Program“ wurde durch den Shutdown der Regierung ausgesetzt), ebenso wurde die Gesundheitsversorgung Medicaid gekürzt, die Preise für Lebensmittel und andere Dinge sind durch die aktuelle Politik explodiert.

Auf der anderen Seite machen die Reichen Business as usual, sie feiern, als ob kein Morgen gäbe, sie konsumieren, sie werfen mit Statussymbolen um sich. Der Ruf nach „Tax the Rich“ wird immer lauter, prallt aber an der Regierung ab, und das nicht nur in den USA.

Wenn Millionäre und Milliardäre in diesen Zeiten (immer noch) ihren Reichtum zur Schau stellen und damit prahlen, dann ist das wie ein Schlag ins Gesicht all der Menschen, die kaum über die Runden kommen. Da ist auch nicht viel mit Solidarität mit Bedürftigen, mit Menschen, die wenig haben.

Stattdessen will der Neoliberalismus lauter individualistische, egoistische Einzelkämpfer*innen, die nur auf den eigenen Vorteil und Profit bedacht sind. Ein neoliberales Narrativ ist ja: „Jeder ist seines Glückes Schmied“. Also erfolgreich Karriere zu machen und gut Geld zu verdienen. Das blendet aber die strukturellen Probleme aus, von denen viele Menschen betroffen sind. Zum Beispiel Leute, die in Armut aufwachsen und weniger Bildungschancen haben, bzw. im Bildungssystem unter anderem aufgrund von Vorurteilen benachteiligt werden. Marginalisierte Menschen aller Art sind ebenfalls von zahlreichen strukturellen Problemen betroffen.
„Jeder ist seines Glückes Schmied“ passt also im Grunde nur für Personen, die schon von vornherein mit gewissen Privilegien ausgestattet sind, z.B. weil sie in eine wohlhabende weiße Familie hineingeboren wurden. Auch das Gegenteil wird im Neoliberalismus gern verbreitet: Wer es nicht schafft, sein eigenes Glück zu schmieden, hat sich halt sich genug angestrengt und Pech gehabt. Leider glauben immer noch viel zu viele Leute an den Mythos, dass jede Person doch einfach ihr Glück schmieden könne.

In den USA hat zumindest in Teilen Gesellschaft mittlerweile gewissermaßen eine Entzauberung der Superreichen stattgefunden, wie eine Umfrage zeigt. Dieser zufolge glauben außerdem 53% der Amerikaner*innen, dass Milliardäre eine Gefahr für die amerikanische Demokratie darstellen. (1)

Millionäre und Milliardäre stellen in der Tat eine Gefahr für die Demokratie dar, wie in diesem Video (33 Minuten) von der Politikwissenschaftlerin und Ungleichheitsforscherin Martyna Linartas erläutert wird. Die Beschreibung des Videos:
„In der neuen Folge von „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ spricht die Politikwissenschaftlerin und Ungleichheitsforscherin Martyna Linartas über die wachsende soziale Ungleichheit in Deutschland, die Ursachen von Armut und Reichtum und die Gefährdung unserer Demokratie durch die Vermögensungleichheit. Sie erklärt, wie neoliberale Politik die Schere zwischen Arm und Reich vergrößert und welche Rolle dabei die Steuerpolitik spielt.“
https://www.youtube.com/watch?v=f-UmRwTv07E

Die Singer-Songwriterin Billie Eilish hat übrigens kürzlich 11,5 Millionen Dollar an mehrere gemeinnützige Organisationen gespendet und sie hat andere Millionäre und Milliardäre dazu aufgerufen, es so wie sie zu machen. (2)

Kommen wir zum Thema Konsumkritik.
Ich bringe das hier mit ein, da bald wieder Black Friday ist. Ich bin seit Jahren konsumkritisch eingestellt. Fast Fashion, Fast Books, Fast Irgendwas, das alles ist mir ein Gräuel, unter anderem, weil es eine Katastrophe in Sachen Nachhaltigkeit ist und weil solch ein Lifestyle schlichtweg sehr teuer ist.

Was Fast Fashion betrifft, schaut euch mal Dokus darüber an, wo ein Großteil der ausrangierten Kleidung landet, in riesigen Müllhalden im globalen Süden. Schaut euch Dokus an über Kinderarbeit und Sweatshops, in denen in menschenunwürdiger Weise Fast Fashion produziert wird, oft in minderwertiger Qualität, was angesichts der katastrophalen Produktionsbedingungen kein Wunder ist.

Und deshalb möchte ich gern auf den konsumkritischen Kauf-Nix-Tag (3) hinweisen: Einfach an diesem Tag überhaupt nichts kaufen. In Deutschland findet er immer am letzten Samstag im November statt, also in diesem Jahr am 29.11.
In den USA findet er am Freitag nach Thanksgiving statt – am Black Friday, der auch hier mit Schnäppchen und allerhand Angeboten lockt.

Ich möchte diesen Beitrag schließen mit einem Austausch, den ich im Fediverse hatte.
Katharina Nocun schrieb kürzlich dort mit Bezug auf deutsche Politik (4)
„Es ist mir rätselhaft, warum manch einer es für angemessener hält, die Versorgung von besonders alten und kranken Menschen mit teuren Medikamenten zur Diskussion zu stellen, anstatt über Reformen bei Erbschaftsteuer & Vermögensteuer zu reden.“

Mein Kommentar:
„Aber das musst du doch verstehen, die Reichen, die Millionäre und Milliardäre, das sind die ungekrönten Könige und Kaiser unserer Zeit, die dürfen und bekommen alles, das Fußvolk aber nicht. (Ja, das ist Sarkasmus.)“

Daraufhin wies ein anderer Nutzer darauf hin, was während der Französischen Revolution mit den Reichen und Adligen geschehen sei.

Ich kommentierte, dass ich mittlerweile recht häufig Anspielungen auf die Französische Revolution in Social Media sähe. Wie kämen die Leute nur darauf, fragte ich dann noch auf sarkastische Weise.

Nachtrag: Schauspielerin und Regisseurin Riley Keough (eine Enkelin von Elvis Presley) hat sich Billie Eilish angeschlossen – sie hat angekündigt 8 Millionen Dollar an gemeinnützige Zwecke zu spenden und darüber hinaus hat sie Milliardäre wie Mark Zuckerberg und Elon Musk outgecallt, siehe z.B.
https://kok.xemgihomnay247.com/trangbtv/ch2-breaking-riley-keough-torches-mark-zuckerberg-and-other-billionaires-at-manhattan-gala-then-backs-it-up-with-bold-action-f0-9f-94-a5/
Sie sagte: “If you can spend billions building rockets and metaverses, you can spend millions feeding children. If you call yourself a visionary, prove it — not with money, but with mercy.“ Und am Ende ihrer Rede: “Greed isn’t strength — compassion is.”

In diesem Sinne: Tax the Rich. Und seid bitte solidarisch mit marginalisierten und armen Menschen.

Fußnoten
(1)
Siehe: https://www.forbes.com/sites/maryroeloffs/2025/11/14/americans-want-billionaires-out-of-politics-and-think-theyre-a-threat-to-democracy-poll-shows/

(2)
Siehe z.B.: https://edition.cnn.com/2025/10/31/entertainment/billie-eilish-billionaires-donation

(3)
Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Kauf-nix-Tag

(4)
Quelle: https://chaos.social/@kattascha/115548518567675124

Meine Pläne für 2026

(Lesezeit: 1 Minute)
Ich stehe 2026 für Lektorate und/oder Sensitivity Readings zur Verfügung, aber bitte bei Interesse anfragen, ob ich im gewünschten Zeitraum Kapazitäten habe. So viel kann ich schon einschätzen: Im ersten Quartal des Jahres lege ich teilweise eine Pause ein, damit ich meine eigenen Buchprojekte weiter bearbeiten kann. Aber einzelne Kurzgeschichten kann ich in diesem Zeitraum für ein Lektorat und/oder Sensitivity Reading unterbringen.

Das unkommerzielle Buchprojekt „Stimmen aus der schwarzen Szene: Interviews mit Goths“ ist in Arbeit. Aktuell kann ich aber noch kein Veröffentlichungsdatum nennen. Ich bitte von daher um Geduld.

Ich möchte Band 4 von „Hexen in Hamburg“ bearbeiten und veröffentlichen (anvisiert ist der 20. Juni, also kurz vor der Sommersonnenwende – die Geschichte beginnt mit einer Sommersonnenwendfeier.)

Außerdem möchte ich Band 5 der „Hexen in Hamburg“ schreiben (oder zumindest damit anfangen), die Veröffentlichung habe ich geplant für Oktober 2027, denn in der Geschichte sind Samhain und Halloween wichtig. Das ist der finale Band der Reihe. Er schließt auch gewissermaßen den paganen/Hexen-Jahreskreis, denn in Band 1 spielt die Wintersonnenwende eine Rolle.

2026 möchte ich auch meinen Fantasyroman weiter bearbeiten, der von einer Sekte handelt. Angesiedelt ist er übrigens in meiner Fantasywelt Vanfarin, die Handlung spielt einige Jahre nach „Vanfarin – Von Untoten und Totems“. Es handelt sich jedoch nicht um eine Fortsetzung und es geht auch um ganz andere Figuren.

Das sind übrigens die letzten eigenen Buchprojekte, die ich noch umsetzen möchte. Danach ist Schluss, stattdessen konzentriere ich mich auf Lektorate und Sensitivity Readings für andere Autor*innen. Außerdem werde ich wie bisher hobbymäßig Fanfictions und kostenlose Blogbeiträge schreiben, letzteres auch ein bisschen für aktivistische Themen, wie für den Diversity Dienstag – zumindest ist das mein Plan. Aber: meine bisher veröffentlichten Bücher werden weiterhin erhältlich sein, als E-Books und Prints.

Alternatives to AI-generated Images – Alternativen zu KI generierten Bildern

(English below)

Ich hab mich schon mehrfach gegen KI-generierte Bilder ausgesprochen. Die werden aber gern auf Instagram und anderen Social Media genutzt, um Aufmerksamkeit für Beiträge zu erzielen. Hier einige Alternativen:

Auf Unsplash.com gibt es, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt ausschließlich Fotos, keine KI-generierten Bilder. Die lizenzfreien Fotos (außer die von Unsplash+, gekennzeichnet mit einem Plus im Bild) dürfen kostenlos heruntergeladen und frei verwendet werden, bitte nennt jeweils die Urheber*innen.

Das gleiche gilt für Pexels.com.

Graphics Fairy
Hier gibt es historische Zeichnungen und Grafiken, die kostenlos nutzbar sind.

Solarpunk Artworks der Story Seed Library
Die entsprechenden Artworks haben eine Creative Commons Lizenz, siehe: https://storyseedlibrary.org/art/

https://openverse.org/ bietet sehr viele Fotos, ebenfalls mit einer Creative Commons Lizenz

Das gilt auch für Wikimedia Commons, bzw. einige der Bilder dort sind gemeinfrei (public domain). Um sicher zu gehen, was die Lizenzen betrifft, kann man diesen Lizenzhinweisgenerator verwenden: https://lizenzhinweisgenerator.de/

Fotos aus historischen Foto-Archiven
https://www.flickr.com/commons

esa.int/Newsroom/Photos, https://images.nasa.gov/ (alles rund um Raumfahrt & Astronomie, überwiegend frei nutzbar)

https://esahubble.org/images/ (Fotodatenbank des Weltraumteleskops)

Das niederländische Rijksmuseum bietet viele schöne Bilder kostenlos gegen Quellennennung an: https://www.rijksmuseum.nl/en/research/image-requests

Apropos: Zahlreiche große Museen und Bibliotheken (z.B. die British Library), verfügen über große Bilddatenbanken und die Bilder dürfen teilweise unter bestimmten Bedingungen (z.B. Quellennennung) kostenlos verwendet werden. Bitte stöbert bei Interesse selbst einmal im Internet.

Jordan Acosta hat ebenfalls Empfehlungen, auf Englisch:

https://www.jordanacosta.co/p/free-to-use-picture-resources

https://www.jordanacosta.co/p/more-free-to-use-picture-resources

Klar, das Stöbern in den entsprechenden Portalen ist zeitaufwändiger als mal eben schnell ein KI-Bild zu generieren. Aber auf diese Weise habe ich schon so einige Schätze gefunden.

Einige Fallstricke bei der Verwendung von kostenlosen Bildern werden in diesem Beitrag näher beleuchtet:
https://targetlab.de/blog/kostenlose-bilder-von-pixabay-pexels-unsplash#elementor-toc__heading-anchor-3

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In English: Alternatives to AI images

AI-generated images are often used on Instagram and other social media platforms to attract attention to posts. Here are several alternatives.

At Unsplash.com, there are currently only photos, no AI-generated images. The royalty-free photos (except those from Unsplash+, marked with a + sign in the image) can be downloaded and used free of charge, but please credit the authors.

The same applies to Pexels.com.

Graphics Fairy
Here you will find free historical drawings and graphics.

Solarpunk Artworks from the Story Seed Library
The corresponding artworks have a Creative Commons license, see: https://storyseedlibrary.org/art/

https://openverse.org/ offers a large number of photos, also with a Creative Commons license.

This also applies to Wikimedia Commons, where some of the images are in the public domain. To be on the safe side regarding the licenses, check out this page:
https://lizenzhinweisgenerator.de/?lang=en

photos from historical photo archives:
https://www.flickr.com/commons

esa.int/Newsroom/Photos, https://images.nasa.gov/ (astronomy, mostly for free use)

https://esahubble.org/images/ (photo database of the space telescope)

The Rijksmuseum from the Netherlands has a database with many beautiful images and they can be used for free if you name the source: https://www.rijksmuseum.nl/en/research/image-requests

Speaking of which: Several large museums worldwide and libraries, (e.g. the British Library) have huge databases with images and some of them may be used for free under certain circumstances (for instance naming the source). If this is interesting for you, please do an online search.

Jordan Acosta has more tipps for free picture ressources, in these two blogs:

https://www.jordanacosta.co/p/free-to-use-picture-resources

https://www.jordanacosta.co/p/more-free-to-use-picture-resources

Of course, browsing the respective portals is more time-consuming than generating an AI image. But I have found quite a few treasures while browsing for images.



Dear Straights, Queer your Relationships

Reading time: ca. 8 minutes.
German version of this: https://amalia-zeichnerin.net/liebe-straights-queert-eure-beziehungen/
This article is primarily aimed at cisgender heterosexual, heteroromantic, allosexual people. To simplify, I will use the English term ‘straight’ almost throughout, including as a noun. And don’t worry, I know you’re not queer, you’re straight and will of course remain so. But there are some things you might want to learn from queers and other people. That’s what this post is about.

What can you learn from queers?
Question your role models. This affects so many aspects of life that I could write a long blog post about it alone. I’ll try to keep it relatively short.
The nuclear family: mother, father, child(ren). Who does the care work and how? What about paid work? Traditional role models still see the father as the main breadwinner, with the mother often working part-time to have more time for the household and the children.
The old model of ‘father earns the money, mother does all the care work at home’ has now become obsolete, as the economic situation, high rents and other problems often force both parents to work full-time in order to earn enough money for the family.
Some heterosexual men find it very difficult to cope when their wives earn more than they do and have successful careers. This is because, according to old ideas, men are supposed to be the main breadwinners.
Queer people question such role models and make their own rules, including in their relationships and families. There is a lot of negotiation and discussion. This also applies to intimacy, more on which in the next section. It focuses on the BDSM community, but of course there are also many queer people in this community.

When I announced this blog post on Fediverse, a queer person commented, and I may quote ve:
„I experience pregnancy, birth and parenthood as extremely gendered and overloaded with cisheteronormative expectations. You have to queer against that.
(Ravna Marin Siever says that sier are “feminised and mothered” in this context, which I find very apt).“


Straight mothers and fathers are also subject to many heteronormative expectations in our society, including, for example, when it comes to raising their children. Question this. Men don’t always have to be “strong”. You are allowed to show vulnerability and be caring, you are allowed to show ‘feminine’ feelings, even towards your children. And as a woman, you are also allowed to be angry or annoyed, you are allowed to show your manual skills, even if manual work is considered typically ‘masculine’ – and you don’t have to take on all the care work and mental load alone. Share this with your partner. These are just a few examples, but I hope they give you some food for thought.

But even people who don’t have a family and don’t want to start one can learn a lot from queer people. Because there are many queer people who also don’t want to start a family and who have other priorities in their lives, e.g. their friendships. More on this below.

What can you learn from the BDSM community?

Even if you are completely ‘vanilla’, i.e. have no inclination towards BDSM practices, you can learn a lot from the relevant community.
In straight relationships, there is often the idea that PiV(1) sex is the ultimate goal and must always end with an orgasm, otherwise it is considered to be bad sex. This creates a lot of pressure and often straight couples talk little to each other before, during or after sex.
In the BDSM community, on the other hand, there is a lot of negotiation and consent, with safe words, and experimentation. There are also ‘non-consensual’ practices, but these are also discussed beforehand. And there is ‘aftercare’, which means, among other things, that after sex or BDSM play, you are there for each other, talking about your experiences, perceptions and feelings.
Talk to each other. Before sex. During and after. Negotiate. Say what you like and what you don’t like. Say an enthusiastic yes or a clear no, depending on the situation and your needs and desires. Sounds unromantic? Not sexy? I once saw in a video by Council of Geeks that such statements can actually be very sensual. In the YouTube video, Vera Wylde says something similar in a very sensual way, by way of illustration.

What can you learn from the community that is on the asexual and/or aromantic spectrum?

Friendships are just as important as other relationships. Yes, really. Often, straight people have this idea of a hierarchy where romantic relationships are the ultimate goal and stand above all other relationships, including friendships.
However, this can be fatal, e.g. if a romantic relationship doesn’t last, but you have completely neglected your circle of friends during the relationship or only had mutual friends, some of whom then break away or take sides. Maybe you don’t have ‘the one best’ friend, but nurture your friendships. This may mean investing some time, perhaps even offering support when your friends need help with something. But ideally, friendships are a mutual give and take.

And in this context:

Queer your friendships

Friendships are as diverse as the people who form them. Break away from traditional ideas of what a friendship should look like. Be bold. Make your own rules.

Leanne Yau wrote on Instagram (my translation):
„Polyamory allows me to have deeper relationships with my partners, but unexpectedly, it has also led me to have deeper relationships with my friends. Since I have no restrictions on how I can show affection to non-romantic friends, it gives me the freedom to express platonic love however I want.“

Here are a few examples: Do you want to cuddle on the sofa with your friend, even though you have no romantic or sexual feelings for them? If your friend want to as well, go for it. (And if they don’t, accept that.)
You and your friends want to have a candlelit dinner in a restaurant that is considered very romantic, but just in a platonic way? Why not?
You want to go on holiday together and share a room, a tent or other accommodation? What’s wrong with that?

In the film ‘When Harry Met Sally’, Harry says something along the lines of: ‘Men and women can’t be friends – eventually sex gets in the way.’
However, this is not true, because it would mean that people on the bi spectrum cannot have platonic friends.

And I would like to say that cis heterosexual men and cis heterosexual women can also just be friends. Let go of the idea that such a friendship must necessarily end in a romantic and/or sexual relationship.

What can you learn from the polyamorous community?

One basis of polyamory is the consent of all involved. That means a lot of relationship work from everyone and open, honest conversations. About your own desires and needs. Negotiating compromises. About your own boundaries. About jealousy and how to deal with it constructively. Also, conversations about how to support each other in relationships. And last but not least, organisational matters such as scheduling joint meetings, going out, excursions, care work and more.
I am not alone in my opinion that such intensive relationship work with open, honest conversations can be very enriching for many straight people as well. Perhaps it can even save a relationship.

There are many different types of attraction

This is also something you can learn from the community of people on the asexual and aromantic spectrum. On the one hand, there is the Split Attraction Model (SAM). This states that the romantic orientation and the sexual (or other forms of) orientation of a person can be different.
A personal example: I am panromantic. This means that I can feel romantic attraction to people regardless of their gender. And I am grey-asexual. Roughly speaking, this means that I rarely or never feel sexual attraction. I am also aegosexual, which is explained here, for example:
https://orientation.fandom.com/wiki/Aegosexual

Accordingly, a person who has always identified as hetero may find that they are heteroromantic but have a different form of sexual orientation, or vice versa, that they are heterosexual but have a different form of romantic orientation. But of course, there are also heterosexual-heteroromantic people.

Another example is demisexuality: people who are demisexual must first establish an emotional connection with someone before they feel sexual attraction towards them. You may be familiar with the trope ‘friends to lovers’, which often fits quite well.

If you would like to explore the topics of romantic and sexual (and other) orientations, here are some detailed lists in English:
Romantic Orientation: https://orientation.fandom.com/wiki/Category:Romantic_Orientation

Sexual Orientation: https://orientation.fandom.com/wiki/Category:Sexual_Orientation

I hope you found this post useful and I wish you all the best with exploring queering your relationships, if you decide to try that.

Footnote:
(1) PiV is an abbreviation for ‘penis in vagina’.

Liebe Straights, queert eure Beziehungen

(english version of this blog: https://amalia-zeichnerin.net/dear-straights-queer-your-relationships/)
Lesezeit: ca. 8 Minuten

Dieser Beitrag richtet sich vor allem an cisgender heterosexuelle, heteroromantische, allosexuelle Menschen. Um das sprachlich zu vereinfachen, verwende ich fast durchgehend den englischen Begriff „straight“, auch als Substantiv für entsprechende Leute. Und nein, keine Sorge, ich weiß, ihr seid nicht queer, sondern straight und werdet das natürlich auch bleiben. Aber es gibt einiges, das ihr von Queers und anderen Leuten lernen könnt. Davon handelt dieser Beitrag.

Was könnt ihr von Queers lernen?
Hinterfragt eure Rollenbilder. Das betrifft so viele Aspekte des Lebens, dass ich allein darüber einen langen Blogbeitrag schreiben könnte. Ich versuche, es hier relativ kurz zu halten.
Die Kernfamilie: Mutter, Vater, Kind(er). Wer übernimmt die Care-Arbeit und wie? Wie ist es mit der Lohnarbeit? Traditionelle Rollenbilder sehen immer noch den Vater als Hauptverdiener, die Mutter arbeitet oft in Teilzeit, um mehr Zeit für den Haushalt und die Kinder zu haben.
Mittlerweile hat das alte Modell „Vater verdient allein das Geld, Mutter übernimmt die gesamte Care-Arbeit zu Hause“ ausgedient, denn die wirtschaftliche Situation, hohe Mietpreise und andere Probleme erzwingen es oftmals, dass beide Elternteile in Vollzeit arbeiten müssen, um genug Geld für die Familie zu erwirtschaften.

Manche hetero Männer können nur sehr schwer damit umgehen, wenn ihre Frau mehr verdient als sie und Karriere macht. Weil Männer doch den alten Vorstellungen nach die Hauptverdiener sein sollen.

Queere Menschen hinterfragen solche Rollenbilder und machen ihre eigenen Regeln, auch in ihren Beziehungen und Familien. Da wird gern viel verhandelt und abgesprochen. Auch, was Intimitäten betrifft, dazu im nächsten Abschnitt mehr. Der dreht sich zwar um die BDSM-Community, aber in dieser gibt es natürlich auch viele Queers.

Als ich diesen Blogbeitrag im Fediverse ankündigte, kommentierte eine queere Person, die ich zitieren darf: „Ich erlebe Schwangerschaft, Geburt, Elternsein als krass gegendert und mit cisheteronormativen Erwartungen überfrachtet. Da muss man dagegenqueeren. (Ravna Marin Siever sagt, sier werde in den Kontext „frauisiert und vermuttert“, das finde ich sehr treffend)“
Auch an straighte Mütter und Väter werden in unserer Gesellschaft sehr viele heteronormative Erwartungen gestellt, auch z.B. was die Erziehung ihrer Kinder betrifft. Hinterfragt das. Männer müssen nicht immer „stark“ sein. Ihr dürft euch verletzlich zeigen und fürsorglich sein, ihr dürft angeblich „weibliche“ Gefühle zeigen, auch euren Kindern gegenüber. Und als Frau dürft ihr auch wütend sein oder euch ärgern, ihr dürft euer handwerkliches Geschick zeigen, auch wenn Handwerksarbeit als typisch „männlich“ gilt – und ihr müsst nicht die gesamte Carearbeit und die Mental Load allein übernehmen. Teilt euch das mit eurem Partner. Das sind jetzt nur einige Beispiele, aber ich hoffe, sie bieten ein paar Gedankenanstöße.

Aber auch Menschen, die keine Familie haben und auch keine gründen wollen, können sich von Queers vieles abschauen. Denn es gibt viele Queers, die ebenfalls keine Familie gründen wollen und die andere Prioritäten in ihrem Leben haben, z.B. ihre Freundschaften. Mehr dazu weiter unten.

Was könnt ihr von der BDSM-Community lernen?
Selbst wenn ihr völlig „Vanilla“ seid, also keinerlei Neigung zu BDSM-Praktiken habt, könnt ihr einiges von der entsprechenden Community lernen.

In straight Beziehungen herrscht oft der Gedanke, PiV(1)-Sex ist das Höchste der Gefühle und müsse unbedingt mit einem Orgasmus enden, sonst sei es schlechter Sex. Das erzeugt sehr viel Druck und oftmals reden straight Paare wenig miteinander vor, während oder nach dem Sex.

In der BDSM-Community wird dagegen viel ausgehandelt und mit Konsens gearbeitet, mit Safe Words, es wird sich ausprobiert. Es gibt auch „nonconsensual“ Praktiken, aber auch die werden abgesprochen. Und es gibt „after care“, das bedeutet u.a., dass man nach dem Sex oder BDSM-Play füreinander da ist, miteinander über seine Erlebnisse, Wahrnehmungen, Gefühle spricht.

Redet miteinander. Vor dem Sex. Währenddessen und danach. Verhandelt. Sagt, was euch gefällt und was nicht. Sagt ein enthusiastisches Ja oder ein klares Nein, je nach Situation und euren Bedürfnissen und Wünschen. Klingt unromantisch? Nicht sexy?
Dass solche Äußerungen ausgesprochen sinnlich sein können, habe ich mal in einem Video von Council of Geeks gesehen, in dem YouTuber*in Vera Wylde etwas Entsprechendes auf eine sehr sinnliche Weise sagt, zur Veranschaulichung.

Was könnt ihr von der Community lernen, die auf dem asexuellen und/oder aromantischen Spektrum ist?
Freundschaften sind genau so wichtig wie andere Beziehungen. Ja, wirklich. Oftmals herrscht unter Straights die Idee einer Hierarchie vor, bei der romantische Beziehungen das ultimative Ziel sind und über allen anderen Beziehungen stehen, auch Freundschaften.
Das kann allerdings fatal sein, z.B. wenn eine romantische Beziehung in die Brüche geht, man aber während der Zeit der Beziehung seines Freundeskreis völlig vernachlässigt hat oder nur gemeinsame Freund*innen hatte, die dann teilweise wegbrechen oder eine Seite ergreifen. Vielleicht habt ihr nicht „die eine beste“ Freundschaft, aber pflegt eure Freundschaften. Das mag bedeuten, dass ihr einiges an Zeit investieren müsst, vielleicht auch Unterstützung, wenn eure Freund*innen bei etwas Hilfe brauchen. Aber Freundschaften sind ja idealerweise ein gegenseitiges Geben und Nehmen.

Und in diesem Zusammenhang:

Queert eure Freundschaften

Freundschaften sind so vielfältig, wie die Leute, die sie eingehen. Löst euch von traditionellen Vorstellungen, wie eine Freundschaft auszusehen hat. Seid mutig. Macht eure eigenen Regeln.

Leanne Yau schrieb auf Instagram (Übersetzung von mir):
„Polyamorie erlaubt mir, tiefere Beziehungen mit meinen Partner*innen einzugehen, aber unvorhergesehener Weise hat sie mich auch dazu gebracht, tiefergehende Beziehungen mit meinen Freund*innen einzugehen. Da ich keinerlei Einschränkungen habe, wie ich meine Zuneigung gegenüber nicht-romantischen Freund*innen zeigen darf, gibt mir das die Freiheit, platonische Liebe so auszudrücken, wie ich es will.“

Hier ein paar Beispiele: Ihr wollt mit euren Freund*innen gemütlich auf dem Sofa kuscheln, obwohl ihr ihnen gegenüber weder romantische noch sexuelle Empfindungen hegt? Wenn eure Freund*innen das ebenfalls möchten, go for it. (Und wenn sie das nicht möchten, akzeptiert das.)

Eure Freund*innen und ihr wollt ein Candle Light Dinner in einem Restaurant, das als Inbegriff der Romantik gilt, aber einfach ganz platonisch? Warum eigentlich nicht?
Ihr wollt gemeinsam in den Urlaub fahren und teilt euch ein Zimmer, ein Zelt oder eine andere Übernachtungsstätte? Was spricht dagegen?

Im Film „Harry und Sally“ sagt Harry sinngemäß: „Männer und Frauen können nicht befreundet sein – irgendwann kommt ihnen der Sex dazwischen.“
Das stimmt allerdings nicht, denn es würde bedeuten, dass Menschen auf dem bi Spektrum keine platonischen Freund*innen haben können.

Und ich wage einfach mal die Behauptung, auch cis hetero Männer und cis hetero Frauen können einfach so befreundet sein. Löst euch von der Vorstellung, dass eine solche Freundschaft unbedingt in einer romantischen und/oder sexuellen Beziehung enden muss.

Was könnt ihr von der polyamoren Community lernen?

Eine Basis der Polyamorie ist Einvernehmlichkeit aller Beteiligten. Das bedeutet viel Beziehungsarbeit von allen und entsprechende offene, ehrliche Gespräche. Über die eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Das Aushandeln von Kompromissen. Über eigene Grenzen. Über Eifersucht und wie man damit einen konstruktiven Umgang finden kann. Auch Gespräche darüber, wie man einander unterstützen kann in den Beziehungen. Und last but not least Organisatorisches, wie Terminfindungen für gemeinsame Treffen, Ausgehen, Ausflüge, Carearbeit und noch mehr.

Ich stehe nicht allein mit der Meinung, dass auch für viele Straights eine solche intensive Beziehungsarbeit mit offenen, ehrlichen Gesprächen sehr bereichernd sein kann. Vielleicht können sie sogar eine Beziehung retten.

Es gibt viele verschiedene Arten von Anziehung

Auch das ist etwas, dass ihr aus der Community der Menschen auf dem asexuellen und aromantischen Spektrum lernen könnt. Zum einen gibt es das Split-Attraction-Model (SAM). Dieses besagt, dass die romantische Orientierung und die sexuelle (oder auch noch andere Formen von Orientierung) bei einer Person unterschiedlich sein können.

Ein persönliches Beispiel: Ich bin panromantisch. Das bedeutet, dass ich romantische Anziehung zu Menschen unabhängig von ihrem Gender empfinden kann. Und ich bin grau-asexuell. Das bedeutet grob gesagt, dass ich eher selten oder gar keine sexuelle Anziehung verspüre. Ich bin darüber hinaus außerdem aegosexuell, das wird z.B. hier erklärt:
https://orientation.fandom.com/wiki/Aegosexual

Entsprechend könnte eine Person, die sich immer als hetero verortet hat, feststellen, dass sie heteroromantisch ist, aber eine andere Form von sexueller Orientierung hat, oder umgekehrt, dass sie heterosexuell ist, aber eine andere Form von romantischer Orientierung hat. Aber natürlich gibt es auch heterosexuelle-heteroromantische Menschen.

Ein weiteres Beispiel ist Demisexualität: Menschen, die demisexuell sind, müssen zuerst eine emotionale Beziehung zu einem Menschen aufbauen, bevor sie eine sexuelle Anziehung zu diesem Menschen verspüren. Vielleicht kennt ihr das Trope „Friends to Lovers“, das passt oft recht gut.

Wenn ihr gern mal stöbern wollt zu den Themen romantische und sexuelle (und weitere) Orientierungen, hier gibt es ausführliche Auflistungen auf Englisch:
Romantic Orientation: https://orientation.fandom.com/wiki/Category:Romantic_Orientation

Sexual Orientation: https://orientation.fandom.com/wiki/Category:Sexual_Orientation

Ich hoffe, ihr konntet etwas aus diesem Beitrag für euch mitnehmen und ich wünsche euch gute Erfahrungen mit dem Queeren eurer Beziehungen, wenn ihr das ausprobieren möchtet.

Fußnote:
(1) PiV ist eine Abkürzung für „Penis in Vagina“

Weiteres zum Thema

„Konsens ist sexy“
https://amalia-zeichnerin.net/konsens-ist-sexy/

Eine Inspiration für diesen Blogbeitrag war die Podcastfolge „Romantasy“ vom Genderswapped Podcast, danke an Lena und Judith.
Link zur Folge: https://genderswapped-podcast.podigee.io/101-folge82

Interview mit Noah Stoffers

Noah Stoffers, Foto © Marco Ansing

Interview mit Noah Stoffers

Lesezeit: ca. 7 Minuten

Amalia: Hallo Noah, danke, dass du dir die Zeit nimmst für ein Interview. Du bist als Autor*in und Lektor*in tätig. Was gefällt dir an diesen beiden Tätigkeiten besonders? Und magst du das eine lieber als das andere?

Noah: An beiden Tätigkeiten liebe ich die Arbeit mit Geschichten und mit Sprache. Was sie unterscheidet, ist die Perspektive. Beim Schreiben meiner eigenen Romane bin ich automatisch tiefer in der Geschichte. Ich kenne sie irgendwann in- und auswendig. Im Lektorat schaue ich von außen auf eine Geschichte, die jemand anderes geschrieben hat, und kann auf inhaltlicher und stilistischer Ebene Hinweise zur Überarbeitung geben.

Ich liebe es schon sehr, meine eigenen Geschichten zu schreiben. Gleichzeitig merke ich bei einem neuen Lektorat immer wieder, wie bereichernd es sein kann, an anderen Geschichten mitzuarbeiten. Das hat auch mein eigenes Schreiben verändert.

© Droemer Knaur Verlag, Buchcoverdesign: © Alexander Kopainski

Amalia: Deinen neuen Urban-Fantasy-Roman „Cage of the Moon“, der im Januar 2026 erscheint und vorbestellbar ist, durfte ich testlesen und finde ihn schön divers, du gehst auch auf unterschiedliche Kulturen ein, wie es zu einer multikulturellen Stadt wie San Francisco sehr gut passt. Wie hast du für den Roman recherchiert? Und bist du selbst schon mal in San Francisco gewesen?

Noah: San Francisco ist schon seit langem ein Traumziel von mir, aber ich war noch nicht dort. Ich habe einerseits viel zur Stadt recherchiert, durch Reiseberichte, Dokumentationen oder auch Vlogs von Bewohnern, die ihre Heimat online zeigen. Und ich wollte andererseits gerne Figuren, die San Franciscos Vielfalt widerspiegeln. Dafür habe ich zum Beispiel das Buch „American Brujeria: Modern Mexican American Folk Magic“ von J. Allen Cross gelesen oder auch Reportagen von Amerikaner*innen mit Migrationsgeschichte gesehen. Andere Sachbücher handelten zum Beispiel von der Darstellung von Vampiren im Laufe der Zeit oder von Alcatraz, das ein wichtiger Schauplatz ist. Auch Food- und Festivalblogs waren eine wichtige Inspiration. Außerdem hatte ich das Glück, dass ich von dir und auch von meiner Lektorats-Person, Lian Stollenwerk-Ganssehr wertvolle Anmerkungen bekommen habe.

Amalia: Stark, wie viel Recherche in deinem Roman steckt. Wie bist du auf die Idee zu für die Geschichte gekommen?

Noah: Den Anstoß hat ein Gespräch mit meiner damaligen Lektorin Jacqueline Wagner nach einer Lesung gegeben. Wir hatten uns über Vampir- und Werwolf-Romane unterhalten und über die Chancen, polyamore Geschichten zu schreiben. Ich wollte schon lange eine Liebesgeschichte zwischen mehr als zwei Personen schreiben und ich habe Werwölfe sehr gern. Hauptsächlich, weil ich in Pen-&-Paper-Runden regelmäßig Werwölfe gespielt habe. Vampire waren ein neues Feld für mich, aber ich wollte gern eine Heldin haben, die mindestens genauso stark ist, wie die beiden männlichen Hauptfiguren.

Gabhán, Honora und Dan. Charkterportraits
© @jessamyart

Amalia: Das ist dir aus meiner Sicht fantastisch gelungen. Welche Figur im Roman, abgesehen von deinen drei Hauptfiguren, magst du besonders, und warum?

Noah: Es hat tatsächlich Spaß gemacht, den Antagonisten Ryder Mallroy zu schreiben, der ein ziemliches Ekelpaket ist. Und ich bin ein großer Fan von Dans Kollegin, einer Art magischer Polizistin, die alleinerziehende Mutter ist, Mode liebt und sich von niemandem herumschubsen lässt.

Amalia: Mit deinem Dark-Academia/Fantasy-Roman „A Midsummer’s Nightmare“, den ich sehr empfehlenswert finde, warst du auf der Spiegel-Bestseller-Liste. Was war das für ein Gefühl für dich?

Noah: Vielen Dank für das liebe Kompliment! Die Nachricht von der Platzierung auf der Bestseller-Liste habe ich im ersten Moment überhaupt nicht geglaubt. Ich fragte sogar zurück, ob da nicht vielleicht ein Irrtum vorliegen würde, weil ich es für ausgeschlossen gehalten habe. Danach war ich aber ungeheuer glücklich. Obwohl der orange Bestseller-Sticker ja nichts über die Qualität eines Buches aussagt, tut er einiges für die Sichtbarkeit. Deshalb war das schon lange ein großer Traum von mir. Die Nachricht kam am Nachmittag meines Geburtstags an: Ich habe sehr aufgeregt meine Eltern angerufen und war dann noch eine Weile völlig aus dem Häuschen.

Amalia: Das freut mich sehr für dich. Was steht als nächstes für dich an? Schreibst du an einem neuen Projekt (falls du schon etwas darüber verraten kannst) oder arbeitest du eher an Lektoraten oder etwas anderem?

Noah: Ich habe schon zwei Romanideen, die ich sehr gerne schreiben würde, da ist aber im Augenblick noch nichts spruchreif. Außerdem habe ich im Dezember das nächste Lektorat, vorher noch eine Lesung und hoffentlich ein Seminar. Als Selbstständig*er habe ich meistens mehrere Bälle in der Luft und arbeite oft an mehr als einem Projekt.

Amalia: Du gibst auch manchmal Workshops für Autor*innen zum Thema Schreiben von trans und nichtbinären Figuren, bzw. queere Repräsentation. Was für Erfahrungen hast du damit gemacht? Schreibe auch gern, wo man deine Workshops finden kann.

Noah: Das ist eine Arbeit, die ich sehr gern mag. Gerade durch den Austausch in den Workshops. Ich gestalte sie in der Regel so, dass es einen Vortrag gibt und danach oder zwischen zwei Vortragsblöcken Diskussionen und gemeinsame Aufgaben. Meistens kommen da Menschen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen und Lebenserfahrungen zusammen – was oft zu spannenden Gesprächen führen kann. Besonders oft werde ich zur Darstellung von queeren Figuren gebucht. Aber ich gebe auch sehr gern Fortbildungen rund um den Weltenbau.

Am 8. November 2025 gebe ich zum Beispiel ein Seminar für die Bücherfrauen zu queerer Repräsentation in den Medien.
https://www.buecherfrauen.de/termine/artikel/diversitaet-in-romanen-queere-repraesentation-1

Und zusammen mit Victoria Linnea und Nora Bendzko arbeite ich gerade im Hintergrund an einer Seminarreihe. Dafür gibt es hier eine unverbindliche Warteliste:
https://www.victorialinnea.de/diversitaet101-warteliste

Amalia: Apropos Diversität – sprechen wir kurz über progressive Phantastik und Diversität. Was hat sich aus deiner Sicht in den vergangenen paar Jahren diesbezüglich auf dem Buchmarkt verändert? Ist die Phantastik zumindest teilweise progressiver geworden oder war mehr Diversität in der Literatur nur eine Art kurzer Trend?

Noah: Ich habe schon den Eindruck, dass Bücher mehr Diversität zeigen als vor zehn Jahren und dass die Repräsentation auch immer besser gelingt. Sowohl bei deutschsprachigen Autor*innen als auch bei Übersetzungen sehe ich mehr Own-Voice-Romane und auch viele Autor*innen, die sich sichtlich um gute Repräsentation bemühen. Ich glaube, das ist die stärkste Veränderung. Gleichzeitig ist Progressivität in den Medien generell eher ein Marathon als ein Sprint. Die Strukturen in den Verlagen verändern sich nicht so schnell und der Markt ist nicht von jetzt auf gleich ein komplett anderer.

Er ist gefühlt in den letzten Jahren sogar noch härter, noch schnelllebiger geworden – was natürlich gerade mit zum Beispiel chronischen Erkrankungen, geringem Einkommen oder als Alleinerziehende kaum zu stemmen ist. Also können Marginalisierte härtere Produktionsbedingungen im Zweifel noch schlechter wegstecken.

Und natürlich schreibt auch nicht die gesamte Buchbranche nur noch Romane voller Diversität. Viele Alteingesessene bleiben seit Jahren ihren Themen treu und haben schlicht kein Interesse an progressiven Büchern. Manche lehnen sie sogar regelrecht ab, vielleicht weil sie sich von dieser Entwicklung bedroht fühlen.

Also ich würde sagen, es gibt einen merklichen Fortschritt – aber eben auch noch Luft nach oben.

Amalia: Wenn du zwei Wünsche frei hättest, was würdest du dir von Leser*innen und dem deutschsprachigen Buchmarkt wünschen?

Noah: Von den Lesenden würde ich mir wünschen, dass sie sich auf Bücher einlassen, die die Lebensrealität von Marginalisierten oder schlicht anderen Kulturen abbilden – gerade auch dann, wenn es mit Gewohnheiten bricht und vielleicht mal herausfordernd ist. Bitte gebt diesen Büchern eine Chance! Und wenn sie euch gefallen, dann feiert sie genauso, wie berühmte Titel.

Vom Buchmarkt würde ich mir wünschen, dass er anfängt, seine Strukturen aufzubrechen. Wir stecken alle in finanziellen Zwängen, aber wenn Autor*innen unter dem Druck, gleichzeitig im Akkord zu schreiben und ihre Bücher zu bewerben, zusammenbrechen, dann hat der Buchmarkt dauerhaft nichts davon. Gebt uns mehr Zeit und mehr Unterstützung beim Marketing. Gerade auch bei ungewöhnlichen Ideen, die vielleicht ein Risiko darstellen.

Amalia: Danke für deinen Aufruf an die Lesenden und den Buchmarkt. Gibt es noch etwas, was du gern ansprechen möchtest?

Noah: „Cage of the Moon“ ist mein erster romantischer Fantasy-Titel. Ich habe großen Respekt davor, über Liebe, Romantik und Bettgeflüster zu schreiben. Gerade, weil es keine Kleinigkeit ist, diese Gefühle in Worte zu packen. Aber natürlich wird es auch wieder Geheimnisse, Verbrechen und einen magischen Weltenbau geben. Der Roman erscheint Mitte Januar 2026 und ich bin schon sehr gespannt darauf, wie er den Lesenden gefällt.

Herzlichen Dank, dass du ihn noch in der ersten Fassung gelesen hast. Das hat definitiv Spuren auf den Seiten hinterlassen. Und vielen Dank für das Interview!

Amalia: Vielen Dank auch von mir für das Vertrauen beim Testlesen und dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast. Last but not least: Wo kann man dich online finden? (Deine Webseiten und/oder Social Media Profile)

Noah:

Am ehesten auf Instragram: https://www.instagram.com/noah.stoffers

Aber auch hier:

Threads: https://www.threads.com/@noah.stoffers

TikTok: https://www.tiktok.com/@noah.stoffers

Lektorats-Webseite: https://www.textpfade-lektorat.de/

Bücher
Die Verlagsseite von „A Midsummer’s Nightmare“
https://www.droemer-knaur.de/buch/noah-stoffers-a-midsummer-s-nightmare-9783426530177

Die Verlagsseite von „Cage of the Moon“
https://www.droemer-knaur.de/buch/noah-stoffers-cage-of-the-moon-9783426564752

Bücher von Noah Stoffers im Amrûn Verlag:
„Berlin – Rostiges Herz“ https://amrun-verlag.de/produkt/berlin/

„Berlin – Magische Knochen“ https://amrun-verlag.de/produkt/berlin-magische-knochen-band-2/

Vorstellung der Aktion #DiversityDienstag

Jüngst gab es einen Skandal mit dem rechtskonservativ ausgerichteten „Aktionsbündnis Fantastik und Gesellschaft“. Die betreffende Webseite wurde mittlerweile vom Netz genommen wurde, aber das Manifest und die Erstunterzeichnenden sind immer noch auf einem Yopad und im Web Archive online lesbar – das Internet vergisst nicht.

Das alles hat mich zum Nachdenken gebracht und ich habe mir folgende Hashtag-Aktion überlegt: den #DiversityDienstag.

Ich schreibe seit 7.10. 2025 dienstags über progressive Phantastik, andere Genres sowie progressive Sachbücher und gebe Tipps oder teile Blogbeiträge von mir.

Nach dem Motto, wir müssen lauter sein als rechtskonservative und rechtsextreme Autor*innen, Verleger*innen und andere Leute mit diesen Einstellungen.

Aber ich möchte die Aktion gern noch weiter fassen. Von daher, wenn euch die Themen Diversität, Inklusion und Repräsentation in irgendeiner Form beschäftigen, macht gern ebenfalls dienstags mit und nutzt den Hashtag in euren Social Media.

Bitte beachten: Anders als bei mehreren Hashtag-Aktionen in Social Media gibt es KEIN vorgegebenes wöchentliches Thema. Schreibt bitte einfach dienstags mit dem Hashtag zu den Themen rund um Diversität, Inklusion, Repräsentation, progressive Bücher und Verwandtes, was euch in dieser Hinsicht bewegt.

Diesen Beitrag sehr gern teilen. Ihr könnt auch das Bild aus diesem Beitrag gern verwenden.

5 Strategies Against Fascism

Reading time: 4 minutes.
This is a summary I have written of part of the (German) podcast episode “What if there is fascism tomorrow?“ by Marina Weisband, Podcast “Wind und Wurzeln“ (“Wind and Roots“). There are several quotes of Marina (in italics). With kind permission from Marina Weisband, I have translated this summary from German into English.

Stay Human.
Always think about the human rights; they apply to all humans.
Keep your love deep inside your heart, for your family, for the world, for the animals, for nature, for whatever ignites love and joy inside of you.“

Check whether what you are being told (including in the news, on social media, etc.) is consistent with your values or whether it violates human dignity. Reflect on yourselves; view the world with a critical eye.

Create Beautiful Things.
Create poems, art, literature, music, or stories. Go pick some flowers. Invite your friends to a meal. Think of the children’s book “Frederick“ by Leo Lionni.
It is the beautiful things that help us through dark times, often small things (…) Dance. Laugh.“

Organize.
If there is one antidote against fascism, it is solidarity.“
Show solidarity to other people, also and especially to marginalized folks.
Solidarity is not only one of the best antidotes against fascism, but also against neoliberal ideologies, which like to have us as individualistic lone fighters. Everywhere where people support each other in solidarity, they show already now that there is a better future for everyone. Every form of solidarity, be it small or big, improves life immediately.“

Community spirit and trust in each other play a big part in this, whereas fascism thrives when everyone mistrusts everyone else.

Form “non-movements“, who act in unsuspicious places, exchanging goods and ideas – in associations, congregations, synagogues, mosques, while playing music together or other activities. Using small codes, other anti-fascists might recognize each other, for instance a rainbow-colored bracelet, a hairstyle, or something else.

You do in private what you can’t do publicly anymore, sharing banned books, music, art, and, essential, also humor.“ For this, you need “places that the fascist regime cannot control or enter. Where it cannot monitor what the people are doing there.“ This is why protest against mass surveillance (like of Palantir) is so important.

Create alternative channels of information.
The internet as we know it today won’t be like that in fascism. It will be censored. Whole platforms will be shut down. Just look at China, if you want to get an idea.“

An obvious method is word-of-mouth information sharing, or stickers and flyers with hidden messages. There are various technical possibilities for alternative channels of information.

That is why Marina Weisband suggests that you contact your local hacker spaces (“Embrace the hackers whom you trust.“) Another method is “decentralized ad-hoc networks where information is transported from one mobile end device to the next and so on.“

Sabotage.
You could call it hacking fascism.“
The hacker collective Anonymous launched a cyberwar against the Kremlin following the invasion of Ukraine. But also in your everyday life, you can do small things without much time and effort and without putting yourself at risk.

You could, for instance take your time looking for your ticket when the conductors on public transportation try to find fare dodgers. You could feign comprehension difficulties or clumsiness at authorities or stay longer at the restroom than necessary. Small things that disturb agencies, bureaucratic processes, police officers, or other representatives of the regime in their work. Also take a look at the appendix, at “The Simple Sabotage Field Manual“.

A conclusion by Marina that gives me hope: “Fascism always destroys itself, it is not a stable political system.“

About Marina Weisband
(translated from her website)
Marina Weisband is a certified psychologist and participatory educator. She runs the [German] “Aula Project“ on student participation and speaks at events and in public media about her work and topics such as political participation, digital society, media, and crises.

Appendix
The podcast episode in German, “Was, wenn morgen Faschismus ist?“
https://wind-und-wurzeln.podigee.io/2-new-episode

Marina Weisband’s Website (also in German): https://marinaweisband.de/

“The Simple Sabotage Field Manual“
https://en.wikipedia.org/wiki/Simple_Sabotage_Field_Manual
A quote from the wikipedia page: „The “Simple Sabotage Field Manual“ is a document written by the Office of Strategic Services in 1944. The manual was declassified by the Central Intelligence Agency in 2008. The manual was distributed to OSS officers in foreign countries in order to help them train “citizen-saboteurs” in German-occupied Europe.“

At the time I am writing this in late October 2025, you can read and download the manual here:
https://www.cia.gov/static/5c875f3ec660e092cf893f60b4a288df/SimpleSabotage.pdf