Jüngst gab es einen Skandal mit dem rechtskonservativ ausgerichteten „Aktionsbündnis Fantastik und Gesellschaft“. Die betreffende Webseite wurde mittlerweile vom Netz genommen wurde, aber das Manifest und die Erstunterzeichnenden sind immer noch auf einem Yopad und im Web Archive online lesbar – das Internet vergisst nicht.
Das alles hat mich zum Nachdenken gebracht und ich habe mir folgende Hashtag-Aktion überlegt: den #DiversityDienstag.
Ich schreibe seit 7.10. 2025 dienstags über progressive Phantastik, andere Genres sowie progressive Sachbücher und gebe Tipps oder teile Blogbeiträge von mir.
Nach dem Motto, wir müssen lauter sein als rechtskonservative und rechtsextreme Autor*innen, Verleger*innen und andere Leute mit diesen Einstellungen.
Aber ich möchte die Aktion gern noch weiter fassen. Von daher, wenn euch die Themen Diversität, Inklusion und Repräsentation in irgendeiner Form beschäftigen, macht gern ebenfalls dienstags mit und nutzt den Hashtag in euren Social Media.
Bitte beachten: Anders als bei mehreren Hashtag-Aktionen in Social Media gibt es KEIN vorgegebenes wöchentliches Thema. Schreibt bitte einfach dienstags mit dem Hashtag zu den Themen rund um Diversität, Inklusion, Repräsentation, progressive Bücher und Verwandtes, was euch in dieser Hinsicht bewegt.
Diesen Beitrag sehr gern teilen. Ihr könnt auch das Bild aus diesem Beitrag gern verwenden.
eine von vielen verschiedenen Solarpunkflaggen. Bildbeschreibung: Die Flagge ist grün und gelb, mit einer austrebenden Diagonale. Darin eingebettet ist eine runde, halbierte Form, oben mit einer stilisierten gelben Sonne, unten mit einem stilisierten Zahnrad auf grünem Untergrund
Lesezeit: ca. 3 Minuten
Solarpunk ist nicht nur ein literarisches und künstlerisches Genre, irgendwo zwischen Science-Fiction und Utopie mit positiven Zukunftsvisionen, sondern auch eine wachsende gesellschaftliche Bewegung weltweit, die nicht zentral organisiert ist. Das hat sie übrigens gemeinsam mit dem Paganismus/Heidentum und der Hexen-Community, aber ich schweife ab. Solarpunk-Beiträge finde ich viele im Fediverse – zumindest für den deutschspr. und englischspr. Raum, andere sind für mich persönlich wegen der Sprachbarrieren nicht accessible.
Was die Fiktion und auch Kunst angeht, aber auch weitere Informationen zu Solarpunk, kann ich die Story Seed Libary empfehlen. Diese wurde in mehrere Sprachen übersetzt, hoffentlich auch später ins Deutsche: https://storyseedlibrary.org/
Dort gibt es Kunst und Ideen für Geschichten. Die Kunst ist von menschlichen Künstler*innen gemacht, frei von KI-generiertem Slop und darf unter bestimmten Bedingungen genutzt werden. Mehr darüber hier: https://storyseedlibrary.org/pages/about/
Ein englischsprachiges Video mit vielen schönen Bildern, das gut erklärt, was Solarpunk ist, stammt von Andrewism (4,5 Minuten):
Ich zitiere daraus: „Solarpunk embraces a diversity of tactics: there is no single right way to do solarpunk. Instead, diverse communities from around the world adopt the name and the ideas, and build little nests of self-sustaining revolution.“
Übersetzung: „Solarpunkt umarmt eine Vielfalt an Taktiken: Es gibt nicht die eine richtige Art, Solarpunk zu sein oder zu machen. Stattdessen gibt es vielfältige Communities weltweit, die den Begriff und die Ideen für sich nutzen und kleine Nester einer selbstversorgenden Revolution bauen.“
Einige Beispiele für Möglichkeiten, wie sich das umsetzen lässt:
Upcycling und DIY (letzteres vor allem mit recycelten Materialien, bzw. nicht alles neu gekauft)
Guerilla Gardening
Permakulturen
eher Second-Hand-Kleidung, nachhaltige oder selbstgenähte Kleidung anstatt von Fast Fashion
Antikapitalistische und antifaschistische Aktivitäten
Materialien oder Werkzeuge verleihen
Vegetarisch oder vegan leben
Selbstversorgung: im eigenen Garten oder auf dem Balkon Obst, Gemüse oder Kräuter anbauen und mit seiner Community teilen (wenn die Ernte gut ausfällt und etwas übrig bleibt zum Teilen)
Solarpanele und Wärmepumpen, sowie andere Formen erneuerbarer Energie
generell Nachhaltigkeit aller Art
Alternativen zu großen Konzernen (z.B. Meta, Amazon, Spotify …) nutzen
Nachbarschaftstreffen, bei denen man schaut, welche Nachbar*innen Hilfe benötigen oder wie man sich gegenseitig unterstützen kann
Umwelt- und Tierschutzaktivitäten
Demonstrationen und andere politische Tätigkeiten für Social Justice, Klima- und Umweltschutz
Vielleicht macht ihr selbst auch einiges davon? Wer weiß, vielleicht schlummert auch in euch ein Solarpunk …
Ein weiteres Zitat aus dem Manifest: „Solarpunk culture includes all cultures, religions, abilities, sexes, genders and sexual identities.“
Übersetzung: „Die Solarpunk-Kultur schließt alle Kulturen, Religionen, Fähigkeiten, (Menschen aller) sexuellen Orientierungen, Gender und sexuellen Identitäten mit ein.“
Ihr seht, Solarpunk ist ein Diversitätsthema. Und das alles macht mir Hoffnung. Apropos Hoffnung, es gibt im Solarpunk auch Überschneidungen zum Genre Hopepunk (1)
Zum Thema belletristische Bücher: Im deutschsprachigen Raum weiß ich bisher von zwei Anthologien, die sich mit Solarpunk befassen: „Sonnenerwachen – Facetten des Aufbruchs“ hrsg. von Karl-Heinz Zimmer und Saskia Dreßler und „Sonnenseiten – Streetart trifft Solarpunk“ https://muenchnerschreiberlinge.com/anthologie/sonnenseiten/
Im englischsprachigen Raum hat z.B. Susan Kaye Quinn mehrere Solarpunk-Romane geschrieben, siehe: https://susankayequinn.com/
Susan ist auch im Fediverse sehr aktiv: @susankayequinn@wandering.shop
Ein Zitat über Hopepunk, das aus meiner Sicht auch zu Solarpunk passt: „Hopepunk is about fighting for a better future and taking action and doing radical kindness.“ (Alexandra Rowland) Beispiele für Hopepunk-Romane im deutschsprachigen Raum ist „Wasteland“ von Judith und Christian Vogt, sowie die Fortsetzung „LayLayLand“.
Ein Beitrag für die Aktion #DiversityDienstag Lesezeit: ca. 8 Minuten
Inhaltswarnung: Queerfeindlichkeit, auch Transfeindlichkeit, normative Vorstellungen, Gewalt gegenüber queeren Menschen in der Vergangenheit und heute.
Die kurze Antwort auf meine Ausgangsfrage lautet: Weil die LGBTIAQ*-Community mit traditionellen Rollenbildern/Genderrollen bricht.
Nun etwas ausführlicher:
Heteronormativität Wir leben in einer Gesellschaft, in der Heterosexualität als das „Normale“ betrachtet wird, der „Standard“. Alles, was davon abweicht, wird von Verfechtern des Patriarchats häufig mit Misstrauen betrachtet, sanktioniert, lächerlich gemacht, diskriminiert oder Schlimmeres. Auf dem Papier haben wir alle die gleichen Rechte, aber die sexuelle Orientierung und die Gender-Identität sind immer noch nicht entsprechend im Grundgesetz verankert. Ich zitiere aus einem aktuellen Artikel: „Die Grünen und der Bundesrat wollen Artikel 3 des Grundgesetzes um das Merkmal der „sexuellen Identität“ ergänzt wissen. Eine Mehrheit dafür ist aber nicht in Sicht.“ (1)
Breaking the binary Nichtbinäre Menschen sprengen nicht nur die althergebrachten Vorstellungen über Männer und Frauen, sondern auch das binäre System von „Mann“ und „Frau“. Einfach völlig unvorstellbar für viele cis Menschen, leider.
Smash the Cistem Trans Menschen brechen ebenfalls aus diesem System aus, zum Beispiel, aber nicht nur, mit geschlechtsangleichenden Maßnahmen. Sie fügen sich also, wie auch nichtbinäre Leute, nicht in die Geschlechterrolle, die das Patriarchat ihnen vorschreibt. Ich wage mal die Vermutung zu äußern, dass viele TERFs (2) unbewusst oder bewusst sehr frustriert sind mit dem Ausleben ihrer starren Geschlechterrollen und was das für sie bedeutet – sie projizieren dann ihre Frustration auf andere und so suchen sie sich Sündenböcke, an denen sie sich abarbeiten können, insbesondere trans Frauen und trans Männer.
Feminine Männer, maskuline Frauen? Der Ausdruck von Queerness ist vielfältig und viele Queers sind gender-nonconforming, das heißt, sie präsentieren sich ihrer Umwelt nicht so, wie es traditionelle Genderrollen vorschreiben. Beispiele: Frauen und FLINTA* (3)-Personen mit kurzen Haaren und „maskulin“ erscheinender Kleidung, Männer, die langes Haar und Nagellack oder auch Make-up tragen, Röcke anziehen … Aber auch manche cis heterosexuelle Menschen sind auf diese oder andere Weise gender-nonconforming.
Von Verfechtern des Patriarchats (ich lasse das mal so gegendert) wird aber all das schon als eine Bedrohung betrachtet. Entsprechend geraten z.B. auch Drag Queens und Drag Kings unter Beschuss.
Und ich spreche hier nicht nur vom Äußeren, sondern auch vom Verhalten. Männern, die weinen und sich nicht dafür schämen, sondern einen guten Zugang zu ihren Gefühlen haben? Frauen, die eine Kampfsportart machen oder aggressiv auftreten? Das gilt im Patriarchat als unmännlich bzw. unweiblich. Stattdessen versuchen uns Influencer*innen zu verkaufen, was ein „richtiger Mann“ sei oder wie Frauen zu sein hätten. In esoterisch-spirituellen Kreisen wird das dann auch als „devine feminine“ und „devine masculine“ angepriesen, aber mit einer tiefgründigen spirituellen Entwicklung haben die entsprechende Ratschläge wenig zu tun, sondern eher mit völlig überholten Rollenbildern wie aus den 1950ern.
Küche, Kinder, Kirche? Während es den wachsenden, toxischen Trend der „Trad Wives“ (vor allem, aber nicht nur, in USA) gibt, entziehen sich Queers auch hier den klassischen Rollenbildern. Einige gründen Regenbogenfamilien und das wird, ihr könnt es euch schon denken, auch als Bedrohung gesehen, denn wo kommen wir denn dahin, wenn zwei Frauen oder zwei Männer oder nichtbinäre Personen gemeinsam ein Kind aufziehen, oder ein trans Mann ein Kind gebärt? (Ja, das war Sarkasmus.) Andere Queers wollen gar keine Kinder haben – und, Überraschung, es gibt auch cis heterosexuelle Menschen, die keine Kinder haben möchten oder generell lieber Single sein wollen. In authoritären Regimes und im Kapitalismus ist das unerhört, und ich werde nun polemisch – Regimes und der Kapitalismus brauchen schließlich ständigen Nachschub an Leuten, die sie ausbeuten können: z.B. als Soldat in Kriegen oder als billige Arbeitskraft und natürlich auch Menschen – häufig, nicht immer, cis Frauen –, die unbezahlte Care-Arbeit machen. In der Popkultur wird die heteronormative, mononormative Kernfamilie – Mutter, Vater, Kind(er) –als das einzig Wahre propagiert. Immer wieder geht es in Filmen und Serien darum, dass die Familie das Wichtigste sei, dass sich Paare nach Konflikten wieder zusammenraufen, weil sie ihre Familie zusammenhalten „müssen“. Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien oder andere alternative Familienformen werden so gut wie nie gezeigt.
Internalisierte Queerfeindlichkeit Einige queere Menschen, insbesondere cis Männer, haben eine so starke internalisierte Queerfeindlichkeit, dass sie gewalttätig oder aggressiv gegenüber anderen Queers werden. Das ist ein psychologisches Phänomen, zu dem sich ein eigener Blogbeitrag schreiben ließe. Als im Jahr 2016 im Club Pulse in Orlando, Florida 49 Menschen ermordet wurden, kam die Frage auf, ob der Täter möglicherweise seine internalisierte Queerfeindlichkeit durch dieses Verbrechen ausagierte. (4)
Amatonormativität In einer Welt, in der Romantik als das höchste der Gefühle verkauft wird und als absolut erstrebenswert gilt, stellen aromantische Menschen den Status Quo in Frage. Und dass Romantik keineswegs nur eine private, sondern auch eine gesellschaftliche Angelegenheit ist, zeigt unter anderem dieses Video von Ace Dad Advice: „WTF is Romance anyway?“ (5)
Allosexualität bzw. Allonormativität In einer Welt, in der angeblich alle Menschen ein starkes Interesse an Sex haben, bzw. eine starke Libido (solche Menschen werden auch als allosexuell bezeichnet) … ihr könnt es euch schon denken, Leute auf dem asexuellen Spektrum stellen auch hier den Status Quo in Frage. Und dass etwas so Privates wie Sex auch eine gesellschaftliche und politische Dimension hat, zeigt sich unter anderem an Fragen wie: Wer darf Sex mit wem haben? Ich erinnere daran, dass queere Sexualität, insbesondere cis-männliche Homosexualität, in vielen Ländern lange Zeit als Straftat galt oder bis heute gilt. Oder entsprechende Strafen wurden wieder eingeführt. Weitere Fragen könnten sein: Wie darf Sexualität dargestellt werden? Wie sind die Arbeitsbedingungen von Sexarbeiter*innen – falls sie überhaupt dieser Tätigkeit nachgehen dürfen? Zu diesem Thema gibt es ganze Bücher.
Mononormativität Für Verfechter des Patriarchats wird alles als Bedrohung betrachtet, dass das Konzept „Eine (Liebes-)Beziehung oder Ehe besteht aus zwei Personen“ in Frage stellt. Alles andere – offene Beziehungen, Polyamorie, Beziehungsanarchie ist im Patriarchat undenkbar und wird dahingehend sanktioniert, dass Menschen z.B. nur eine Person heiraten können.
Toxische Maskulinität Im Patriarchat wird an toxischer Maskulinität festgehalten. Dabei schadet diese allen, nicht nur Frauen und FLINTA*s, sondern auch den Männern selbst. Einen guten Beitrag über dieses Thema gibt es z.B. von Rising Gaze auf Instagram. (6)
Und leider wird toxische Maskulinität immer noch in der Popkultur massiv beworben sozusagen: In der Dark Romance und in anderen Genres werden toxische Beziehungen (oft mit Stalking, Entführung und ähnliches) oft ohne differenzierte Betrachtung romantisiert (7). Im weiten Feld von Thrillern, Actionfilmen und entsprechenden Games wird praktisch immer Gewalt, bis hin zu Mord, als das oftmals einzige Lösungsmittel für Konflikte dargestellt.
Auch werden Männer in der Popkultur häufig als hypermaskulin dargestellt. Schauspieler, die sich wochenlang quälen müssen, damit sie Muskeln aufbauen bzw. einen Sixpack bekommen, können vermutlich ein Lied davon singen. Dass dieses hypermaskuline Aussehen in den meisten Fällen ein unrealistisches Bild zeichnet, muss ich hoffentlich nicht erklären. Männer hingehen, die irgendwie „feminin“ wirken, sei es im Verhalten, innerliche Befindlichkeit oder Aussehen, werden als unmännlich betrachtet und ihnen wird häufig mit queerfeindlichen Slurs begegnet.
Das Sonderregister In den letzten paar Jahren gab es weltweit einen massiven rechten Backlash gegenüber queerem und queerfeministischem Aktivismus, da erzähle ich euch nichts Neues. Patriarchale Strukturen sind gewalttätig, sie drehen sich sehr stark um Macht und Kontrolle. Eine Form dieser Kontrolle war das von der Bundesregierung ursprünglich geplante Sonderregister. Ich zitiere aus einer Campact-Petition, die sich gegen das Sonderregister wandte und über eine Viertelmillion Unterschriften erzielte:
„Hallo, ich bin Penelope Alva Frank, Transfrau, queerfeministische Aktivistin und Gründerin der queerfeministischen Bewegung Queermany.
Ich weiß, wie es ist, jeden Tag Blicke, Sprüche und Angriffe auszuhalten, nur weil ich trans bin. Ich erlebe Queerfeindlichkeit auf der Straße, online und sogar in meinem Aktivismus wie bei, Polizei Gewahrsam 2023 und ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn falsche Polizisten oder Behördenmitarbeiter Zugriff auf mein früheres Geschlecht haben.
Die geplante Verordnung bedeutet: Trans*, inter* und nicht-binäre Menschen sollen dauerhaft markiert bleiben – bei jeder Behörde, bei jeder Abfrage, unabhängig davon, ob wir das wollen. Während bei Heirat oder Adoption der frühere Name oft keine Rolle mehr spielt, soll hier ein Sonderregister etabliert werden, das gezielt Informationen speichert und weiterleiten darf.
Wir wissen aus der deutschen Geschichte:
Jüdinnen und Juden wurden systematisch erfasst, um sie sichtbar zu machen, auszugrenzen und zu verfolgen.
Queere Menschen standen jahrzehntelang auf Listen, wurden mit § 175 kriminalisiert, eingesperrt und erpresst.
Listen machen Minderheiten verletzlich – damals wie heute.
Mir ist wichtig: Ich setze diese grausamen Verbrechen nicht gleich mit heute. Aber ich weiß, wohin Sonderregister führen können, wenn Gesellschaften kippen und Hass stärker wird. Und gerade jetzt, in Zeiten täglicher queerfeindlicher Hetze, macht mir das Angst: Solche Listen könnten Missbrauch ermöglichen und als Transfrau wäre ich dann noch weniger sicher.“ (8)
Im rechten Backlash und von den Verfechtern des Patriarchats werden gezielt Feindbilder aufgebaut, Sündenböcke gesucht und queeren Menschen, die einfach nur friedlich auf ihre persönliche Weise existieren wollen, werden ihre Menschenrechte abgesprochen.
Und deshalb brauchen wir weiterhin Pride-Demos und müssen weiter für unsere Rechte kämpfen. Danke fürs Lesen. Dieser Beitrag darf gern geteilt werden.
(2) TERF ist eine Abkürzung für Trans Exclusionary Radical Feminist, also Feminist*innen, die trans Menschen aus ihrem Feminismus ausschließen. Ein sehr prominentes Beispiel dafür ist die Autorin und anti-trans Aktivistin JK Rowling.
(3) Die Abkürzung FLINTA* steht für Frauen, Lesben, Intergeschlechtliche, Nichtbinäre, Trans, Agender. Der Genderstern steht für weitere Identitäten, die nicht cis-männlich sind.
Lesezeit: 3 Minuten Neulich habe ich ein Babysitting für ein viereinhalbjähriges Kind gemacht. Es wurde zu mir nach Hause gebracht, aber in meinem Bücherregal habe ich nur wenige Kinderbücher. Ich dachte mir, vielleicht finde ich etwas in einem Buch mit den Märchen der Gebrüder Grimm.
Das war sehr, sehr naiv von mir. Als ich begann, dem Kind „Aschenputtel“ vorzulesen, wurde mir nach wenigen Zeilen bewusst, wie unpassend der historische Originaltext des Märchens für den Zeitgeist und Kinder von heute ist. Ich muss dazu sagen, ich habe diesen Originaltext schon seit Jahrzehnten nicht mehr gelesen. Hier zwei Beispiele: Zunächst ging es bei Aschenputtel um Gottesfürchtigkeit und Frommheit. Bald darauf um Stiefschwestern, die zwar „schön und weiß von Angesicht waren“ aber „garstig und schwarz von Herzen“ waren. Ich hoffe, ich muss euch nicht erklären, warum der Satz mit den Stiefschwestern problematisch ist aus heutiger Sicht. Und das sind nur kurze Beispiele.
Mein nächster Gedanke war: Hat eigentlich schon mal jemand versucht, den Originaltext stilistisch so zu überarbeiten, dass er besser in eine diverse, bunte Gesellschaft passt? Ich meine keine Märchenadapationen und auch keine Disney-Verfilmungen.
Dann wurde mir allerdings schnell klar, eine solche Überarbeitung würde auch nicht reichen. Es gibt einfach zu viele Inhalte in diesen Märchen, die aus heutiger Sicht überholt, veraltet, problematisch sowie voller Vorurteile und Stereotypen sind und schon gar nicht passend für Kinder: Die böse Hexe in „Hänsel und Gretel“ stirbt den Feuertod (ein Echo auf die realen Hexenverfolgungen und deren Scheiterhaufen). Die Prinzessin oder eine junge Frau von niederem Stand muss ganz heteronormativ den Prinzen heiraten, was für zahlreiche Märchen gilt. Wer in einem Grimmschen Märchen „entstellt“ oder behindert ist, wird meistens auch als böse, hässlich und verkommen dargestellt, oder die Behinderung ist eine göttliche Strafe, die es durch tugendhaftes Verhalten zu überwinden gilt. In diesem Zusammenhang kann ich übrigens das Sachbuch „Entstellt – Über Märchen, Behinderung und Teilhabe“ von Amanda LeDuc sehr empfehlen.
Das Märchen „Frau Holle“ beginnt mit den Zeilen: „Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere häßlich und faul.“ Im weiteren Verlauf geht es dann u.a. um die Tugendhaftigkeit der Fleißigen. Was mich auf sehr unangenehme Weise an den Kapitalismus und die Leistungsgesellschaft erinnert, sowie an einige Strömungen im Christentum, wie den Calvinismus. (Und ich fange jetzt nicht mit dem Christofaschismus bzw. Christlichen Nationalismus in USA und anderen Ländern an, sonst sitzen wir morgen noch hier.)
Und es ließen sich sicherlich noch viele Beispiele in weiteren Märchen finden. Deshalb werfe ich mal die unpopular opinion in den Raum, dass die Grimmschen Märchen zumindest in ihrer Urform nicht in Kinderhände gehören.
Die gute Nachricht ist: Es gibt auf der ganzen Welt Märchen, aus so vielen Kulturen und darunter sind sicherlich auch viele, die sich wirklich für Kinder von heute eignen, besser als die alten Grimmschen Märchen. Und es gibt moderne, diverse Kunstmärchen von verschiedenen Autor*innen und auch Märchenadapationen für Kinder und/oder Erwachsene.
Last but not least eine Eigenwerbung: Ich selbst habe ein queeres Märchen für Jugendliche und Erwachsene geschrieben: „Queer durch die Märchenwelt: Der Prinz, der mich liebte“. Darin tauchen zwar mehrere Figuren aus den Grimmschen Märchen auf, aber ich verwende sie eher für humorvolle Einlagen.