Manchmal bin ich frustriert, dass Popkulturelles, was ich als Kind oder Jugendliche mochte, sich nun für mich als -istisch herausstellt. Rassistisch. Sexistisch. Queerfeindlich. Ableistisch, oder noch anders menschenverachtend oder zumindest verletzend.
Das Kinderlied „Drei
Chinesen mit dem Kontrabass”? Rassistisch. Gründe dafür kann man
hier nachlesen:
Ganz zu schweigen von all den vielen schon älteren Büchern, in denen vollkommen unreflektiert das N-Wort genannt wird. Ich erinnere auch daran, dass ein langjährig etablierter Fantasyautor kürzlich auf einer Veranstaltung davon sprach, er werde das N-Wort auch weiterhin verwenden.
Gefühlt eine
Million romantischer Kömodien der letzten Jahrzehnte –
frauenfeindlich, sexistisch, veraltete oder konservative
Vorstellungen von Gender, heteronormativ. Oft sind auch toxische
Tropes enthalten, wie Stalking (gern romantisch verklärt als „das
Erobern einer Frau”) oder Gaslighting.
Ich könnte nun noch viele Beispiele nennen. Man schaue sich z.B. mal an, was Latinx und Bl_PoC in Hollywood häufig früher (und auch noch heute) für stereotype Nebenrollen angeboten bekommen (haben). Zum Beispiel: Raumpflegerin, Nanny, Kleinkriminelle, Gang-Mitglied, Service-Kraft, Drogensüchtige oder auch der funny Sidekick der weißen Protagonist:innen.
Ich bin frustriert.
Filme/Serien, die älter als 10 – 20 Jahre sind, sind oft voll
solcher problematischen Tropes. Bücher oft ebenso. Ich habe keine
Lust mehr darauf, mir das anzusehen oder es zu lesen. Die Nostalgie,
die ich dabei empfinden könnte, wird angesichts all solcher Tropes
ganz schnell schal.
Aber eigentlich ist diese Frustration ein gutes Zeichen.
Denn ich bin nicht allein damit und es zeigt mir, wie sehr sich die Gesellschaft und der Zeitgeist verwandelt hat. Dass es immer mehr Menschen gibt, die solche -ismen, solche Tropes hinterfragen. Die das nicht mehr hinnehmen wollen. Die sich inklusiveres Entertainment wünschen, authentischer Repräsentation. Das kommt allmählich auch in den Köpfen der Kunstschaffenden an, bei Autor*innen, in der Filmindustrie und noch anderen Kunstgattungen.
Klar, es gibt noch immer die, die dann als erstes die Freiheit der Kunst mit Händen und Füßen verteidigen wollen. Das sind z.B. Leute, die verlangen, man müsse „die Kunst vor den Moralaposteln” retten. Nein, das muss man nicht. Und die Etablierten, die Privilegierten, die am Alten festhalten, weil es für sie bequemer ist, die werden nicht ewig kreativ sein. Machen wir es anders.
Disclaimer: Im folgenden Text spreche ich von Kunst und Künstler*innen. Damit ist in diesem Fall nicht nur die bildende Kunst gemeint, sondern alle Kunstgattungen: Schriftstellerei, Musik, Schauspiel, Tanz, Bildhauerei, Film und andere.
Die Forderung nach der absoluten Freiheit der Kunst, das habe ich in den letzten Monaten, auch im Zusammenhang mit der viel diskutierten Meinungsfreiheit, immer wieder gehört. Das Phantastik Autoren Netzwerk e.V. (PAN) hat kürzlich sein Programm für das diesjährige Branchentreffen veröffentlicht. Einer der Programmpunkte stieß teilweise auf Befremden, sowie mehrfach auf offenen Protest und wurde heftig diskutiert, hier auf Facebook und Twitter – der Vortrag „Rettet die Kunst vor den Moralaposteln!“ von dem Künstler Peter Kees. (Ein entsprechender Artikel von Kees ist auch online zu finden.) Der Programmpunkt wurde nach längerer Diskussion, bei der sich sowohl Vereinsmitglieder als auch Externe zu Wort meldeten, schließlich abgesagt und durch einen anderen ersetzt.
Wie steht es um die Kunst heutzutage und vor allem die Trennung von Kunst und Kunstschaffenden?
Die #metoo-Bewegung hat vieles ins Rollen gebracht, nicht nur in Hollywood. Kevin Spacey, der sexuellen Missbrauchs angeklagt wurde, wurde aus einem Film herausgeschnitten, der noch nicht fertig gedreht war. Mehr und mehr Menschen (vor allem, aber nicht nur, Frauen) aus dem Showbusiness meldeten sich zu Wort, bericheten von Missbrauch, sexueller Belästigung, Vergewaltigungen. Auch bislang mehr oder wieder unangetastet gebliebene Filmgrößen wie Woody Allen und Roman Polanski gerieten dadurch stark (bzw. noch stärker als bisher) in Kritik. Der Prozess gegen den Film-Mogul Harvey Weinstein läuft noch. (1) Die Autorin J K Rowling erntete einen Shitstorm, als sie transfeindliche Äußerungen von TERFs mehrfach unterstützte. (2) Die Vergabe des Literaturnobelpreises an den Österreicher Peter Handke geriet zum Politikum, da dieser auch in seinem Werk umstrittene politischen Haltungen äußerte. (3)
Aber wer sagt eigentlich, dass man die Kunstschaffenden von der Kunst trennen muss? Ich gehe davon aus, dass diese These besonders gern in den Kultur- und Geisteswissenschaften gesehen wird. Dass sie von Kunstkritiker*innen genutzt wird, um sich allein auf das Werk einer Person zu konzentrieren, ganz unabhängig von deren Leben. Das erleichtert sicherlich auch die Analyse eines Werks, denn für eine solche gibt es in den entsprechenden Wissenschaften klare Vorgaben.
Allerdings wird bei solchen Analysen von Kunstkritiker*innen oft sehr klar unterschieden, ob es sich bei der kunstschaffenden Person um einen Mann oder eine Frau (oder nonbinäre Person) handelt. Ist es ein Mann, so sprechen Kritiker gern davon, welche künstlerischen Vorbilder dieser offenbar hatte (oder auch nicht), bei wem er seine Kunst gelernt hat und ähnliches. Auf das Privatleben der Person wird eher selten eingegangen und das ist ja auch nicht notwendig, wenn man die Kunst ganz klar von ihrem Schöpfer trennt.
Ist die Kunstschaffende allerdings eine Frau oder nonbinäre Person, gehen Kritiker oft stark auf deren Biografie ein, im Sinne von „in ihrer Kunst spiegelt sich ihre Biografie in diesen/jenen Punkten wieder…” Auch auf Lebensgefährt*innen oder andere Beziehungen der kunstschaffenden Frau oder nonbinären Person (oder andere wichtige Personen in ihrem Leben) wird oft wesentlich stärker eingegangen als bei männlichen Kunstschaffenden. Das als solches zeigt deutlich die noch immer nicht vollständige Gleichberechtigung der Geschlechter, auch im Kulturbereich.
Natürlich
erleichtert es die Analyse und die Kritik an einem Werk, wenn man
sich dieses ganz unabhängig von der Person dahinter anschaut. Man
könnte sogar sagen, es ist deutlich bequemer, das zu tun.
Aber wir leben nicht mehr im 20. Jahrhundert, in dem die Aufgabe der Kunstkritik größtenteils allein beim Feuilleton großer Zeitschriften lag, bei entsprechend gebildeten Journalist:innen und Kulturwissenschaftler:innen.
Wir müssen die Kunstschaffenden nicht von ihrer Kunst trennen – weder die noch Lebenden, noch die Toten.
Wir leben in einer Zeit, in der sich viele Kunstschaffende direkt öffentlich zu Wort melden, in den social media. Dort wird anhand von Äußerungen oder auch einfach Likes meist recht schnell klar wird, was für Lebenshaltungen und Weltanschauungen die Kunstschaffenden vertreten – in Bezug auf Kultur, Politik und noch anderes. Viele Künstler*innen sind heutzutage öffentlich wie nie zuvor. Das hat alles seine Vor- und Nachteile, das steht außer Frage. Und so wie sich Kunstschaffende öffentlich zu Wort melden, können das auch die Kunstkonsument*innen tun. Und das sind nicht nur Kulturexpert*innen und Kulturwissenschaftler*innen sondern auch Laien, – z.B. Buchblogger*innen und andere Menschen, die Rezensionen schreiben. Heutzutage kann jede Person ihre persönliche Meinung zu einem Kunstwerk öffentlich teilen. Entsprechend müssen Kunstschaffende heutzutage auch mit deutlich mehr kritischen Rückmeldungen rechnen, als wenn ihre Werke nur (wenn überhaupt) wie vor Jahrzehnten, in entsprechend spezialisierten Publikationen rezensiert werden würden.
Ich bin keine Kulturwissenschaftlerin, aber ich schreibe und illustriere. Meine persönliche Erfahrung damit zeigt mir: Ich kann meine Kunst nicht von meiner Person trennen. Meine persönliche Lebenserfahrung, auch Haltungen und Überzeugungen, Wahrnehmungen und Empfindungen, all das fließt in mein Werk mit ein.
Kunst entsteht nicht in einem luftleeren Raum. Es ist nicht so, dass ich mich – wie es der ziemlich deutsche Genie-Gedanke gern heraufbeschwört – hinsetze und mir eine Muse (siehe Abbildung oben), die absolut und vollkommen unabhängig von meiner Person ist, Dinge einflüstert, die ich dann zu Papier bringe.
Ein Teil des kreativen Schaffensprozesses ist immer bewusst. Dieser Teil hat mit dem erlernten künstlerischen Handwerk zu tun. Dies ist auch der Teil, der in einer Kunstanalyse oder in Rezensionen nach klaren Kriterien recht objektiv bewertet kann. Bei Autor*innen geht es an dieser Stelle darum, wie sie die Sprache verwenden, ob und wie sie zum Beispiel Metaphern, Vergleiche, Elipsen und/oder die vielen anderen Stilmittel einsetzen, die es gibt. Bei einem Musiker kann ganz klar die Technik bewertet werden, mit der er sein Instrument spielt.
Aber es gibt auch einen unbewussten Anteil im kreativen Prozess, der unter anderen auf das Kollektive Unbewusste zurückgreift. Das alles gilt sowohl für die schriftstellerische Tätigkeit, als auch für Musik, Kunstmalerei, Schauspiel, die Bildhauerei und möglicherweise auch für den Tanz. Und bei diesem Anteil speist sich vieles nicht nur aus dem Kollektiven Unbewussten, sondern auch aus der persönlichen Lebenserfahrung der kunstschaffenden Person, und die muss nicht immer positiv sein. Auch seelische Verletzungen, Frustrationen, Kummer, Agressionen oder destruktive Züge können in einem künstlerischen Prozess verarbeitet werden.
Ich wiederhole es noch einmal: Ich kann meine Kunst nicht von meiner Person trennen. Das, was ich in meine Kunst lege, dafür gibt es z. B. den Begriff „Herzblut”. Ich leide mit meinen Protagonist*innen, versetze mich in sie hinein, folge ihnen bis hin zu Gedankengängen und Empfindungen, die mir persönlich fremd sind, und dennoch vertraut, weil vieles davon im Kollektiven Unbewussten verankert ist. Oder auch durch persönliche Beobachtungen oder weil ich durch andere Geschichten oder durch Austausch und Interaktion mit real existierenden Menschen die Beweggründe, Motivationen und ähnliches bei diesen fiktiven Figuren nachvollziehen kann.
Wenn mir also durch
meine persönliche Erfahrung bewusst ist, dass ich meine Kunst nicht
von mir selbst trennen kann, wage ich zu fragen: Warum sollte ich das
bei anderen Kunstschaffenden tun?
Zumal wenn sie noch leben und im Licht der Öffentlichkeit stehen, sich vielleicht auch öffentlich in Social Media austauschen und dort präsentieren? Wie ich schon weiter oben schrieb, wer sich öffentlich zeigt, der muss immer auch mit Kritik rechnen. Natürlich ist das unkomfortabel und natürlich kann man sich darüber aufregen, aber es ändert nichts daran. Wenn jemand kontroverse, provozierende Meinungen oder Geisteshaltungen vertritt, muss diese Person mit Gegenwind rechnen, vielleicht auch mit Shitstorms.
Mir ist durchaus bewusst, dass die „Cancel”-Kultur problematisch sein kann – wenn z.B. Äußerungen von Prominenten aus dem Zusammenhang gerissen werden oder wenn es unbewiesene Anschuldigungen gibt, die sich später als falsch herausstellen. Im Zweifel für die Angeklagten. Wenn es allerdings zu Anschuldigungen kommt, die sich als wahr erweisen – auch Kunstschaffende stehen nicht über dem Gesetz. Auch nicht, wenn sie renommierte Genies auf ihrem Gebiet sind.
Wer hat etwas davon, die Kunstschaffenden von der Kunst zu trennen? Diese These wird vor allem dann genannt, wenn es um Künstler*innen geht, die Kontroversen auslösen, aus welchem Grund auch immer. Es dient dazu, deren Kunst (und auch ihre damit erworbenen Privilegien) zu verteidigen, gegen die Kritik an der jeweiligen Person.
Tod dem Autor?
Der französische Philosoph, Schriftsteller und Literaturkritiker Roland Barthes (1915 – 1980) vertrat die Auffassung, „Tod dem Autor”. Man solle quasi beim Lesen literarischer Werke Absicht und Biografie des Autors ausblenden. Der Autor sei dahingehend „tot“ und was er mit seinem Werk ausdrücken wolle, sei unwichtig. Das ist eine aus meiner Sicht ziemlich radikale Forderung. Ich frage mich, ob dieser Philosoph dieselbe These auch in einer so medialen Welt wie der unseren formuliert hätte, aber das ist reine Spekulation.
Ich bin so sehr an Menschen interessiert, dass es mir nicht gelingt, die Kunst vom Kunstschaffenden zu trennen. Und das liegt auch gar nicht in meinem Interesse. Aus meiner Sicht ist die Kunst ist für die Menschen da, nicht die Menschen für die Kunst. Ich bin keine Kulturwissenschaftlerin, die nach rein rationalen, objektiven Bewertungskriterien Kunstwerke analysiert. Apropos Objektivität: Die ist bei der Betrachtung von Kunst ohnehin nie vollständig gegeben, ein Teil davon ist immer subjektiv. Weil Kunstkritiker*innen auch nur Menschen sind und ihre persönlichen Lebenserfahrungen haben. Es sind keine Maschinen, die ausschließlich rational-logisch handeln (und denken).
Wenn ich persönlich erfahre, dass Künstler*innen sich sehr destruktiv, menschenverachtend oder gar kriminell verhalten (haben), vermindert sich bei mir das Interesse an ihrer Kunst signifikant. Ich bin übrigens auch nicht interessiert an rein provozierender oder menschenverachtender Kunst.
Und wer in seiner Kunst nach Minderheiten, nach marginalisierten Menschen, tritt, kann bei mir nichts gewinnen, sondern nur alles verlieren.
Heute möchte ich gern wieder mal über ein Thema schreiben, das mir persönlich am Herzen liegt: Diversität und Inklusion in der Literatur, in der Phantastik.
Der Weltenbau, das ist ein zentraler Bestandteil jeglicher Phantastik. Gerade die Phantastik hat in all ihren vielen Subgenres (Fantasy, Science-Fiction, Steampunk, Horror, Dystopien, Hopepunk und viele mehr) die wortwörtlich phantastische Möglichkeit, Gesellschaft(en), politische Systeme, ja ganze Welten oder Universen anders zu denken.
Manche
Phantastikautor*innen orientieren sich sehr nah an realen
historischen Vorbildern und übernehmen dann auch gleich als das
Negative, was es in der Geschichte der Menschheit gegeben hat und
häufig noch immer gibt, z.B. Frauenfeindlichkeit,
Queerfeindlichkeit, Rassismus, Unterdrückung von Minderheiten.
Manche Phantastikautor*innen tun dies reflektiert, mit entsprechender
immanenter Gesellschaftskritik, indem sie zum Beispiel aufzeigen, was
Unterdrückung und menschenverachtende Verhaltensmuster so alles
anrichten kann.
Andere Autor*innen machen dies nicht, sie zeigen all solche negativen, destruktiven gesellschaftlichen Verhältnsse, ohne daran immanent Kritik zu üben, und verkaufen das dann als historisch inspirierten Realismus („Das war halt so im Mittelalter!” wird dann gern gesagt – ja, auch wenn es sich um Fantasy handelt). Zu diesem Thema hat Aurelia vom Blog „Geekgeflüster“ einen interessanten Essay geschrieben, den ich unten bei den weiterführenden Texten verlinkt habe.
Aber es gibt auch ganz andere Phantastik. Phantastik, die vollkommen ohne Queerfeindlichkeit, Rassismus, Fremdenhass, Sexismus, Ableismus oder andere schädliche, menschenverachtende -ismen auskommt. Ich habe in den letzten Jahren Fantasyromane gelesen, in denen Männer ganz selbstverständlich andere Männer heiraten konnten (1). Ich habe einen dystopischen Steampunk Roman gelesen, in dem die lesbische Protagonistin ganz einfach lesbisch sein kann, ohne dass dies zu dramatischen Verwicklungen führte oder als Plotdevice eingesetzt wurde (2). Zurzeit lese ich einen mit Preisen ausgezeichneten, fünfzig Jahre alten Science-Fiction Roman, in dem Gender und Sexualität vollkommen anders gedacht werden und auch ganz andere Auswirkungen auf Politik, Kultur und Gesellschaft haben (3). Es gibt Fantasy und Science-Fiction, in denen um Polyamorie kein Drama gemacht wird, sondern sie einfach als eine alternative Beziehungsform etabliert ist (4). Ich habe einen Hopepunk-Roman und einen Science-Fiction-Zweiteiler gelesen, in dem Neopronomen und nonbinäre Personen ganz selbstverständlich in die Handlung einbezogen wurden (5). Und das sind nur einige Beispiele für inklusive Phantastik.
Es gibt Fantasy und Science-Fiction, in denen Menschen, oder auch humanoide Aliens und Fantasykreaturen, mit verschiedenen Hautfarben und Herkünften, oder auch als Anhänger verschiedener Glaubensgemeinschaften, ganz selbstverständlich und ohne Drama zusammen an Aufgaben, Rätseln, Fällen oder anderen Problemen arbeiten, ohne Rassismen oder Diskussionen um ihre verschiedenen Religionen.
Es gibt Phantastik,
die inklusiv ist, die Protagonist*innen und/oder Nebenfiguren mit
Behinderungen, Neurodiversität, psychischen Erkrankungen (von
Betroffenen oft als Neurodivergenzen bezeichnet) oder chronischen
Erkrankungen als Handlungsträger*innen hat und zwar ohne, dass sich
diese Leute ständig mit Ableismus konfrontiert sehen, wie es viele
Betroffene ganz real im Alltag erleben.
Menschen, die von all solchen Dingen nicht im Geringsten betroffen sind, können sich vielleicht gar nicht vorstellen, was es für Betroffene, für Menschen aus marginalisierten Gruppen bedeutet, wenn sie sich selbst in der Literatur, in der Phantastik, oder auch in Filmen, Serien, Spielen etc. repräsentiert finden – und zwar auf eine Weise, die nicht in erster Linie das real immer wieder erlebte (Alltags-)Leid mit all den Diskriminierungen und -ismen widerspiegelt, sondern als Held*in einer Geschichte – oder wenigstens als starke Nebenfigur.
Dafür gibt es im englischsprachigen Raum den Hashtag #RepresentationMatters
Phantastik bietet wie kein anderer Bereich der Literatur die Möglichkeit, Welten zu erschaffen. Wenn du selbst als Autor*in solche Welten erschaffen willst – bitte geh in dich und frage dich, was für eine Welt soll es sein? Was soll sie widerspiegeln? Können die Kulturen, die Gesellschaften dort ganz anders sein als in unserer realen Welt? Was würde sich dadurch verändern? Phantasie kann eine Menge Macht haben, denn du kannst mit ihr ganze Welten kreieren. Nutze sie weise.
(1) Die „Inselreich“-Reihe von Jona Dreyer (2) „Berlin: Rostiges Herz“ von Sarah Stoffers (3) „Die linke Hand der Dunkelheit“ (auch veröffentlich als „Winterplanet“) von Ursula K. Le Guin (4) z.B. in „An Accident Of Stars“ von Foz Meadows (5) „Wasteland“ von Judith Vogt und Christian Vogt sowie die „Sternenbrand“-Dilogie von Annette Juretzki
Heute ein politischer Beitrag von mir. In Deutschland gibt es seit wenigen Jahren eine Partei, die sich bürgerlich-konservativ gibt und die eigentlich am rechtsäußeren Rand des politischen Spektrums angesiedelt ist. In dieser Partei gibt es Menschen, die die Demokratie abschaffen wollen. Diese Partei mischt mittlerweile in der Politik mit. (1) Wenn andere Parteien sie nicht daran hindern.
Zeitgleich gibt es
in der Kultur die Debatte um Meinungsfreiheit – und die Freiheit
der Kunst.
Der Konzeptkünstler
Peter Kees schreibt in „Meinungsfreiheit – Rettet die Kunst vor
den Moralaposteln”(2):
„Kunst ist per
se nicht demokratisch. Sie muss frei sein und bleiben dürfen, wie in
unserer Verfassung verankert. Dabei darf sie durchaus auch
undemokratisch und moralisch nicht integer sein.”
Eine Kunst, die undemokratisch sein darf? Schauen wir uns einmal den Begriff Demokratie genauer an.
Die Demokratie, (vom
altgriechischen δημοκρατία
‚Herrschaft
des Staatsvolkes‘) steht für politische
Ordnungen oder politische Systeme, in denen Macht und Regierung vom
Volk ausgehen. Und damit ist das gesamte Volk gemeint. Nicht nur eine
privilegierte Mehrheit. Sondern auch Minderheiten und marginalisierte
Menschen (auch wenn letztere häufig genug noch strukturell
diskriminiert werden, aber das ist ein eigenes Thema für sich, auf
das ich in diesem Beitrag nicht weiter eingehen werde). Die
Demokratie steht letztendlich auch für eine Teilhabe aller am
gesellschaftlichen Leben.
Ein Gegenstück zur
Demokratie sind Diktaturen, totalitäre Systeme, wie z.B. der
Faschismus. Diesen Systemen ist bei aller Unterschiedlichkeit immer
gemeinsam, dass sie bestimmte Menschengruppen für „höherwertig”
erachten und andere Gruppen als minderwertig betrachten. Es sind
Systeme, die systematisch Menschenverachtung betreiben, eine
Menschenverachtung, die bereits zu Millionen Todesopfern geführt
hat.
Eine Kunst, die sich nicht um Demokratie schert,
nicht um eine Teilhabe aller am gesellschaftlichen Diskurs, ist fatal
in einer Zeit, in der seit langem Unsagbares wieder sagbar gemacht
wird, in der sich Diskurse erschreckend verschieben. In einer Zeit,
in der sich neue undemokratische Gruppierungen bilden.
In einer Zeit, in
der Phrasen wie „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen” oder
auch „Ich bin nicht gegen (marginalisierte Menschen), aber…”
salonfähig gemacht werden.
Eine Zeit, in der
sich manche Mörder offen zu Rechtsextremismus, Rassismus und
Antisemitismus bekennen. (3, 4)
Und was fällt unter die Meinungsfreiheit, könnte man fragen? Rassismus und Antisemitismus sind keine Meinungen, sondern Menschenverachtung. Queerfeindliches Verhalten ist keine Meinung, sondern Menschenverachtung. Gleiches gilt auch für Ableismus, Sexismus, Anti-Femininismus und andere -ismen, die sich gegen marginalisierte Menschen richten.
Faschismus ist keine
Meinung, sondern ein Verbrechen. Das sollte anhand der deutschen
Geschichte eigentlich vollkommen klar sein und keinerlei Optionen für
eine Diskussion offen lassen.
Alles ist politisch. Auch die Kunst. Auch die Literatur, ja sogar die Phantastik.
Wer dafür eintritt,
dass die Kunst alles darf, dass in der Kunst alles getan und gesagt
werden darf, auch unmoralisches, undemokratisches (und das
möglicherweise auch ganz unreflektiert, unkritisch), der muss mit
Kritik rechnen. Der muss damit rechnen, dass sich Menschen von dieser
Kunst abwenden.
Der muss aber auch damit rechnen, dass unmoralische, undemokratische Menschen solche Kunst feiern, weil diese ihnen auf die metaphorische Schulter klopft, weil diese sie bestärkt in ihren unmoralischen, undemokratischen Weltanschauungen. Es gibt Studien, die zeigen, dass sich auch fiktive Inhalte nachhaltig auf Menschen und deren Handeln, Fühlen, Empfinden und deren Weltanschauungen auswirken können. (5)
In den letzten Monaten beobachte ich die öffentliche Debatte um Meinungsfreiheit und was die Kunst alles darf mit zunehmender Sorge. Außerdem bin ich der Ansicht, dass man nicht allem und jedem eine Bühne bieten sollte, und das gilt sowohl im politischen Bereich als auch in der Kunst.
Ich möchte heute ein bisschen über Hobbies, schreiben z.B. Cosplay. Larp. Steampunk. Fandoms. Games. Wer als enthusiatischer Newbie neu in eine entsprechende Community einsteigt, wird früher oder später auf die Gatekeeper stoßen. Der Begriff leitet sich u.a. ab von jener mystisch-mythologischen Torwächterin, die Reisenden Rätsel oder Aufgaben stellt, ehe sie den Weg (vielleicht) freigibt.
Wikipedia schreibt über Gatekeeper im Bereich der Nachrichtenforschung: „Als Gatekeeper (deutsch: Torwächter, Schleusenwärter oder Türsteher) bezeichnet man in den Sozialwissenschaften metaphorisch einen (meist personellen) Einflussfaktor, der eine wichtige Position bei einem Entscheidungsfindungsprozess einnimmt. ”
Gatekeeper, das sind Leute, die das Hobby schon seit Annodazumal betreiben oder schon seit Urzeiten im Fandom sind und die als selbsternannte Expert*innen genau wissen, wie es geht, was nicht geht, was „man darf”, was nicht und so weiter. Und die auch ungefragt anderen Leuten ihre Meinung aufdrängen, wie sie ihr Hobby zu betreiben haben oder wie sie ihr Fansein ausleben sollten.
Vielen Hobbyist*innen ist eines gemeinsam: Ihre einzige Gemeinsamkeit ist das Hobby. Darüber hinaus können sie als Menschen sehr, sehr unterschiedlich sein und dank Internet auch quer über den Globus verteilt sein. Sie haben unterschiedliche politische Ansichten und Weltanschauungen, verschiedene Glaubenszugehörigkeiten (oder auch keine), sind straight oder queer, cis oder trans, weiß oder Schwarz, People of Color, sind wohlhabend oder eher weniger, haben Kinder oder auch nicht, sind Single oder in Beziehungen und so weiter. Und so verschieden, wie sie im Alltagsleben sind, so verschieden sind auch die Heransgehensweisen der einzelnen Individuen an ihr Hobby.
Nicht jede Person, die ein Hobby betreibt, erhebt dies zum Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens.
Nicht jede Person verbringt Stunden und Tage damit, Kostüme zu nähen, Accessoires und Requisiten zu gestalten, nicht jede spielt jeden Tag ihre Lieblingsgames rauf und runter oder besucht Game-Conventions. Nicht jeder Mensch verbringt täglich Zeit in Online-Fandom-Foren oder hat die Zeit oder das Talent, um Fanart zu gestalten oder Fanfictions zu schreiben oder zu lesen. Nicht jede Person reist mehrfach jährlich zu vielen Veranstaltungen (z.B. am Wochenende), die mit dem Hobby zu tun haben.
Gatekeeper erwecken allerdings gern den Eindruck, all das sei aber
zwingend notwendig, weil man ja sonst das Hobby nicht ernsthaft
betreibe.
Gatekeeper maßen sich auch gern die Deutungshoheit darüber an,
was ein gelungenes Outfit ist und was nicht – besonders wichtig bei
Cosplay, Larp, Steampunk. In der deutschsprachigen Steampunk
Community wird immer wieder darüber diskutiert – ist das
Steampunk? Was ist Steampunk? Ist mein gekauftes Kleid, weil ich
nicht nähen kann, Steampunk? Sind die aufgeklebten Zahnräder und
die Goggles Steampunk, oder muss das alles auch eine Funktion haben,
wie manche Geräte von Steampunk-Makern? Wie historisierend muss
Steampunk sein? Muss er das überhaupt sein? Und wie ist es
eigentlich mit Überschneidungen zu Cyberpunk, Gothic,
Science-Fiction und anderen?
Gatekeeper reißen auch hier gern die Deutungshoheit an sich: So, wie sie Steampunk sehen, so ist es und nicht anders. Es gab mal eine Social Media Gruppe mit dem Namen „Ich mag meinen Steampunk undefiniert” und auch das Gegenstück dazu, „Ich mag meinen Steampunk definiert” existierte.
Genau das ist das Lieblingshobby der Gatekeeper: Sie definieren, was das Hobby ausmacht. Sie sind die selbsternannten Expertinnen.
Und vergessen gern darüber eines: Dass es hier nicht um eine exakte Wissenschaft geht. Auch nicht um geschichtliche Fakten oder um ein möglichst authentisches Reenactment. Ein Hobby ist ein Hobby ist ein Hobby. Es soll Spaß machen. Auch wenn dieser Spaß für unterschiedliche Leute nicht exakt gleich aussieht. Weil Menschen nun mal unterschiedlich sind. Auch die Geschmäcker sind verschieden. Was dir im Hobby Spaß macht, das ist vielleicht nichts für mich. Und was mir gefällt, damit kannst du vielleicht nichts anfangen. Trotzdem ist es für uns beide ein Hobby.
Mittels (erfolgreichem) Gatekeeping wird aus eine Gruppe von Hobbyist*innen allerdings schnell ein elitärer Club, der nur andere Mitglieder akzeptiert, wenn sie das Gatekeeping und die damit verbundenen, selbst auferlegten Normen verinnerlicht haben.
Im Cosplay-Bereich sagen einem manchen Gatekeeper, richtiges Cosplay setze immer eine Eins-zu-Eins-Umsetzung von Kostümen voraus und am besten eine besondere hohe persönliche Ähnlichkeit mit dem dargestellten Charakter. Wer in dieses enge Bild nicht hineinpasst, aufgrund von Hautfarbe, Haarfarbe, Körpertyp oder gar Behinderungen und ähnliches, oder wer einfach schlichtweg nicht den Geldbeutel hat, um ein perfektes Cosplay sein Eigen zu nennen, dem werden Gatekeeper möglicherweise die Freude an diesem Hobby schnell vermiesen. Neulich las ich außerdem ein Interview, dass sich mit Mobbing im Cosplay beschäftigt, was teilweise auch wieder mit Gatekeeping-Haltungen zu tun hat: https://www.teilzeithelden.de/2020/01/08/interview-eine-kampagne-gegen-mobbing-im-cosplay/
Im Gaming kenne ich mich persönlich nicht aus, aber ich habe einiges durch meinen Bekanntenkreis gehört. Auch hier gibt es Gatekeeper, die schon seit Annodazumal gamen und zum Beispiel alles, wirklich alles über Spiel XYZ wissen. Anfänger*innen werden da schon mal belächelt, oft auch ob der Wahl ihrer Spiele, manche von ihnen dürfen sich Mansplaining anhören und können froh sein, wenn sie überhaupt in der Gamingcommunity akzeptiert werden. Zu diesem Thema hat Aurelia in ihrem Blog Geekgeflüster vieles geschrieben: https://geekgefluester.de/category/alle-themen/gaming
Ich kenne einige Leute, die in Fandoms unterwegs sind und die sich aus entsprechenden Social Media Gruppen komplett zurückgezogen haben, weil sie den Umgang der Gruppenmitglieder untereinander als toxisch empfunden haben. Ob das dann auch mit Gatekeeping zu tun hatte, mag sein, aber in dem Bereich fehlen mir die entsprechenden Erfahrungen, deshalb kann ich dazu wenig sagen. Ich habe allerdings einen englischsprachigen Text von Rachael Lefler gefunden, der teilweise nahelegt, dass auch hier Gatekeeping eine Rolle spielt: https://reelrundown.com/misc/5-Factors-that-Can-Cause-Toxic-Fandom-to-Arise
Ein Zitat daraus (von mir übersetzt):
„Es gibt dieses Gefühl von Überlegenheit. Toxische Fans können sich gegenüber anderen Fans, die weniger intensiv/obsessiv sind und oft als „Casuals” bezeichnet werden, überlegen fühlen. Wehe, wenn du ein Shirt von einer Serie trägst, aber nicht obsessiv über diese Serie nachdenkst. (…) Toxische Fankultur entwickelt sich in einem Bereich, der als Internet Echokammer bekannt ist. Eine Echokammer ist ein Raum (oft in Internet-Foren oder Social Media Gruppen), in dem widersprechende Meinungen nicht geduldet werden. Das bedeutet, die Gruppe hat eine konformistische, herdenartige Mentalität. Alles was sie sagen und tun, füttert ihre Vorlieben und ihre Voreingenommenheit gegenüber Outsidern. Wenn eine Außenseiterin hereinkommt und versehentlich einen Fauxpas in einer solchen Gruppe begeht, wird sie in der Regel unhöflich darüber aufgeklärt oder sogar einfach aus der Gruppe verbannt. Das heizt den oftmals fast kultischen Fanatismus toxischer Fans an. Es empowert sie und ermutigt sie, denn sie fühlen sich als große Gruppe an Leuten, die mit ihren Ansichten übereinstimmen. Und egal wie klein diese Ansichten innerhalb eines Fandoms sind, wird man darin Nischen finden mit Menschen, die derselben Ansicht sind.”
Im LARP gibt es in Social Media Gruppen und Foren, in denen man seine Outfits (im LARP „Gewandung” genannt) vorstellen oder auch Fragen rund um die Gestaltung stellen kann. Und auch da stehen oft die Gatekeeper ganz schnell vor dem virtuellen Tor und erklären auch enthusiatischen Newbies gern ungefragt, was sie alles mit ihrer Gewandung verkehrt machen und wie sie es gefälligst besser machen (mit dem Subtext: „Wenn das nicht besser wird, wirst du hier bei uns nicht als ernsthafte LARPer*in akzeptiert“). Mit anderen Worten: Hier wird, ähnlich wie im Cosplay und Steampunk, nicht selten Costume-Shaming betrieben.
Gatekeepern ist
dabei meistens auch egal, ob die betreffende Person vielleicht gar
nicht nähen kann, nicht die entsprechenden finanziellen
Möglichkeiten hat, sich ein (hochwertiges, aber teures) Outfit zu
leisten oder ähnliche Schwierigkeiten bestehen.
LARP ist übrigens tendenziell ein teures Hobby, denn nicht nur Outfits, Requisiten, Accessoires, sondern in vielen Fällen auch eine Camping-Ausstattung mit Zelt und natürlich die Con-Gebühr sowie die Anreise wollen finanziert werden. In vielen Fällen ist es schwierig, ohne eigenes Auto überhaupt anzureisen, da entsprechende Veranstaltungen meistens auf dem Land bzw. eher an abgelegenen Orten stattfinden. Es gibt zwar auch LARP-Formen, die den Einstieg einfacher machen, auch kann man quasi als Nichtspieler*incharakter, (abgekürzt NSC) auf Cons fahren, aber grundsätzlich sind die Hürden für Neueinsteiger*innen nicht gerade niedrig.
Ich war längere Zeit Admin in einigen Gruppen bei Facebook, darunter auch Hobbygruppen zu LARP und Steampunk. Immer wieder fragen dort Neueinsteigerinnen nach Tipps für den Anfang. Dahinter steckt natürlich zum einen Neugier, zum anderen aber vielleicht auch die Angst, etwas falsch zu machen, anzuecken, weil man das Hobby nicht „richtig” betreibt.
Aber wer bestimmt das denn bitte schön? In den Social Media bestimmen es die Gatekeeper, die am lautesten sind. Oder zumindest versuchen sie es, indem sie Neulinge mitunter solange in Diskussionen zutexten, bis diese mit dem metaphorischen Rücken zur Wand stehen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Interessierte sich enttäuscht aus einem Hobby zurückgezogen haben, weil sie an solche Gatekeeper geraten sind.
Deshalb möchte ich gern zu folgendem aufrufen: Auch wenn du ein Hobby schon seit Annodazumal betreibst, überlege dir bitte gut, ob du Neulingen wirklich ungebetene Ratschläge geben möchtest. Erinnere dich bitte einmal daran, wie du selbst in das Hobby oder Fandom eingestiegen bist.
Frag Einsteigerinnen bitte erst mal, ob sie deinen Rat hören möchten, oder nicht. Und wenn nicht, das akzeptiere das bitte. Vielleicht haben sie auch einfach gerade keine Zeit für eine längere Diskussion.
Akzeptiere bitte, dass Menschen Hobbies unterschiedlich betreiben, je nach ihren Möglichkeiten und ja, auch nach Lust und Laune. Das gilt auch für Fandoms. Du musst dich ja nicht mit jeder Person beschäftigen, die zufällig dasselbe Hobby hat wie du oder die im selben Fandom ist.
Und wenn dir etwas Kritisches gegenüber anderen auf der Zunge liegt, denk bitte daran: Hobbys sind Freizeitbeschäftigungen, die Spaß und Erholung bieten sollen. Für dich und für andere.
Und wenn du trotzdem allem Kritik anbringen möchtest, dann bitte konstruktiv, so dass die Kritisierte etwas damit anfangen kann. Damit hilfst du der Person sicher mehr, als z.B. mit einem „Dein Outfit ist sch***ße!“
Denk bitte inklusiv: Alle dürfen mitmachen. Nicht nur die mit langjährigen Erfahrungen, sondern auch diejenigen, die gerade erst anfangen. Auch diejenigen, die nur hin und wieder das Hobby betreiben. Auch diejenigen, die aufgrund von Aussehen, Körpertyp, Behinderungen nicht in die gängigen Schönheitsnormen passen. Oder um es ganz allgemein zu sagen: Auch diejenigen, die anders sind als du.
Dieses Thema spaltet Teile der deutschsprachigen Literaturszene und wird kontrovers diskutiert. Teilweise machen sich Leute (auch Autor*innen) lustig darüber.
Hier dazu einige Argumente, die immer wieder dagegen genannt werden – und was ich darauf gern antworte:
»Ich weiß doch als Autorin gar nicht, was meine Leser*innen alles triggern könnte. Wo soll ich denn da anfangen?«
Es ist natürlich
richtig, man kann selbstverständlich nicht alle Trigger dieser Welt
identifizieren und benennen, denn die sind enorm vielfältig bzw. von
Person zu Person unterschiedlich. Es geht also gar nicht darum,
sämtliche möglichen Trigger zu finden. Es reicht schon, wenn man
einigste gröbste Trigger benennt, falls diese im eigenen Werk
auftauchen. Mehr dazu weiter unten.
»Manche Leute stellen sich einfach viel zu sehr an!«
Manche Menschen
werden nie in ihrem Leben von etwas getriggert, für diese
Glücklichen sind Inhaltswarnungen unerheblich.
Manche Leute
verwenden das Wort „Trigger“ sehr umgangssprachlich für
alles, was sie nervt oder für Inhalte, die sie aus den
unterschiedlichsten Gründen nicht sehen wollen.
Diese verfälschende
Bedeutung von Trigger meine ich nicht, sondern Trigger in einen
medizinisch-klinischem Sinne, die gravierende psychische Auswirkungen
haben können, zum Beispiel einen Rückfall in eine depressive Phase,
einen verstörenden Flashback aufgrund einer posttraumatischen
Belastungsstörung oder ähnliches.
Trigger können übrigens auch, je nachdem wie stabil eine Person gerade psychisch ist, mal sehr triggernd wirken und mal wieder eher nicht. Auch das ist sehr individuell unterschiedlich. Einige Beispiele: Ich selbst habe Bücher schon abbrechen müssen in depressiven Phasen, weil mich Inhalte darin massiv getriggert haben, insbesondere das Thema Suizid. Ich habe neulich von einer Person gehört, die ein einziger Begriff in einem Gespräch so sehr getriggert hat, dass sie einen nervösen Zusammenbruch und Suizidgedanken hatte.
»Triggerwarnungen sind doch immer Spoiler!«
Nein. Eigentlich ist es immer möglich, spoilerfrei die gröbsten Trigger zu benennen, als Inhaltswarnungen. In manchen Fällen können solche Inhaltswarnungen sogar dazu dienen, dass Leser*innen, die gerade über solche Themen gern lesen, entsprechende Bücher leichter finden, das gilt z.B. für Fetische, Kinks, oder auch Gewalt oder manche Inhalte in der Horror-Literatur, z.B. Body-Horror.
Mit „gröbste Trigger“ und Content Warnings (Inhaltswarnungen) meine ich z.B.
Vergewaltigung, sexuelle Gewalt Brutalität/Gewalt (oder noch spezieller: gegen Menschen, Tiere, Kinder) sexuelle Belästigung psychische Erkrankung bzw. Symptome, im Speziellen Suizid oder Suizidgedanken lebensbedrohliche Erkrankungen Phobien Kindesmissbrauch oder Missbrauch allgemein Mord, Totschlag Krieg Trauma und entsprechende Folgen, z.B. posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Drogensucht, Alkoholismus oder andere Suchterkrankungen Folter, Verstümmelung Selbstverletzendes Verhalten Mobbing (explizite) Sexszenen – Begründung: es gibt Menschen, die sich von Sex abgestoßen fühlen („sex-repulsed“) und keine Sexszenen lesen möchten, oder die dies aus anderen Gründen nicht möchten.
Dass diese Begriff in einer Inhaltswarnung genannt werden, spoilert dennoch nicht die Handlung, denn, um einige Beispiele herauszugreifen: Wir wissen nicht, wer wann und wie vergewaltigt wird und was für Folgen das hat. Wir wissen nicht, wann und in welchem Ausmaß der Missbrauch in der Handlung eine Rolle spielt. In mehreren Genres sind Themen wie Gewalt, Mord oder auch Krieg ohnehin häufig zu finden, entsprechende Begriffe sind dort keine Spoiler. Wir wissen nicht, welche Person in einem Roman über Suizid nachdenkt und warum. Und so weiter. Zu diesem Thema hat die Psychologin und Autorin Elea Brandt übrigens einen sehr lesenswerten Beitrag verfasst: https://eleabrandt.de/…/mythbusting-triggerwarnungen…/
Abschließend sei noch gesagt: Es steht allen Autor*innen und Verlagen natürlich völlig frei, inwieweit sie Rücksicht auf Leser*innen nehmen wollen, wenn es um Inhaltswarnungen geht. Ich für meinen Teil möchte Rücksicht auf alle meine Leser*innen (oder potentielle Leser*innen) nehmen, gerade auch diejenigen, die sich keinen triggernden Inhalten aussetzen mögen. Auch wenn das bedeutet, dass sie manche meiner Bücher nicht lesen werden.
Inhaltshinweise zu diesem Artikel Erwähnung von: Queerfeindlichkeit, Rassismus, Ableismus, Suizid, Diskriminierung von marginalisierten Menschen, Gewalt gegen marginalisierte Menschen, Misgendering, psychische Erkrankungen, Neurodivergenz, Islamfeindlichkeit, Mobbing, Bodyshaming
Es gibt Leute, die
von marginalisierten Menschen sagen, diese würden immer jammern und
behaupten, die Welt sei so gemein zu ihnen. Gerade heute las ich
solch einen Kommentar in einem sozialen Netzwerk.
Dieses sogenannte „Jammern” hat seinen Grund und ist in meinen Augen gerechtfertigt. Denn die Welt ist gemein zu marginalisierten Menschen.
Lasst mich euch mehr
darüber erzählen…
People of Color, Black People of Color (oft abgekürzt Bl_PoC), Migrant*innen, Menschen mit Migrationshintergrund, sie erleben ständig Alltagsrassismus. Der ist vielleicht nicht mal beabsichtigt oder tarnt sich gar als nettgemeintes Kompliment, ist aber dennoch Rassismus. Sie erleben auch Rassismus bei der Jobsuche, der Wohnungssuche, bei Ausweiskontrollen und vielem mehr. Manche werden Opfer von verbaler oder auch körperlicher Gewalt.
Muslimische Frauen
werden, wenn sie Kopftuch tragen, in vielen beruflichen und auch
anderen Bereichen, diskriminiert.
Queere (LGBTIAQ*) Menschen müssen sich immer wieder in ihrem Leben entscheiden, ob sie sich outen, wo und wie und vor wem, oder lieber doch nicht, um ihre Sicherheit oder einfach ihr Wohlbefinden nicht zu gefährden. Für manche ist es eine Strategie, als heterosexuell oder cisgender durchgehen zu können, um beides nicht in Gefahr zu bringen. Manche können oder wollen diese Art von Versteckspiel nicht. Oftmals ist selbst eine simple Zuneigungsbezeugung zu gleichgeschlechtlichen Partner*innen in der Öffentlichkeit, wie Händehalten oder ein einfacher Kuss, etwas, das manche andere Menschen als Provokation betrachten und mit Aggression bis hin zu körperlicher Gewalt beantworten.
Genderqueere oder nonbinäre Menschen müssen immer wieder erklären, dass sie weder Männer noch Frauen sind, wenn sie als das eine oder andere von ihren Mitmenschen gelesen werden. Oft müssen sie immer wieder an ihre Pronomen erinnern – was von manchen Menschen vehement abgelehnt wird, so dass es für betroffene Personen zu schmerzhaftem Misgendering kommt. Dabei sind diese Pronomen häufig ein wichtiger Teil ihren genderqueeren Identität.
Misgendering, das erleben auch trans Menschen immer wieder. Sie müssen für die Transition, wenn sie diese erreichen wollen, einen langen und steinigen Weg durch Ämter, Behörden, Therapiepraxen etc. gehen, zumal das entsprechende Transsexuellengesetz noch immer unzureichend ist. Das kostet eine Menge Kraft.
Die Identität von trans Menschen werden außerdem von TERFs (trans excluding radical feminists) angezweifelt, z.B. werden sie mit Argumenten des sogenannten Gender Essentialismus in Frage gestellt.
Trans Menschen sind wie viele queere Menschen oft außerdem Gewalt ausgesetzt, bis hin zu Mord. Deshalb gibt es jährlich den Trans Remembrance Day, der an die Opfer von Transfeindlichkeit erinnert.
Viele queere
Menschen werden strukturell diskriminiert, z.B. wenn es um Fragen des
Familienrechts geht, um Namens- und Personenstandsänderungen und
noch einiges mehr.
Menschen mit Behinderungen werden in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens nicht „mitgedacht”, was auch eine Form struktureller Diskriminierung sein kann – überall gibt es Barrieren, sei es für Menschen mit Gehbehinderungen, Gehörlöse, Menschen mit Sehbehinderung, Lernbehinderungen, geistige Behinderungen oder noch andere. Entsprechend haben diese Menschen in ihrem Alltag immer wieder mit allerhand Problemen zu kämpfen, die sich viele Menschen aus der Mehrheit der Bevölkerung kaum vorstellen können. Sie erleben außerdem oft Ableismus, manche von ihnen tagtäglich.
Menschen mit Neurodivergenz (z.B. Autismus, ADHS oder andere) erleben oft Probleme im Umgang mit anderen Menschen, und Alltagssituationen, die für neurotypische Leute vollkommen einfach sind, erleben diese mitunter als sehr stressig, z.B. mit einer starken Reizüberflutung oder anderen Wahrnehmung und Empfindungen, die sich mitunter deutlich von denen neurotypischer Menschen entscheiden.
Menschen mit
chronischen Erkrankungen oder auch chronischen psychischen
Erkrankungen kämpfen häufig ihr ganzes Leben lang gegen die
Auswirkungen ihrer Erkrankung an, was unglaublich viel Kraft kosten
kann. Zugleich werden sie oft von ihrem Umfeld oder von
Arbeitgeber*innen stigmatisiert, falls sie überhaupt längerfristig
arbeiten können. Manche von ihnen leben mit ständigen Schmerzen,
körperlicher oder seelischer Art.
Menschen, die offen einer heidnischen Religion (Paganismus) anhängen, werden oft belächelt, lächerlich gemacht oder gar von manchen Menschen mit anderer Religionszugehörigkeit einer schweren Sünde bezichtigt, als ob ihre Glaubensrichtung nicht ebenso valide sei wie eine der großen Weltreligionen.
Menschen, die mit Aussehen oder Körpertyp nicht den gängigen Schönheitsidealen entsprechen, erleben Bodyshaming, werden gemobbt, beschimpft, ausgelacht …
Und das sind bei weitem nicht alle marginalisierten Gruppen, die es gibt. Denken wir z.B. mal an obdachlose Menschen, an Menschen in dauerhaft prekären Lebensverhältnissen oder Alleinerziehende, oder indigene Menschen, Sinti und Roma (bzw. gegendert: Sinti*zze und Rom*nja) und noch viele mehr. Und von mehrfach Marginalisierten fange ich jetzt mal nicht an.
Eines möchte ich betonen: All solche Formen von Diskriminierungen, von Mikroaggressionen im Alltag, Vorurteile oder auch offen feindseligem Verhalten, das erleben viele marginalisierte Menschen nicht nur ein paar Mal, sondern immer wieder und wieder. Nicht jeder Mensch kann oder will das alles einfach „wegstecken“, ignorieren, weglächeln oder einfach schweigend erdulden.
Diskriminierung, Vorurteile, Hatespeech und feindliches Verhalten, in ihren vielseitigen Ausprägungen, verletzen, machen wütend, traurig, enttäuschen, lassen mitunter Zweifel an sich selbst aufkommen, an der eigenen Identität, oder sind auf andere Weise destruktiv.
Ich lade dich zu einem Gedankenspiel
ein.
Nimm einmal an, du bist in einer vollkommen
privilegierten Position.
Das heißt in diesem Fall: Du bist
Weiß. Männlich und cisgender. Nicht intersexuell. Heterosexuell.
Christlich oder konfessionslos. Außerdem hast du Idealgewicht, bist
neurotypisch und psychisch gesund.
Und nun geht es weiter
…
Jeden Tag sagen Leute Dinge zu dir, die du nicht mit deinem
Selbstbild in Einklang bringen kannst.
„Du bist krank.“
„Du bist pervers.“
„Dein Hautton ist zu
hell.“
„Mit deiner Figur stimmt etwas nicht.“
Sie mögen es nicht, wenn du deine Freundin küsst oder mit ihr
Hände hältst. Das solltest du besser sein lassen, sagen sie dir,
sonst kriegst du Ärger. Oder Prügel.
Sie sagen: „Deine
Religion ist nicht die wahre.“ Oder: Ihre Religion sei die
einzig wahre.
Sie sagen verletzende Dinge über deine
Männlichkeit, über deine Art, dich zu zeigen oder die Art, wie du
dich bewegst oder kleidest. Sie lästern über deine Herkunft.
Vielleicht bist du erst irritierst. Fängst an, dagegen anzureden. Oder du schweigst und wunderst dich nur. Aber die Leute hören nicht auf, diese Dinge über dich zu sagen, hinter deinem Rücken (aber so, dass du es hören kannst) oder dir ins Gesicht. Und sie hören nicht damit auf. So geht das Tag für Tag. Woche für Woche. Monat für Monat. Jahr für Jahr. Wie würdest du dich damit auf Dauer fühlen? Was würdest du tun?
Nicht jede Person hat ihr Leben lang die Resilienz, ständige Diskriminierungen, verletzende Bemerkungen oder gar physische Gewalt unbeschadet an Körper, Geist und Seele zu überstehen. Wie kann man da als marginalisierter Mensch anders reagieren als zu „jammern“?
Übrigens: Die meisten marginalisierten Gruppen haben eines gemeinsam: Die Suizidraten dieser Gruppen sind, statistisch gesehen, um einiges höher als in der nicht-marginalisierten Mehrheit der Bevölkerung. Viele marginalisierten Menschen erkranken auch häufiger an psychischen Erkrankungen.
Und noch etwas: In Social Media lese ich immer wieder, dass manche marginalisierte Menschen keine Lust haben, wieder und wieder den „Erklärbär” für ihre nicht-marginalisierten Mitmenschen zu spielen – um zu erklären, wie sich dieses oder jenes in ihrer marginalisierten Gruppe verhält oder bei ihnen persönlich, oder was für Probleme sie in ihrem Leben haben. Denn auch dieses ständige Erklären kostet Kraft.
Und angesichts all dessen ist es vielleicht auch nicht verwunderlich, dass sich manche dieser Menschen lieber in einen „safe space” (oder „safer space“, wie manche mittlerweile sagen) zurückziehen und unter ihresgleichen bleiben, weil sie dort mehr Verständnis finden, als bei vielen Nicht-Marginalisierten.
Die Welt ist gemein zu marginalisierten Menschen. Und es wäre schön, wenn sie es ein bisschen weniger wäre.
… das ist für mich immer wieder eine Herausforderung, aktuell in „Die mysteriösen Fälle der Miss Murray“. Für mich geht das nur, wenn einige Charaktere dabei sind, die progressive Ansichten haben, die ihrer Zeit weit voraus sind. Denn ansonsten fürchte ich, wäre wohl arg viel Queerfeindlichkeit darin, einfach weil es damals die gesellschaftliche „Norm“ war. Miss Murray ist lesbisch und transgender. Ihre Freundin Constance ist cisgender und lesbisch. Nach heutigem Verständnis. Miss Murray begegnet immer mal wieder Leuten, die irritiert auf ihr Äußeres reagieren bis hin zu offener Feindseligkeit. Auf der anderen Seite gibt es in ihrem Umfeld aber auch progressive Menschen wie die bisexuelle Lady Thelma und deren Lebensgefährtin oder ihr Verleger, Mister Bostwick, der sie so akzeptiert wie sie ist und einfach ihre Arbeit als Autorin schätzt. Mir ist bewusst, dass all das manche Freunde historischer Romane für ganz und gar abwegig oder unrealistisch halten würden. Aber historische Romane sind kein 100 % authentisches Abbild historischer Gegebenheiten. Das können sie gar nicht sein. Sie sind eine historische Imagination, ein „so hätte es sein können“. Und da ich keine Zeitreisemaschine habe und meine Leser*innen auch keine Viktorianer*innen von damals sind, sondern heutige Menschen, möchte ich sensible Themen wie Queerness auch sensibel und modern behandeln.
Ich habe einige skurrile Tippfehler und Verschreiber aus diversen Manuskripten gesammelt, just for fun. Hier sind sie, mit Kommentaren (in kursiv):
Vor ihm lag eine mit Marmelade beschmierte Toastschreibe. Also, liebe Autor*innen, schreibt mehr Toast!
„Lassen Sie uns ein Stück gehen, ja? Ich könnte etwas frische Lust vertragen.” Ja, nee … wobei das in einem Erotikroman vielleicht passend wäre.
„Ich wollte gern heute Abend noch etwas weiterfroschen.” Da musste ich an René Mariks Comedyprogramm mit dem „Froschen” denken:
Die Beschreibung einer historischen Inneneinrichtung: „Allerhand Bric-à-Brac zierte die Wände, zusammen mit Holzschnitten und antiken Schwestern.“ Ob deren Brüder wohl auch an der Wand hängen?
Der Tod hatte vom
ihm Begriff ersitzen.
Er biss die Szene
zusammen.
Er schaltete die Stereoanklage ein.
Eine Kriegerin ruft einer Elfenmagierin zu: „Hast du mal Feuer?“ Viel zu modern für epische High Fantasy. Außerdem machen die keine Raucherpause.
In einem Gegenwartsroman: „Beziehungsweise, was hältst du davon, wenn wir eine Runde jobben?” „Dir fehlt dein tägliches Kaufen, oder?“ (Gemeint waren „joggen” und „Laufen”.)
„Der Morderator” Das kommt davon, wenn man Krimis schreibt. Der Morderator tauchte allerdings in einem ganz anderen Manuskript auf. Was der wohl verbrochen hat?
„Schnappschnuss“. Was immer das sein soll… Vielleicht eine beschwipste Nuss?
Der Krimikrieg Gemeint war der Krimkrieg. Allerdings wird er in einem Krimi erwähnt.
Hallo Cilana, erzähle uns doch bitte ein bisschen von dem Land, aus dem du kommst. Wie lebt es sich dort, was sind seine Besonderheiten? Oder was würdest du Fremden raten, die dort zum ersten Mal hinkommen?
Hallo. Also so viel kann ich über Silam gar nicht sagen. Ich habe einen Großteil meines Lebens in Legas Des, der Festung meines Ordens verbracht. Silam ist ein Königreich, wobei die Macht des Hofes nicht bis in die Dörfer dringt. In den Städten kämpfen Kirche, König und Militär um Macht und Einfluss. Die kleinen Dörfer hingegen bleiben davon verschont und sind zumeist autark. Die Obrichtkeit bleibt meist unter sich, hat im Moment genug damit zu tun die Grenzen zu sichern und ihre kleinen Spiele zu spielen. Silam ist eher länglich, es regnet viel und eigentlich geht es den Menschen nicht schlecht. Die Abwesenheit der Königstruppen auf dem Land macht das Reisen aber nicht gerade sicher. Der beste Rat, den ich einem Fremden geben kann, ist ,nicht unbewaffnet zu kommen, die Umgebung im Auge zu behalten und entweder über einen schnellen Schwertarm oder noch schnellere Beine zu verfügen.
Und wie kann man sich den Orden der Geweihten vorstellen? Darfst du mir darüber etwas verraten, oder ist das ein Geheimorden? Unsere Macht kommt daher, dass man zu wenig weiß, um uns einschätzen zu können, aber genug um uns zu fürchten. Wir wurden während des letzten großen Krieges gegründet, als sich der ganze Kontinent bekämpfte und Silam vor dem Untergang stand. Wir sind autark und keiner Macht unterstellt. Es ist unsere Aufgabe ein Gleichgewicht der Mächte herzustellen und Silam vor Feinden von innen und außen zu schützen. Wir sind ein Kriegerorden, der seit drei Jahrhunderten den Frieden wahrt. Weiter möchte ich mich nicht dazu äußern.
Was würdest du jemandem als erstes raten, der Schwertkampf erlernen möchte? Worauf sollte man besonders achten? Schwertkampf lebt von Distanz und der Aktion und Reaktion im richtigen Augenblick. Sei nah an deinem Gegner dran oder weit von ihm weg, aber lass ihn das niemals bestimmen. Anfangen sollte man aber wahrscheinlich damit die Grundtechniken zu lernen. Ich weiß, das klingt nicht nach einem eindrucksvollen Rat, aber es ist die Grundlage für alles Weitere. Jeder kann mit einem Schwert herumfuchten, es wirklich zu meistern ist da schon etwas anderes.
Hast du Freunde oder Begleiter? Und falls ja, was magst du an ihnen? Ich habe Tyrgarn. Er hat mir das Leben gerettet und ich war kurz davor ihn zu töten. Aber er war bei mir und er ist mir ein guter Freund, fast ein Bruder geworden. Ich schätze an ihm seine Offenheit, seinen Humor und durchaus seine Fähigkeiten mit dem Bogen. Er gehört zu den wenigen Menschen, denen ich mein Leben anvertrauen würde. Genauso die Drigorn, der uns begleitet. Er hat mir damals meine Geweihte Klinge geschmiedet. Er hat mich viel gelehrt und ist eine Art Vaterfigur für mich, denke ich. Er hat mich zum Nachdenken gebracht. Er mag nach außen grob und hart wirken, aber er ist der loyalste und tugendreichste Mann, dem ich je begegnet bin.
Und wie würden sie dich jemandem beschreiben, der dich nicht kennt? Ich glaube sie würden mich unterschiedlich beschreiben. Tyrgarn würde mich wohl als etwas abweisend und vorsichtig charakterisieren. Als jemanden, der seine Gedenken nur teilt, wenn es nicht anders geht. Drigorn kennt mich schon länger. Er kennt meinen Tatendrang, meinen Willen das Richtige zu tun und auch die nachdenkliche, hinterfragende Art, die beim Orden nicht immer gut ankommt.
In „Der Orden der Geweihten – die Verräterin“ kann man ja einiges über dich lesen. Wird deine Geschichte danach noch weitergehen? Ähm … nun, das … will ich ehrlich hoffen. Ich weiß, dass der Orden jemanden geschickt hat, der mich jagt, aber ich werde mich nicht ergeben oder töten lassen. Es gibt noch Schlachten zu schlagen und ob der Orden mich nun als Verräterin sieht, oder nicht – sie werden mich brauchen.